Blick in die Geschichte des RheintalesNeue Aussichtsplattform an der Rabenlay

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Mit Hilfe eines Kranwagens wurde die Aussichtsplattform an der Rabenlay montiert. An dem Geländer werden noch 16 Informationstafeln angebracht.

Mit Hilfe eines Kranwagens wurde die Aussichtsplattform an der Rabenlay montiert. An dem Geländer werden noch 16 Informationstafeln angebracht.

Bonn – Einen einzigartigen Ausblick genießen und mehr über die Geschichte des Rheintals von der Steinzeit bis heute erfahren können Besucher ab dem Frühjahr auf der neuen Aussichtsplattform an der Rabenlay in Oberkassel. Am Dienstag wurde die 24 Quadratmeter große Holzkonstruktion montiert. Gefördert wird das Projekt von der NRW-Stiftung Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege mit 66 000 Euro sowie vom Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes NRW und dem Landschaftsverband Rheinland.

Die Plattform wurde oberhalb der berühmten Fundstelle der „Oberkasseler Menschen“ angebracht. Das 1914 im Zuge von Steinbrucharbeiten im Bereich der Rabenlay entdeckte Doppelgrab eines Mannes und einer Frau ist rund 14 000 Jahre alt und gehört nicht zuletzt aufgrund der Beigaben – ein Knochenstab mit Tierkopfverzierung, ein Geweihstück in Form einer Elchkuh und der Penisknochen eines Bären sowie den Resten eines der frühesten Haushunde weltweit – zu den bedeutendsten altsteinzeitlichen Funden Europas .

Tafeln informieren über Fundstelle und Geschichte

Die Originalfunde werden heute im LVR-Landesmuseum Bonn präsentiert. Schon vor dem 100. Jahrestags der Grabentdeckung im Jahr 2014 gab es Überlegungen, einen Ort zu schaffen, an dem die herausragende Bedeutung gewürdigt werden sollte.

Ein mit der Alanus-Hochschule für Kunst und Gesellschaft durchgeführter Workshop ergab, dass der bisherige Platz aufgrund seiner schlechten Einbindung in das Wegenetz und seiner versteckten Lage kaum geeignet war. Stattdessen wurde ein Platz oberhalb der Fundstelle favorisiert, wo sich bereits Tafeln mit Informationen über das Doppelgrab befanden.

Diese Schädel wurden zufällig von Arbeitern in einem Steinbruch gefunden.

Diese Schädel wurden zufällig von Arbeitern in einem Steinbruch gefunden.

Getragen wird die Initiative durch ein breites Bündnis, zu dem der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, der Heimatverein Bonn-Oberkassel, der Denkmal- und Geschichtsverein Bonn-Rechtsrheinisch, der Landesbetrieb Wald und Holz NRW, das LVR-Landesmuseum und das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland zählen. Geplant wurde das Projekt von den Landschaftsarchitekten „die3“. Von zentraler Bedeutung war dabei der Naturschutz. Die Rabenlay und die ehemaligen Steinbrüche stellen ein sehr wertvolles Biotop dar. Deshalb ist ein wichtiges Ziel der Maßnahme, den Besucherstrom zu lenken und das Netz illegaler Trampelpfaden in dem Bereich zu beseitigen.

Die Plattform wurde vom Ingenieursbüro Miebach, das vor allem im Brückenbau tätig ist und mit dem Werkstoff Holz arbeitet, realisiert.

An dem Geländer der Plattform werden noch 16 Tafeln angebracht mit Infos zur Doppelbestattung, zum Naturschutzgebiet, der Geologie und verschiedenen Themen der Kulturlandschaft, die von diesem spektakulären Punkt oberhalb des Steinbruchs zu sehen sind.

Sensationsfund in einem Steinbruch

Am 12. Januar 1914 machten Arbeiter in einem Steinbruch eine Entdeckung, die wenig später der Wissenschaft eine Sensation lieferte. Der Oberkasseler Mensch wurde entdeckt. Wissenschaftler glaubten zunächst an einen Fund aus römischer oder fränkischer Zeit. Doch bald stellten sie fest, dass die Knochen wohl deutlich älter waren.

Heutige Feststellung von Forschung und Wissenschaft: Der Oberkasseler Mensch zählt zu den berühmtesten jungpaläolithischen Fossilien Deutschlands. Das Jungpaläolithikum bezeichnet den jüngeren Abschnitt der eurasischen Altsteinzeit von vor etwa 40 000 Jahren bis zum Ende der letzten Kaltzeit um etwa 9700 vor Christus. Der Beginn des Jungpaläolithikums wird mit der Einwanderung des „anatomisch modernen Menschen“ (Homo sapiens) nach Europa gleichgesetzt. In Oberkassel entdeckt wurden die Skelette eines älteren Mannes, einer jüngeren Frau, eines Hundes und weitere Knochen und Kunstgegenstände. Deren Alter schätzen Experten auf etwa 12 000 bis 15 000 Jahre. (r)

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