„Anschluss unwirtschaftlich“Darum schaut eine Hürtherin bei der Fernwärme in die Röhre

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Eine Frau steht neben einer Baustellenabsperrung, im Hintergrund ist ihr Wohnhaus zu sehen.

Nur ein paar Meter von der neuen Fernwärmeleitung entfernt liegt das Haus von Imke Mees. Für den Anschluss müsste sie aber tief in die Tasche greifen.

Die Stadtwerke verlegen eine neue Fernwärmeleitung quer durch Efferen. Die Bewohner in Seitenstraßen bekommen aber keinen Anschluss.

Mehr als ein halbes Jahr lang buddelte sich eine Baukolonne durch die Leopold-Freter-Straße, um eine neue Fernwärmeleitung zu verlegen. Die Leitung dient der Erschließung des Neubaugebiets „Quartier am Grüngürtel“, doch auch die Anrainer der Leitungstrasse konnten sich anschließen lassen. Imke Mees allerdings schaut in die Röhre.

Zwar verlaufen die neuen Rohre an der Grenze ihres Eckgrundstücks entlang. Doch ihre Adresse liegt am Lindenplatz – und der wird nicht erschlossen.

In Hürth wird Abwärme eines Kraftwerks und einer Industrieanlage zum Heizen genutzt

Aktuell heizt die 68-jährige Chinawissenschaftlerin mit Gas. Doch ihr ist klar, dass sie sich wegen der Energiewende nach einer nachhaltigeren Wärmequelle umschauen muss. Und da liegt für die Efferenerin Fernwärme auf der Hand. Die gilt als klimaschonend, weil Abwärme aus einem Kraftwerk und einer Industrieanlage genutzt wird.

Die Rechnung hat Imke Mees allerdings ohne die Stadtwerke gemacht. „Ich habe mich schon darüber geärgert, dass wir nicht informiert worden sind“, sagt sie. „Ich habe einen Bauarbeiter gefragt, und der hat mir gesagt, dass eine Fernwärmeleitung verlegt wird.“ Auf Nachfrage bei den Stadtwerken habe sie dann erfahren, dass nicht geplant sei, den Lindenplatz – eine kleine Stichstraße, die von der Leopold-Freter-Straße abzweigt – mitzuerschließen.

Hürtherin ist sauer und spricht von einem „Schildbürgerstreich“

Die Stadtwerke bestätigen das auf Anfrage. „Der Lindenplatz war nicht Teil der Trassenplanung“, teilt Sprecherin Fabricia Karutz mit. Berücksichtigt worden seien nur Straßen auf dem direkten Weg zum neuen Quartier. Dazu gehören die Leopold-Freter-Straße und Teile der Berrenrather Straße. „Momentan ist ein Anschluss des Lindenplatzes unwirtschaftlich“, so Fabricia Karutz.

Imke Mees kann das kaum glauben. Schließlich weiß sie auch von Nachbarn, die sich ebenfalls für einen Fernwärmeanschluss interessieren. „Das wären fünf Häuser. Und dafür soll es sich nicht lohnen, ein paar Meter Fernwärmerohr mehr zu verlegen?“

Stadtwerke Hürth wollen Ausbau der Fernwärme erst später prüfen

Auch weil die Stadt demnächst einen Wärmeplan zur Versorgung der Bevölkerung mit erneuerbarer Energie aufstellen muss, hält Imke Mees es für einen „Schildbürgerstreich“, dass die Stadtwerke den Lindenplatz nicht gleich mit angeschlossen haben.

„Momentan schließen wir nur Haushalte an, deren Anschluss wirtschaftlich ist“, sagt dazu Sprecherin Karutz. Derzeit sei der Einstieg in die Wärmeplanung in Vorbereitung, die Auswirkungen auf die Fernwärmeversorgung haben werde – welche, sei aber noch offen. Karutz: „Innerhalb der kommunalen Wärmeplanung wird betrachtet werden, ob und wie die Fernwärme verstärkt ausgebaut werden kann.“

Zwar könnte Imke Mees schon jetzt Fernwärme bekommen. Allerdings müsste sie rund 15 Meter Anschlussleitung von der Leopold-Freter-Straße durch ihren Garten bis zum Haus selbst bezahlen. Nach Angaben der Stadtwerke sind das 1500 Euro pro laufendem Meter; für Mees würden sich die Kosten also auf 22 500 Euro summieren. „Das ist ein prohibitorischer Preis“, findet sie, „ein Abschreckungsmanöver.“

Die Stadtwerke sehen das anders. Sprecherin Fabricia Karutz verweist darauf, dass es Fördermöglichkeiten durch den Bund gebe. Außerdem lägen die Kosten in Köln deutlich höher, nämlich bei 3000 bis 5000 Euro pro Meter Fernwärmeleitung.

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