Carlos Rodrigues GesualdiArgentinischer Star-Autor lebt in Brühl

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Vor 13 Jahren kam Carlos Rodrigues Gesualdi zu Besuch nach Brühl – und blieb.

Vor 13 Jahren kam Carlos Rodrigues Gesualdi zu Besuch nach Brühl – und blieb.

Brühl-Heide – Carlos Rodrigues Gesualdi ist in Argentinien ein bekannter Mann. Er zählt in Südamerika zu den erfolgreichsten Kinderbuchautoren und ist Verfasser zahlreicher Kurzgeschichten. Dennoch hat der 50-jährige Schriftsteller seine argentinische Heimat Buenos Aires vor 13 Jahren verlassen – der Liebe wegen. Im Kloster Benden in Brühl-Heide ist er schon länger heimisch geworden. Erst kürzlich erschien seine zehnte Veröffentlichung in deutscher Sprache.

Der Erfolg war ihm nicht in die Wiege gelegt, obwohl er aus gebildetem Hause stammt. Sein Vater ist als Makler tätig, seine Mutter ist Psychologin. Er fand sein schulisches Glück aber erst auf Umwegen. Zwölfmal wechselte er die Lehranstalten, bis er schließlich eine freie Schule fand, in der er sein Lerntempo selbst bestimmen konnte und schließlich so gute Noten erzielte, dass er sogar eine Klasse überspringen konnte.

Eigenes Tempo

Die Suche nach dem eigenem Tempo bestimmt auch heute noch sein Leben. Seine Novelle „Raros Peinados“ etwa wurde im spanischsprachigen Raum ein Bestseller und soll eines Tages auch in Deutschland erscheinen. „Eigentlich wollte ich heute mit der Übersetzung anfangen. Aber gerade heute ist so ein toller Wind“, sagt der begeisterte Windsurfer. Unmittelbar nach diesem Gespräch wird er ins holländische Roermond aufbrechen, um dort aufs Surfbrett zu steigen. Eine eher undeutsche Herangehensweise an die Herausforderungen des Alltags. Und doch, Gesualdi lebt gern in Deutschland, gern in Brühl. Der Umzug sei ihm nicht schwergefallen. „Wir Argentinier haben eine starke Neigung zu Europa, insbesondere zu Frankreich und Deutschland.“ In dem Land zu leben, in dem er Tannhäuser auf der Bühne hören kann, war für ihn wie ein Traum. Schon als Jugendlicher hat er sich in seiner Heimat mit deutschen Dichtern und deutschen Philosophen befasst. Thomas Mann, Franz Kafka und auch Rainer Maria Rilke gehören zu seinen favorisierten Schriftstellern.

Mit 13 Jahren hat er bereits selbst zur Feder gegriffen, mit 17 veröffentlichte er erste Gedichte und Kurzgeschichten. „In meiner ersten Geschichte ging es um die Ermordung von Julius Caesar.“

Als er, gerade 18-jährig, mit einem Literaturstudium begann, war er so enttäuscht vom Niveau seiner Universität, dass er nach nur einem Jahr wechselte und etwas auswählte, „von dem er bis dahin nicht viel wusste“. Auf Mathematik, Physik und Philosophie fiel seine Wahl, Altgriechisch und Latein lernte er nebenher. Parallel machte er noch eine Ausbildung zum Grundschullehrer, arbeitete auch in diesem Beruf und verdiente so seinen Lebensunterhalt. „Ich wollte immer selbstständig und unabhängig sein.“

Mit 34 Jahren schließlich war er Professor für Mittelalter-Philosophie und hatte einen Lehrstuhl für Ästhetik an der Kunstuniversität Buenos Aires inne. Ein Jahr später begegnete er seiner heutigen Frau Andrea wieder. Es war keineswegs ein Zufall. Er plante eine Europareise und wusste von ihr, dass sie in Deutschland lebt. Mit 20 Jahren war er der Argentinierin zum ersten Mal im gemeinsamen Heimatland begegnet – und war fasziniert. Dennoch trennten sich ihre Wege damals. Dann im Jahr 2000 gab es ein Wiedersehen – in Brühl – im Kloster Benden. „Das war wie im Märchen. Und diesmal passte eben alles“, erinnert sich Gesualdi. Er blieb. Argentinien zu verlassen sei ihm nicht schwergefallen, schließlich habe er schon zuvor mehrfach in anderen Ländern gelebt. „Das war keine riesige Umstellung. Deutschland ist uns kulturell sehr nah“. Und: „Wer Rilke kennt, weiß, wie die Deutschen denken.. Sie sagen »ja« und meinen »nein«“, so seine Beobachtung. Deutsch lernte er in wenigen Monaten. Kurz darauf brachte er ein erstes Hörbuch mit einer deutschen Kurzgeschichte auf den Markt. In der Wohnanlage von Kloster Benden lebt Gesualdi mit seiner Frau und zwei Töchtern noch heute. Diese „mittelalterliche Lebensform“, gemeint ist die geschlossene Wohnanlage, schätzt er sehr. Ebenso liebt er die Spaziergänge am nahe gelegenen Bleibtreusee und am Heider Bergsee.

Zweisprachige Bücher

Und auch die deutschsprachigen Kinder lässt er längst an seiner Fantasie teilhaben. Erst kürzlich sind im Hamburger Verlag „Buschhorn-Walter, von Holten“ in der zweisprachigen Reihe „Amiguitos“ die beiden Bücher „Das Topmodel“ und „Und nun?“ erschienen. Auch als Lehrer ist er wieder tätig: Er unterrichtet an einer freien Schule in Köln-Marsdorf. Nach Argentinien fährt Gesualdi nicht sehr häufig. „Das ist einfach zu anstrengend. Ich möchte meine Familie und Freunde besuchen, muss aber Interviews geben, und zeitgleich werde ich zu Lesungen eingeladen. Das ist schwer unter einen Hut zu kriegen, da fahr ich lieber gar nicht erst.“

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