Autor Markus WaltherBizarres in der „Kürzestgeschichte“

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Markus Walther

Markus Walther

Rösrath – „Über die Fantasie die eigene Realität in Frage stellen“ soll der Leser in einigen Geschichten von Markus Walther. Der Rösrather hat sich als Autor von Kurzgeschichten eine literarische Nische erobert – er selbst spricht von „Kürzestgeschichten“. Nach seinem 2008 erschienenen ersten Buch „Gute und böse Nachgeschichten“ hat er inzwischen die beiden Bände „Kleine Scheißhausgeschichten“ und „Espresso-Prosa“ veröffentlicht. Die Titel spielen darauf an, dass zum Lesen nur eine kurze Zeitspanne erforderlich ist. „Die erste Geschichte, die ich geschrieben habe, war genau eine DIN A 4-Seite lang“, erzählt der Autor. „Ich habe mir antrainiert, eine Kurzform zu schreiben.“

Die Anfänge des Geschichtenschreibens reichen bei Walther über 20 Jahre zurück, in seine Zeit als Auszubildender. Zunächst schrieb er für sich selbst, dachte nicht an eine Veröffentlichung. Dann entdeckte er seinen Spaß am Vorlesen, zunächst in der Familie. „Ich habe nicht damit gerechnet, dass Leute über eine vorgelesene Geschichte laut lachen“, berichtet er. Schließlich wandte er sich an Verlage – mit Erfolg. Inzwischen ist er beim Hamburger Acabus Verlag ein beliebter Autor. Walther hebt hervor, dass er bei einem literarisch engagierten Haus untergekommen ist – nicht bei einem Verlag, der Bücher auf Bestellung und gegen Bezahlung publiziert. „Ich möchte kein Geld mitbringen müssen“, sagt der 40-Jährige.

Er ist aber weit entfernt davon und strebt auch nicht an, von seiner literarischen Produktion leben zu können: „Es ist und bleibt ein Hobby. Ich schreibe just for fun.“ Seinen Lebensunterhalt verdient der gelernte Werbetechniker als selbstständiger Kalligraph. In Handarbeit fertigt er Schriften für Urkunden, Schärpen und Trauerschleifen an. Viele Aufträge für Trauerschleifen nimmt er frühmorgens von Blumenhändlern auf dem Kölner Großmarkt an.

Der nicht alltägliche Beruf passt zu Walthers ungewöhnlichem Blick auf die Dinge. Im Unauffälligen, Normalen entdeckt er das Überraschende und Absonderliche. Oft nimmt das Geschehen eine unerwartete Wendung: In einer Geschichte aus dem Band „Espresso-Prosa“ sieht sich der Leser zunächst mit einem Soldat auf dem Schlachtfeld konfrontiert, der sich aber schließlich als Mann mit Wischmopp entpuppt: Das Martialische wird damit lächerlich. Auch einen Zusammenhang zwischen Sternschnuppen und Schnupfen hat Walther aufgestöbert und in einer komischen Geschichte verarbeitet.

Sein Metier ist das Hintergründige, ob in einer Liebes- oder in einer Gruselgeschichte. „Manchmal bleibt einem hoffentlich das Lachen im Halse stecken“, sagt er zu einigen Geschichten, die mit schwarzem Humor arbeiten. Den Stoff für sein Schreiben findet der Autor auf Schritt und Tritt: „Das kann ein Radiobericht sein oder eine Ungereimtheit in einem Buch, das ich gerade lese.“ Allerdings ist die Zeit zum Schreiben für den Ehemann und zweifachen Vater knapp: „Ich komme manchmal mit den Ideen nicht hinterher“, erzählt Walther. Oft nimmt er den Laptop mit ins Bett. Auch am Wochenende entstehen Geschichten – „immer wenn mal Ruhe ist“.

Eine neue Seite von sich kann der Autor im Frühjahr präsentieren – dann erscheint sein erster Roman „Buchland“. Er handelt von einem schrulligen Antiquar, der sich mit seinen Büchern unterhält und eine Antwort erhält. „Es ist eine Liebeserklärung an die Welt der Bücher“, sagt Walther. Dass er in der Literatur die Grenzen der Realität überschreitet, ist dem Autor vertraut, die Form des Romans ist für ihn dagegen Neuland. „Die Idee, die ich hatte, passte nicht in eine Kurzgeschichte“, erklärt er den Schritt auf ungewohntes Terrain. Auf die Reaktionen ist er gespannt: „Ich bin nochmal so aufgeregt wie beim allerersten Buch.“

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