Mord ohne Leiche„Es vergeht keine Stunde, in der ich nicht an Kim denke“

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Die Mutter des Opfers und Staatsanwalt Bastian Blaut.

Frau Schwarzenberg, vor wenigen Minuten wurde Ihr einstiger Schwiegersohn zu einer zwölfjährigen Haftstrafe verurteilt. Wie bewerten Sie das Strafmaß?

Marion Schwarzenberg: Das Urteil ist trotz allem zu gering. Ich habe zusätzlich eine Therapie für ihn erwartet. Kim kann nie wieder etwas erleben und ich sie nie wieder in die Arme schließen. Vier Jahre Hoffnung und Verzweiflung sind seelische Folter für uns gewesen. Und es bleibt weiter ungewiss, wie sie starb.

Als Nebenklägerin saßen Sie 35 Tage dem Angeklagten gegenüber. Er wird beschuldigt, Ihre Tochter getötet zu haben. Was empfinden Sie bei dieser Begegnung?

kim mutter Schwarzenberg

Marion Schwarzenberg (52) ist die Mutter der vermissten Kim.  Sie war Nebenklägerin im Prozess gegen Jens Peter M. und trug beim Prozess stets ein T-Shirt mit dem Bild ihrer Tochter.

Schwarzenberg: Verzweiflung, Entsetzen, Hilflosigkeit, manchmal auch Hass.

War es für Sie morgens eine Überwindung, das Gericht zu betreten?

Schwarzenberg: Ja, jedes Mal. Wenn dann noch Unvorhergesehenes kam, hat mich das noch mehr runtergezogen. Zum Ende hin wurde es immer schwerer. Es ist aber die letzte Möglichkeit, noch Dinge aus Kims Lebensbereichen zu erfahren, die ich vorher nicht einsehen konnte.

Welche für Sie relevanten Fragen sind im Verfahren offengeblieben?

Schwarzenberg: Was am Tattag wirklich geschehen ist und das nicht durchsuchte Waldstück in Kerpen. Es ist weder von der Polizei noch vom Gericht etwas unternommen worden, um abzuklären, ob Kim dort vergraben liegt. Speziell die etwa 20 Meter tiefe Grube auf diesem Gelände, die aufgefüllt wird, wäre ein idealer Ort, eine Leiche abzulegen. Zudem ist in der Nähe das Portemonnaie des Angeklagten gefunden worden.

An allen Prozesstagen trugen Sie T-Shirts, auf denen das Konterfei Ihrer Tochter Kim abgebildet ist. Was wollten Sie damit sagen?

Schwarzenberg: Meine Tochter und ich sind eine Einheit. Ich wollte nicht, dass in den Verhandlungstagen vergessen wurde, dass es um Kim geht. Ich möchte noch einmal sagen: Kim war ein Familienmensch. Sie hätte den Kontakt niemals komplett abgebrochen. Ich weiß inzwischen, dass Kim tot ist.

Haben Sie in Ansätzen zu Ihrem alten Leben zurückgefunden?

Schwarzenberg: Es fällt mir sehr schwer, aber für meine Enkelin muss ich es schaffen. Ich habe seit Kims Verschwinden gesundheitliche Probleme und bin arbeitsunfähig. Sehr geholfen haben mir Menschen, die beim Prozess anwesend waren oder mir mit einfachen Worten der Anteilnahme zur Seite gestanden haben. Ich habe mein Umfeld geändert, da ich keine Oberflächlichkeiten mehr ertrage im Zusammenhang mit Kim.

Was bedeutet es für Sie, nun die Tochter Ihrer Tochter großzuziehen?

Schwarzenberg: Es gibt mir Halt. Durch sie erlebe ich auch schöne unbeschwerte Momente. Sie sieht aus wie Kim damals und scheint auch ihren Intellekt zu besitzen. Das ist mir ein Trost.

Gibt es in Ihnen wieder Momente der Leichtigkeit, oder ist dieses Gefühl gänzlich verloren gegangen?

Schwarzenberg: Früher war ich, was man im Rheinland eine Frohnatur nennt. Das geht so nicht mehr. Ich habe mich emotional nicht mehr im Griff. Es vergeht keine Stunde, in der ich nicht an Kim denke, und dann breche ich in Tränen aus. Die Ungewissheit und nicht abschließen zu können machen mich fertig.

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