Mordfall Stefan RaaffErmittlern ein Video hinterlassen

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Stefan Raaff bei der dritten Fight-Night in Euskirchen

Stefan Raaff bei der dritten Fight-Night in Euskirchen

Frechen/Köln –  Einen augenscheinlich tief verzweifelten, von Angst und Ausweglosigkeit gezeichneten Nasser A. erlebte die fünfte Große Strafkammer am Landgericht Köln am neunten Verhandlungstag im Prozess um den Frechener Boxermord, als das sichergestellte Videotestament des Angeklagten A. abgespielt wurde.

Die etwa 15 Minuten lange Videosequenz hatte er nach eigenen Angaben am 25. September 2012 gegen 9.30 Uhr in seinem Kiosk in Köln aufgenommen, aus Angst, ihm könne in der Folgezeit etwas zustoßen. Nach Erklärungen zu seiner Person und seinem Familienstand bezichtigt Nasser A. in dem Film seine von ihm getrennt lebende Ehefrau, ihn mehrfach betrogen zu haben, auch mit dem späteren Opfer Stefan Raaff.

Als Zeuge verhört

Vor ihm habe er jetzt große Angst gehabt, da er befürchtete, seine Ehefrau könne den ehemaligen Profiboxer zur Gewalt gegen ihn anstiften. Nasser A. wirft seiner Frau vor, sein Leben zerstört zu haben. Von seinem ehemaligen Freund Raaff sei er betrogen und verraten worden. Detailliert äußert sich A. zu Stefan Raaffs Drogenkonsum und Verhaftung in Schweden wegen des Besitzes von illegalen Betäubungsmitteln. A. richtet sein visuelles Testament speziell an Ermittler, für den Fall, dass ihm etwas angetan werde. „Wenn etwas mit meinem Leben passiert, kontrollieren Sie das Telefon von Stefan Raaff“, sagt A. Und weiter: „Ich hoffe, diese Nachrichten helfen, die Wahrheit zu finden.“ Was der unter Mordanklage stehende Nasser A. mit seinen Äußerungen meinte, erfuhr das Gericht nicht. Denn auch gestern schwieg er.

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Die einzigen Aussagen des Beschuldigten stammen aus seiner polizeilichen Vernehmung als Zeuge kurz nach der Tat am Abend des 10. Dezember 2012. Den Fakt, dass die Ermittler A. als „Zeugen“ und nicht als „Beschuldigten“ befragt haben, greift die Verteidigung auf. Aus der Art der Befragung des Mordkommissionsleiters gestern im Zeugenstand wurde deutlich, dass die Verteidigung davon ausgeht, dass die Polizei bereits zur Vernehmung am 12. Dezember einen konkreten Tatverdacht gegen Nasser A. gehabt habe und nicht erst am 13. Dezember, wie von den Ermittlern angegeben. Zum Beweis führten die Anwälte Fragen des vernehmenden Beamten aus dem Verhörprotokoll an, die nach ihrer Ansicht auf einen Tatverdacht gegen A. hinwiesen. Doch der Leiter der Mordkommission blieb bei seiner Aussage. Sollte sich bestätigen, dass Nasser A. tatsächlich unter falschem Status belehrt und vernommen worden ist, wären seine Aussagen gegebenenfalls nicht mehr zu verwerten.

Die Verteidigung versuchte zudem, das Augenmerk auf die mutmaßlichen Verbindungen Stefan Raaffs zu den Hells Angels zu lenken. Doch die die Ermittler der Mordkommission verneinten eine Nähe Boxers zu dieser Szene bestätigen.

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