Im GesprächElsdorfs Bürgermeister Andreas Heller über den Ärger mit der Bürokratie

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Elsdorfs Bürgermeister Andreas Heller blickt milde lächelnd in die Kamera.

Bürgermeister Andreas Heller ärgert sich oft über Bund und Land und macht daraus auch keinen Hehl.

Andreas Heller, Bürgermeister von Elsdorf, im Gespräch mit Dietmar Fratz über die Zukunft von Elsdorf und die Zeit nach der Kohle.

Andreas Heller ist seit 2015 Bürgermeister der Stadt Elsdorf. Im September 2020 wurde er erneut gewählt. Über seine Arbeit für die Stadt, die Erfolge und die Schwierigkeiten, sprach er mit Dietmar Fratz.

Herr Heller, welche sind die Kernaufgaben, die Sie sich für die Wahlperiode vorgenommen hatten?

Andreas Heller: In meiner ersten Amtszeit war ich bestrebt, Elsdorf fit an die Startlinie zu bekommen, um mit der Entwicklung anderer Städte Schritt halten zu können. Wir mussten uns ein gutes Fundament erarbeiten, denn durch den Wegfall von Kohle und Zucker müssen wir uns neu erfinden.

Meine aktuelle Amtszeit ist geprägt von der aktiven Gestaltung unserer Zukunft. Gemeinsam mit dem Stadtrat möchte ich unserer Stadt eine klare Zukunftsperspektive geben, allen voran in der Stadtentwicklung, der Entwicklung der Tagebaufolgelandschaft, dem Strukturwandel und der erneuerbaren Energieerzeugung.

Welche der gesetzten Schwerpunkte brachten die größten Probleme mit sich?

Um ehrlich zu sein, fast alle. Es geht nichts mehr ohne Probleme und Hürden. Selbst für eine neue öffentliche Tischtennisplatte braucht man zuerst ein Lärmgutachten. Meine Mitarbeitenden versinken in unserer Bürokratie oder in den Wirren des Vergaberechts.

Bund und Land definieren ständig neue Aufgaben für uns. Hinzu kommen die Krisenfolgen: Corona, Krieg, Flüchtlinge, Inflation und die Strom- und Gasmangellage. Trotzdem lassen uns nicht von unserem Weg abbringen, auch wenn manches eben einfach länger dauert.

Was betrachten Sie rückwirkend als besonders gelungen?

Diese Beurteilung möchte ich gerne anderen überlassen. Elsdorf hat jetzt einen klaren Plan für die Zukunft. „Elsdorf – von der Zuckerstadt zur Zukunftsstadt“, dafür werde ich oft belächelt. Aber die Grundlagen für unsere Zukunft sind gelegt. Wir brauchen jetzt einen langen Atem und Vertrauen, aber die Zukunft wird uns Recht geben.

Wer so viel hinter sich hat, der kann auch ruhig viel vorhaben. Was müssen Sie als nicht so gut gelungen oder gar gescheitert betrachten?

Wie schon erwähnt, dauert alles viel zulange. Und wir bekommen kaum erklärt, warum das bei uns so ist. Unser Rechtsrahmen passt nicht mehr zur Erwartungshaltung der Menschen. Viel Tempo und Erneuerung wird durch Bürokratie und Zuständigkeiten abgewürgt. Bilder und Konzepte allein erzeugen keine Zufriedenheit, die Menschen wollen konkrete Ergebnisse. Hier müssen wir in Deutschland besser werden.

Wo steht die Stadt mit Blick auf den Strukturwandel und die Planung der Tagebau-Folgelandschaft?

Es ist wie im Fußball: Wir stehen hochmotiviert fertig zum Anstoß auf dem Platz …, aber keiner pfeift das Spiel an. Stattdessen ändern Bund und Land dauernd die Spielregeln. So gelingt kein Strukturwandel. Wir haben im Stadtrat klare und gute Projekte für die Zukunft beschlossen. An uns liegt es also nicht. Aber das Land schafft einfach keine klaren Förderbedingungen. Schöne Worte aus Düsseldorf, die dieses Spiel als Erfolg verkaufen, haben bei den Menschen viel Vertrauen verspielt.

In Elsdorf wurde erneut an der Steuerschraube gedreht. Müssen sich die Menschen in der Stadt auf weitere Mehrbelastungen einstellen?

In Ihrer Zeitung lesen wir jeden Tag über neue Krisen auf der Welt. Viele spüren sie täglich im Portemonnaie, und wir wissen nicht, was noch kommt. Wie soll ich also eine Frage beantworten, die nahezu hellseherische Fähigkeiten verlangt?

Ich bedauere sehr, dass die Menschen in Elsdorf den Preis dafür zahlen müssen, dass Bund und Land die Kommunen finanziell im Stich lassen. Und der Rhein-Erft-Kreis dreht zusätzlich noch an der Steuerschraube. Ich wünschte, ich könnte weitere Mehrbelastungen in der Zukunft ausschließen. Ich will es nochmal deutlich sagen: Ohne die Kreisumlagenerhöhung hätte in Elsdorf niemand an der Steuerschraube drehen müssen.

Welche Entwicklungen können Bürgerinnen und Bürger bis zum übernächsten Jahr erwarten?

Die Menschen werden sehen, dass sich in ihrer Stadt etwas tut. Sie werden ihre Projekte endlich anfassen und erleben können. Ich bin überzeugt, dass wir die schlimme finanzielle Krise langsam überwunden haben. Finanziell wird es stetig aufwärtsgehen, denn unsere Zukunftskonzepte werden greifen.

Streben Sie eine erneute Kandidatur für 2025 an?

Über eine so wichtige Frage muss ich natürlich zuerst mit der Familie sprechen. Diese Entscheidung trifft man nicht alleine. Ich erlebe täglich viel Zuspruch für die geleistete Arbeit. Bürgermeister zu sein, ist für mich eine ehrenvolle Aufgabe, denn gerade Elsdorf und seine Menschen sind beharrlich und lassen sich nicht unterkriegen.

Von der Zuckerstadt zur Zukunftsstadt – es gibt noch viel zu tun und die Aufgaben sind gewaltig! Nichts für schwache Nerven, aber ich kann mir aktuell nichts Schöneres vorstellen.

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