Gemeinde hat BedenkenSPD möchte Kürtener Ratssitzungen im Internet übertragen

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Kürtener Rat

Kürten – Köln hat etwas über eine Millionen Einwohner, das kleine Kürten 50-mal weniger – knapp 20 000. Das ist schon ein gewaltiger Größenunterschied. Guckten in Köln zuletzt 155 (!) Zuschauer via Internet die jüngste Ratsdebatte, wären es in Kürten statistisch wohl ein paar weniger, rechnerisch drei bis vier.

Vielleicht ticken die Kürtener aber auch ganz anders und sind bald verrückt nach den Ratsübertragungen aus dem Bürgerhaus und gründen Facebookgruppen mit Tausenden von Fans und Followern in aller Welt. Jedenfalls hat sich die Kürtener SPD-Fraktion fest vorgenommen, die Ratssitzungen ins Internet zu bringen. Als erstes. Und danach die Ausschusssitzungen.

Maue Zuschauerkulisse bei den Ratssitzungen

Obwohl auch die Genossen wissen: Die Zuschauerkulisse bei den Kürtener Ratssitzungen ist erfahrungsgemäß sehr, sehr mau. Ratsvertreter, Verwaltungsvorstand, Berichterstatter für die Tageszeitungen, das war es. Kürtener Bürger sind kaum im Saal, ihre Zahl liegt meist in einstelliger Höhe. Offenbar sind die Themen der Gemeindepolitik nicht immer prickelnd. Nur wenn es um ein Baugebiet vor der eigenen Haustür geht, ist der Saal plötzlich rappelvoll.

Der Antrag der SPD ist sehr ernst gemeint. Ratsberatungen sollen künftig live im Internet verfolgt werden können, „um allen interessierten Bürgern einen einfachen Einblick in das kommunalpolitische Geschehen bei geringem Aufwand“ zu ermöglichen.

Auch Menschen mit Handicap könnten davon profitieren, argumentieren die Ratsherren Hinrich Schipper und Nicolas Fuchs. In der Ratssitzung am kommenden Mittwoch, 26. April, soll über die Idee abgestimmt werden.

Datenschutz und Kosten

Und was sagt die Gemeinde dazu? Im Rathaus ist man bereits in Hab-acht-Stellung gegangen. Man lehnt zwar noch nicht dankend ab, liefert den Übertragungsgegnern aber reichlich Munition frei Haus: Diese Übertragung sei zu teuer, zu viele Fragen des Datenschutzes blieben offen, zu wenig Kürtener seien interessiert. Zwischen 10 000 und 15 000 Euro würde der Kauf einer technischen Anlage kosten, eine beauftragte Firma stelle 1000 bis 1500 Euro je Ratssitzung in Rechnung.

Für eine Kommune in der Zwangsjacke der Haushaltssicherung ist das kein Pappenstil. Und dann der Datenschutz: Alle Ratsvertreter müssten vor jeder Übertragung zustimmen, bei Widerspruch der betreffende Wortbeitrag ausgeblendet werden, die Technik dürfe nicht stören, auch müsse bei der Fragestunde für Bürger der Fragensteller ausdrücklich seine Erlaubnis zur Aufzeichnung geben, und es säßen ja auch die Mitarbeiter der Verwaltung mit in der Runde.

Und so weiter und so fort, über drei lange Seiten. Zuletzt sei wegen der Kamera sogar eine „Hemmung der medial unerfahrenen“ Lokalpolitiker zu befürchten. Offenbar vermutet die Verwaltungsführung, dass es bei einer Übertragung überhaupt keine Wortmeldungen mehr gibt.

Vielleicht ist aber genau das Gegenteil der Fall und die Lokalpolitiker argumentieren rhetorisch brillant und überzeugen die Gegner. Notfalls ließen sich Sprachprobleme mit einem PR-Seminar Öffentlichkeitsarbeit schnell beheben, falls überhaupt erforderlich. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Oder in diesem Fall: eine Live-Übertragung im Internet.

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