Verein music4everybody!Frechener Schüler studieren inklusives Theaterstück ein

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Vier Kinder proben für ihren Auftritt.

Unter Wasser erleben die Kinder allerlei Abenteuer.

Anfangs hatten die Grundschüler durchaus Berührungsängste, doch die seien schnell gewichen, weiß die künstlerische Leiterin Stephi Siebert.

Wie tot liegt die Meereskönigin am Boden. In dieser Probe aber hat die Darstellerin Dijda keine Chance, nur leblos dazuliegen. Die drei besten Freundinnen Lisa, Edda und Theresa, gespielt von Eldana, Lara und Theresa, und Meeresbewohner wie der Fisch Fido, gespielt von Alexander, nutzen die Gelegenheit und kitzeln das Mädchen, bis es kichernd aus der Rolle fällt.

„So geht das nicht“, greift die Regisseurin Mechthild Hilmes ein und fordert ein wenig mehr Konzentration für eine Wiederholung der Szene. Es ist die vorletzte Probe zum Stück „Beste Freundinnen und das Meeresrauschen“ vor den Osterferien, in der sich die Kinder noch einmal die Abläufe des Musiktheaters klarmachen.

Im Frechener Stadtsaal wird das Stück im April aufgeführt

Es geht um allerhand fantastische Abenteuer unter Wasser wie den Aufstand der Kraken Ringo und Zicko, gespielt von Ben und Omar, gegen die Meereskönigin, mit durchaus kritischen Zwischentönen wie die Vermüllung der Ozeane. Den Bewegungs- und Musikraum in der Paul-Kraemer-Schule in Bachem nutzen die Kinder in ganzer Länge für Schauspiel, Tanz und Gesang.

Denn auch die Bühne im Stadtsaal Frechen ist groß, wo sie am Dienstag, 9. April, um 14 Uhr und Mittwoch, 10. April, das Stück um 10 Uhr aufführen möchten. Dann freilich im Kostüm, in einer Kulisse, an der alle gemeinsam gebastelt haben und unterstützt von professionellen Ton- und Lichttechnikern des Frechener Vereins „music4everybody!“.

Da waren plötzlich Kinder, die anders aussehen, sich anders bewegen und sprechen
Stephi Siebert, künstlerische Leiterin des Frechener Vereins „music4everybody!“

Im inklusiven Projekt „Gemeinsam Stark“ proben Kinder der Paul-Kraemer Schule, mit dem Förderschwerpunkt „Geistige Entwicklung“, und der Mauritiusschule als Gemeinschaftsgrundschule gemeinsam das Musiktheater ein. Zunächst habe sie schon Berührungsängste bei den Schülern der Grundschule beobachten können, erzählt Stephi Siebert, die künstlerische Leiterin des Frechener Vereins „music4everybody!“.

„Da waren plötzlich Kinder, die anders aussehen, sich anders bewegen und sprechen“, beschreibt sie die ersten Treffen. Das Befremden sei schnell dem Impuls gewichen, die geistig und körperlich eingeschränkten Kinder bei ihrer Arbeit am Theaterprojekt zu unterstützen, so Siebert. Wenn Alexander, ein Junge mit Down-Syndrom, sich zwischendurch mal hinlegt oder sich in die Arme seiner Betreuerin flüchtet, wunderte sich bei dieser Probe niemand mehr.

Sechs Kinder sitzen auf dem Boden, in ihrer Mitte liegt ein Mädchen, das von einigen ausgekitzelt wird.

Die Meereskönigin liegt auf dem Boden, dass die anderen Kinder sie auskitzeln, steht nicht im Drehbuch.

Auch die wiegenden Armgesten des autistischen Mädchens Olivia im Unterwasserchor, die zunächst so wirkten, als sei sie „weggetreten“, hätten die Kinder mittlerweile durchaus als Zeichen der Teilnahme am Geschehen erkannt, schildert die Regisseurin Hilmes. Das Mädchen nehme an einem Punkt ihrer Wahl Textstellen oder den Refrain auf, sie singe einfach gerne.

Ziel: Junge Menschen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung stärken

In den rund 30 vorherigen Probeeinheiten seit September letzten Jahren haben die Mitarbeiter des Vereins mit den Kindern an dem Stück gearbeitet. Es sind Fachleute wie Mechthild Kramer und Samuel Küßner für das Schauspiel, Carlotta Kirdorf-Frey für Tanz, Ronia Topalidou für Gesang und Uschi Keulen und Laura Engelhardt für das Bühnenbild.

Seit 2008 gebe es den Frechener Kulturverein „music4everybody!“, mit dem Ziel, junge Menschen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu stärken, die wenig oder keinen Zugang zu kultureller Teilhabe hätten, sagte Stephi Siebert. Dazu gehörten auch haltlose, psychisch kranke oder suchtgefährdete Menschen, solche mit Migrationshintergrund oder aus bildungsfernen Schichten.

Zurzeit seien es 22 Projekte in Nordrhein-Westfalen mit insgesamt 1500 Teilnehmern. Finanzielle Förderung genießt der Verein von den Ministerien für Kultur und Wissenschaft sowie für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen, der „Aktion Mensch“, der Aktion des Kölner Stadt-Anzeiger für Kinder „Wir helfen“, der Gold-Kraemer-Stiftung und anderen mehr.

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