GedenkenDas Grab des Vaters gefunden

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Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge pflegt weltweit 843 Gedenkstätten für gefallene Deutsche, wie diese im russischen Kursk-Besedino. Auf den Stelen sind viele Namen aufgelistet.

Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge pflegt weltweit 843 Gedenkstätten für gefallene Deutsche, wie diese im russischen Kursk-Besedino. Auf den Stelen sind viele Namen aufgelistet.

Rhein-Erft-Kreis – Nelly Hellenthal deutet auf die Russlandkarte im Atlas und sagt: „Hier ungefähr ist der Friedhof, bei Kursk.“ In Kursk-Besedino, rund 500 Kilometer südlich von Moskau, wird ab dem kommenden Jahr ihr Vater ruhen, auf einem Gedenkfriedhof des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Johann Hubert Wimmer fiel im Zweiten Weltkrieg, wurde nur 33 Jahre alt. Erst im Februar 1942 wurde der Elsdorfer, der als Lohnbuchhalter bei Pfeifer & Langen arbeitete, eingezogen. Nur wenige Monate später, am 8. Juli, starb er. Nelly Hellenthal war damals acht Jahre alt.

Sie erinnert sich noch genau, wie sie den Sommer bei einer Tante in Oberembt verbrachte und einen Brief an den Vater schrieb, Feldpostnummer 32417D. Der Brief kam zurück mit dem Hinweis „gefallen für Großdeutschland“. „Ich wollte lange nicht wahrhaben, dass er tot ist“, erinnert sich die 79-Jährige aus Elsdorf, die den Brief gut aufgehoben hat, ebenso wie die letzte Geburtstagskarte des Vaters.

Lange war nicht klar, wo Johann Wimmer begraben lag. Seit Mitte der 1990er Jahre aber ist der Volksbund in Osteuropa und Russland aktiv, sucht die Gräber gefallener Deutscher auf und legt große Gedenkstätten an, in die sie umgebettet werden. Gebeine von etwa 775 000 Kriegstoten wurden seither schon gefunden. Aufzeichnungen belegten, dass Johann Wimmer bei Owetshyi Werch bestattet war. Nun wird er demnächst auf dem 2009 eingeweihten Sammelfriedhof bei Kursk seine letzte Ruhe finden. Dort liegen schon über 37 000 gefallene Soldaten, die Namen sind zum Teil auf vielen steinernen Stelen verewigt – auch der von Johann Wimmer.

Die Arbeit des Volksbundes begrüßt die Seniorin sehr, sie ist glücklich, zu wissen, wo ihr Vater künftig bestattet ist. Jedoch hat sie gehört, dass die Spendensammler, die jährlich an Allerheiligen auf den Friedhöfen stehen, mit Problemen kämpfen. „Viele Leute wissen ja gar nicht mehr, wofür gesammelt wird.“ Der Volksbund solle viel mehr Werbung für sich machen, meint sie. Dass die Friedhofs-, Haus- und Straßensammlungen schwieriger werden, bestätigte Kreisgeschäftsführer Helmut Freyer bei der Eröffnung der Sammelaktionen im Rhein-Erft-Kreis. Die Sammler ernteten leider zunehmend Unverständnis. Dabei sei die Mithilfe der Bevölkerung so wichtig.

Der Volksbund ist die einzige private Organisation, die weltweit Kriegsgräber anlegt und pflegt – rund 2,5 Millionen auf 843 Friedhöfen in 43 Ländern sind es inzwischen. Doch der Erhalt der Anlagen ist teuer. Wie Martin Gadow, Bezirksgeschäftsführer Köln-Aachen, erklärte, können keine neuen Friedhöfe mehr angelegt werden. „Das ist der Fluch der guten Tat.“ Die Kapazität an Gräbern reiche jedoch aus. Der Volksbund ist gemeinnützig und finanziert sich nur zu einem Viertel aus Steuern. Daher ist die Organisation auf Spenden und Mitgliedsbeiträge angewiesen. Die Spenden seien rückläufig, so Gadow. 2012 kamen durch die Sammlungen 5,6 Millionen Euro zusammen, dies decke die Kosten aber bei Weitem nicht.

Auch die Sammler der Bundeswehr werden durch die Reform weniger. Dennoch werden Soldaten des Luftwaffengeschwaders 31 „Boelcke“ im November wieder von Haus zu Haus ziehen und um Spenden bitten. An Allerheiligen sind auch die Schützen aktiv sowie die Feuerwehr, Reservisten und Privatleute.

Am 1. November wird die Bevölkerung gebeten, bei der Friedhofssammlung zu spenden. Die Soldaten der Luftwaffe sammeln am 11. November in Lechenich und Liblar, am 12. November in Gymnich, Dirmerzheim, Kerpen, Türnich und Brüggen, am 13. November in Elsdorf, am 14. November in Bedburg, am 18. November in Nieder- und Oberaußem sowie am 19. November in Bergheim und Quadrath-Ichendorf. Am 17. November finden zum Volkstrauertag wieder zahlreiche Gedenkfeiern statt. (wo)

Kreisdezernent Martin Schmitz überreichte eine Spendenbüchse an den neuen Projektoffizier Erich Vieth und ehrte stellvertretend für die vielen Sammler die Schützen aus Bergheim, Paffendorf, Glessen und Zieverich, den Bürgerverein Hüchelhoven, der Kriegsgräber im Ort pflegt, und die Marinekameradschaft Frechen. „Unsere Arbeit ist nur durch ehrenamtliche Hilfe möglich“, betonte Gadow. Zu der Arbeit des Volksbundes gehört auch die Jugendbildung. Jährlich werden rund 60 internationale Workcamps organisiert. Zudem wird viel dokumentiert. Auf der Internetseite finden sich unter „Gräbersuche online“ zahlreiche Namen von Gefallenen.

www.volksbund.de

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