BlutkrebsSo rettet eine junge Bergheimerin einer US-Amerikanerin das Leben

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Eine junge Frau in Feuerwehruniform steht neben einem Weihnachtsbaum und einem etwa gleich großen Playmobil-Feuerwehrmann.

Auch beruflich hilft Bente Menschen. Sie ist Mitarbeiterin des Rettungsdienstes der Feuerwehr.

Etwa die Hälfte aller Leukämiekranken stirbt. Helfen können die Stammzellen anderer Menschen. Die Bergheimerin Bente hat welche gespendet.

Bente will Menschen helfen. Das wusste sie schon immer. Davon hält die junge Feuerwehr-Rettungsdienstmitarbeiterin nichts ab – auch keine 15 Zentimeter lange Nadel, die ihr ins Becken gestochen wird. Die war nötig, um Bente Stammzellen zu entnehmen. Und so das Leben einer US-Amerikanerin zu retten.

„Ich habe keine Sekunde gezögert als ich davon erfahren habe, dass meine Stammzellen gebraucht werden“, sagt Bente. Über ihre Spende spricht Bente mit einem Lächeln, ihre Hände liegen ruhig auf dem Schoß. Sie wirkt wie jemand, der keine Sekunde an seiner Entscheidung zweifelt. Bente geht es auch nicht um Aufmerksamkeit. Ihr geht es nur um ihren „genetischen Zwilling“ in den Vereinigten Staaten. Dabei kennt Bente sie nicht einmal. Für zwei Jahre dürfen sich Spender und Empfänger nicht kennenlernen. So will es die Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS). Das soll beide schützen.

Über die Empfängerin in den USA weiß Bente wenig

Die Regeln der DKMS sind streng. Weder darf Bente ihren vollen Namen der Öffentlichkeit nennen, noch ihren Wohnort oder ihr Alter. Über die Empfängerin ihrer Stammzellen weiß sie nur, dass sie jung, weiblich und US-Amerikanerin ist. Das sei ihr aber alles nicht wichtig, erläutert Bente. Sie hätte ihre Stammzellen auch für jeden anderen Menschen auf der Welt gespendet.

Schon vor Jahren habe sie eine Speichelprobe abgegeben, um sich typisieren zu lassen, sagt Bente. „Ein Mädchen in meinem Bekanntenkreis hat damals eine Spende gebraucht.“ Doch Bente passte nicht. Vor ein paar Monaten meldete sich die DKMS dann doch. Es gebe eine mögliche Empfängerin. Bente schickte eine Blutprobe, um nachzuweisen, dass sie geeignete Stammzellspenderin ist. „Und ab da gab es für mich kein Zurück mehr“, sagt Bente. Für die Empfängerin in den Vereinigten Staaten begann zu diesem Zeitpunkt eine Chemotherapie.

Für Leukämiekranke sind neue Stammzellen die letzte Hoffnung

Leiden Menschen an Krankheiten wie Leukämie, funktionieren ihre blutbildenden Zellen nicht richtig. Um das Leben von Leukämiekranken zu retten, müssen die Zellen durch gesunde ausgetauscht werden. Für Kranke ist deshalb eine Knochenmark- beziehungsweise Stammzellspende die letzte Hoffnung. Zwar kann nahezu jeder Mensch Stammzellen spenden. Allerdings müssen diese hinsichtlich ihrer Leukozyten-Antigene übereinstimmen, damit der Körper des Empfängers die Zellen nicht abstößt. Und das ist nicht häufig der Fall. Laut der Krankenkasse AOK finden selbst in der eigenen Familie nur 30 Prozent der Erkrankten einen passenden Spender.

Für gesunde Menschen wie uns ist das so wenig Aufwand. Für einen Kranken kann es das Leben sein.
Bente

Meistens reicht eine Blutspende, um die benötigten Stammzellen zu erhalten. In einem von zehn Fällen benötigen Mediziner die Stammzellen aber direkt aus dem Knochenmark. Dabei entnehmen sie mit einer 15 Zentimeter langen Punktionsnadel mehr als einen Liter Knochenmarksflüssigkeit aus dem Beckenkamm. Aus dieser Flüssigkeit isolieren Mediziner später im Labor die benötigten Stammzellen. Weil das durchaus schmerzhaft sein kann, findet die Operation unter Vollnarkose statt.

Die Bergheimerin will Kontakt zu ihrem „genetischen Zwilling“

Bente gehört zu den seltenen Fällen, in denen eine direkte Entnahme aus dem Knochenmark nötig war. Nervös sei sie vor der Operation schon gewesen, sagt sie. Angst habe sie aber nicht gehabt. „Die Menschen im Krankenhaus haben sie mir genommen. Sie waren so nett, haben mir alle Fragen beantwortet.“ Vor allem eines blieb der jungen Frau in Erinnerung: „Ich habe noch nie erlebt, dass sich Krankenhausmitarbeiter so freuen. Für sie war das etwas Besonderes. Genauso wie für mich.“ Woran das gelegen hat, darüber kann Bente nur spekulieren. „Vielleicht weil nur wenige Menschen Knochenmark spenden.“ Verstehen könne sie das nicht. „Ich hatte keine Schmerzen, und mir ging es gut nach der Operation.“

Nach Ablauf der zwei Jahre will Bente Kontakt zu ihrem „genetischen Zwilling“ aufnehmen. „Es wäre schön, wenn es ihr dann gut geht“, sagt sie. An jeden, der mit einer Stammzellspende hadert, richtet sie einen Appell: „Zumindest eine Speichelprobe abgeben kann jeder. Für gesunde Menschen wie uns ist das so wenig Aufwand. Für einen Kranken kann es das Leben sein.“ Bente erlebt das jeden Tag. Das Mädchen aus ihrem Bekanntenkreis ist nämlich wieder gesund. Sie geht sogar wieder in die Schule.

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