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SiegauePolizisten müssen nach Missbrauch-Notruf Platz in Leitstelle räumen

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Bonner Siegauen

Bonn – Die Bonner Polizei zieht endgültig Konsequenzen: Die beiden Beamten, die während und nach der Vergewaltigung auf den Siegauen Anfang April „in völlig unangemessener Weise“ auf zwei Notrufe des Freundes des Opfers reagiert haben, werden nie wieder auf einer Leitstelle arbeiten dürfen. Das erfuhr der „Kölner Stadt-Anzeiger“ aus Polizeikreisen. Die Polizisten, ein Mann und eine Frau, würden einer anderen Dienststelle zugewiesen, hieß es. Beide hatten mehrere Jahre in der Leitstelle Dienst getan und galten als erfahren.

Für das betroffene Paar war die Nacht auf den 2. April eine Nacht des Horrors. Der Student und die Frau aus Baden zelteten auf den Bonner Siegauen, als gegen Mitternacht ein mit einer Astsäge bewaffneter Asylbewerber aus Ghana auftauchte und die Frau vergewaltigte.

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Der Student, flüsternd und im Zelt kauernd, rief bei der Polizei an und schilderte, was sich gerade etwa zehn Meter neben ihm zutrug. Doch die Polizistin glaubte an einen üblen Scherz. „Sie wollen mich nicht verarschen, ja?“, fragte sie. „Ich habe Todesangst, dass er sie gleich umbringt“, sagte C. „Ja, ich schick die Kollegen“, entgegnete die Beamtin und verabschiedete sich: „Danke, tschö.“ Nach Angaben der Polizei habe sich die Kollegin im Anschluss an das Telefonat korrekt verhalten. Innerhalb einer Minute habe sie den Einsatz weitergeleitet, nach acht Minuten seien drei Streifenwagen auf dem Weg an die Siegauen gewesen.

Doch dann folgte die nächste Panne. Nach der Tat meldete sich C. erneut bei der Leitstelle, keuchend und völlig außer Atem. Er und seine Freundin seien weggerannt, sagte er. Der Polizist gab ihm die Nummer der Siegburger Kollegen durch und sagte, er solle sich dort melden, „dann können die das richtig koordinieren“.

„In beiden Fällen war die Art der Gesprächsführung und die Wortwahl absolut nicht in Ordnung“, sagte Robert Scholten, Sprecher der Bonner Polizei. „Das war ein schwerwiegender Fehler, den wir einräumen müssen.“ Die Polizei habe über den Opferschutz bereits Kontakt aufgenommen und das betroffenen Paar zu einem persönlichen Gespräch eingeladen.

Die am Montag eingegangene Anzeige einer Privatperson gegen die Polizistin wegen Strafvereitelung im Amt hat die Staatsanwaltschaft jedoch schon wieder zu den Akten gelegt. Es liege kein strafrechtlich relevantes Verhalten vor, sagte ein Sprecher. Die Gewerkschaft der Polizei NRW spricht von einem „bedauerlichen Einzelfall“. „Gerade, weil wir den Bürgern immer wieder sagen, sie sollen den Notruf besser einmal zu viel als zu wenig wählen“, sagte Arnold Plickert. Bei dem mutmaßlichen Vergewaltiger, der fünf Tage nach der Tat verhaftet wurde, wurde jetzt eine psychiatrische Begutachtung angeordnet, berichtet sein Anwalt Martin Mörsdorf aus Bonn. Er werde prüfen, ob die vorgeschlagenen Sachverständigen aus Sicht seines Mandanten „auch in Frage kommen“.

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