„Nummer eins in Europa“ZF-Werk in Eitorf von Schließung bedroht – Bürgermeister: Letztes deutsches Werk für Stoßdämpfer

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Warnstreik der IG Metall bei der Firma ZF Friedrichshafen in Eitorf vor dem Haupteingang mit Kollegen der Firma HSP Hochspannungsgeräte aus Troisdorf.

Mit Demonstrationen setzen sich Mitarbeiter von ZF in Eitorf gegen die angekündigte Schließung ein. (Archivfoto)

Das ZF-Werk in Eitorf ist von der Schließung bedroht. Bürgermeister Rainer Viehof betonte nun die Vorteile des Werks in seiner Gemeinde. Und wandte sich mit dem Anliegen sogar an das Kanzleramt in Berlin.

Das Know-how der Fachkräfte, das sei das Pfund, mit dem das von der Schließung bedrohte ZF-Werk bei den Verhandlungen zwischen dem Firmenvorstand und dem Betriebsrat wuchern könne, die im Januar 2023 anlaufen sollen. Davon ist Eitorfs Bürgermeister Rainer Viehof (parteilos) überzeugt.

„Wir sind das letzte Stoßdämpferwerk in Deutschland“, sagte er im Gespräch. „Das Know-how, das es hier in Eitorf gibt, das haben wir sonst nirgendwo in Deutschland.“ Das Werk in Eitorf sei zwar ein kleines, aber eines mit großer Kernkompetenz.

Gebe es ein Problem in anderen Fertigungen, würden eiligst die Eitorfer als Feuerwehr geholt. „Von hier fahren die Fachkräfte in die Werke auf der ganzen Welt. Hier werden die Stoßdämpfer für den neuen Porsche entwickelt und in die Produktion gebracht. Wir sind hier die Nummer eins in Europa.“

Eitorfer Bürgermeister Viehof wendet sich ans Kanzleramt

Dass die in Eitorf entwickelten Muster-Stoßdämpfer dann allerdings im Ausland in die preiswerte Massenproduktion gehen, das schmeckt dem Bürgermeister nicht. „Da fragt man sich doch, ob die Fachkräfte in Deutschland eliminiert werden sollen. Die Menschen machen doch das Potenzial des Konzerns aus“, sagt Viehof.

Auch die Bundesregierung müsse ein Interesse daran haben, dass der Produktionsstandort Deutschland gestärkt werde. Daher habe er sich mit Unterstützung von Bundestagsmitglied Sebastian Hartmann (SPD) bereits an das Bundeskanzleramt gewandt, um die Causa ZF in Eitorf auch in Berlin auf die Tagesordnung zu bringen.

Porträtbild von Eitorfs Bürgermeister Rainer Viehof

Eitorfs Bürgermeister Rainer Viehof

Die Verlagerung der Produktion ins Ausland sei aber nicht nur wegen des drohenden Wegfalls von Arbeitsplätzen in Deutschland und aus Gründen des ökologischen Fußabdrucks problematisch. Nicht immer seien die preiswert produzierten Chargen tauglich, habe er erfahren, führt Viehof aus. „Wenn in Indien produziert wird, müssen die Produkte in Schweinfurt überprüft werden. Das kann doch nicht wirtschaftlich sein.“

Aus seiner Sicht steckt noch einiges an Potenzial im Eitorfer Werk. Denn Stoßdämpfer seien ja nicht vom Transformationsprozess vom Verbrenner auf E-Motor betroffen. Ebenso würden im Werk Schienendämpfer für die Deutsche Bahn produziert, die Sparte mache Plus.

Flexibilität des Eitorfer ZF-Werks ist Pluspunkt, aber auch Kostenfaktor

Auch der Dämpfer für den Golf 8 werde hier hergestellt, das Modell laufe nun aus. „Hier gibt es eine Halle, in der Maschinen stehen, die nicht laufen. Für ausgelaufene Fahrzeugmodelle, für die ab und an Ersatzteile produziert werden. Diese Flexibilität ist aber ein Kostenfaktor“, gibt der Bürgermeister zu bedenken.

Eine Optimierung der Produktionsstraße sei nie erfolgt, ein Teil der Maschinen stamme aus den 60er Jahren. „Wir könnten optimieren und fünf Prozent Personalkosten drücken. Damit wären wir weltweit konkurrenzfähig“, meint Viehof.

Die Bundesanstalt für Arbeit habe bereits mit der Werksleitung Kontakt aufgenommen, um zu eruieren, welche Qualifizierungsmaßnahmen sie anbieten könne, damit das Werk weiter Bestand habe. „Wir als Gemeindeverwaltung schauen, wie wir den Prozess begleiten und wie wir unterstützen können“, so Viehof.

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