Facebook-PostShitstorm gegen Tierheim – Ex-Hunde-Besitzerin erhebt schwere Vorwürfe

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Weil die Tierschützer Hund Finn nicht an seine frühere Trainerin herausgeben wollten, zog sich das Tierheim viel Ärger zu.

Weil die Tierschützer Hund Finn nicht an seine frühere Trainerin herausgeben wollten, zog sich das Tierheim viel Ärger zu.

Bergheim-Niederaußem – „Genug ist genug“, schreibt das Team des Tierheims in Niederaußem in der vorigen Woche auf seiner Facebookseite.

Hunderte Nachrichten habe man innerhalb nur eines Tages beantwortet und zahllose Kommentare auf der Seite gelesen. Nun wolle man nicht mehr und werde nicht mehr reagieren.

Shitstorm gegen Tierheim

Der Grund: Das Tierheim war Opfer eines sogenannten Shitstorms im Internet geworden, was sich in etwa mit Sturm der Entrüstung übersetzen lässt. Das Tierheim jedoch sieht sich völlig zu Unrecht an den Pranger gestellt und fürchtet nun nachhaltigen Schaden.

Was war geschehen? Das Tierheim hatte im Dezember einen Malinois-Rüden namens Finn von einem Kerpener übernommen, der sich nach Angaben der Tierschützer mit dem Temperamentsbündel überfordert sah.

Gerade mal vier Wochen habe ihn der Mann besessen, der schon zwei Hündinnen der belgischen Schäferhundrasse habe. Kaum war Finn im Tierheim, stand im Januar auf einmal eine junge Österreicherin vor der Tierheimtür, die sich als vorige Besitzerin und Trainerin des Hundes ausgegeben habe und um Herausgabe Finns bat.

„Das konnten wir aber nicht zwischen Tür und Angel entscheiden und baten um Zeit“, berichtet Tierheimleiterin Heike Bergmann. Die Recherchen hätten ergeben, dass die Frau, eine Polizistin und Hundeausbilderin, Finn wenige Wochen zuvor von einer jungen Frau angeblich wegen einer Erkrankung übernommen und für 800 Euro an den Kerpener verkauft hatte.

Vermittlung an frühere Besitzerin verweigert

„Wir wollten den Hund allerdings nicht an jemanden herausgeben, der ihn doch gerade erst verkauft hat – die Frau hätte Finn ja auch sofort behalten können.“ Aus Sorge, der mit einem Stammbaum ausgestattete Finn könne für viel Geld wieder in die nächsten Hände gegeben werden, verweigerte man eine Vermittlung an die Frau. „Er hat genug Stationen hinter sich.“

Außerdem stehe man der Ausbildung von Malinoishunden kritisch gegenüber. „Die werden im Schutzdienst zu beutegriffigen Tieren mit Geschwindigkeit ausgebildet“, sagt Bergmann. „Da stellen wir uns aus Sicht des Tierschutzes Sinnvolleres vor.“

Die Österreicherin jedoch reagierte mit einem Angriff auf das Tierheim bei Facebook. Finn habe im Heim aufgegeben, schreibt die Frau in dem Beitrag, der inzwischen gelöscht ist. Dass Finn ins Tierheim gekommen sei, sei „das Schlimmste, das diesem Hund hat passieren können“. Sie hätte ihm den perfekten Platz geben. „Nun vegetiert Finn im Tierheim vor sich hin! Ich kenne diesen Hund und weiß, dass er diesen Zustand nicht lange aushalten wird.“

Tausendfach geteilt

Der Beitrag machte dann die Runde durchs Internet, wurde vieltausendfach geteilt und führte sogar zu einer Petition unter dem Titel „Rettet Finn“ – mehr als 2000 Menschen zeichneten online. Im Tierheim häuften sich Anrufe und Mails. „Sogar Drohungen wurden ausgesprochen für den Fall, dass wir den Hund nicht herausgeben“, sagt Bergmann. „Wie unsere Sicht auf die Dinge aussieht, interessierte offenkundig kaum jemanden.“

Folgenreich fürs Tierheim: Viele Menschen folgten einem Aufruf, das Tierheim beim Internetsuchdienst Google schlecht zu bewerten. Die meisten der mehr als 300 Beurteilungen wurden in den vergangenen Tagen abgegeben – nur 1,7 von fünf möglichen Sternen hat die Einrichtung dort nun. „Wer auch immer uns im Internet sucht, sieht das, ohne die Hintergründe zu kennen“, sagt Bergmann. Es stehe zu befürchten, dass Spenden ausblieben und Tiere nicht vermittelt würden. „Das ist in eine wahre Hetzkampagne ausgeartet.“

„So funktioniert dieses tolle Internet“, schreibt eine Nutzerin auf der Facebookseite des Tierheims. voller Ironie. „Behauptungen werden nicht überprüft, aber alle sind ganz schnell dabei, mit zu pöbeln und Steine zu werfen. Sehr sehr traurig.“

Der positive Nebeneffekt: Wegen des großen Wirbels galt tatsächlich auch Hund Finn viel Aufmerksamkeit. Mehr als 100 Interessenten hätten sich gemeldet, sagt Bergmann. „Wir haben ihn in sehr gute Hände vermitteln können.“

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