Kinder aus dem Fenster geworfenFrau litt zehn Jahre unter der Gewalt ihres Mannes

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Einsatz an einer Flüchtlingsunterkunft in Lohmar

Einsatz an einer Flüchtlingsunterkunft in Lohmar

Lohmar – Fast zehn Jahre lang habe sie unter den Gewaltausbrüchen ihres Ehemannes gelitten, seine eigenen Kinder soll er nie geliebt haben. Im Prozess gegen den syrischen Flüchtling, der im Februar seine drei kleinen Kinder aus dem Fenster einer Flüchtlingsunterkunft in Lohmar geworfen haben soll, sagte am Dienstag die Ehefrau vor dem Bonner Landgericht aus und belastete den 35-Jährigen schwer. Auch die Mitbewohner des Ehepaares sagten aus.

Mit Kochtopf ins Gesicht geschlagen

Vergangene Woche hat der Prozess gegen den Syrer begonnen, der wegen gefährlicher Körperverletzung und dreifachen versuchten Mordes mit gefährlicher Körperverletzung angeklagt ist.

Zunächst soll er seine Ehefrau am 4. Januar mit einem Kochtopf ins Gesicht geschlagen haben, am 1. Februar soll er schließlich die drei gemeinsamen Kinder im Alter von einem bis sieben Jahren aus den Fenstern der Wohnung in der Flüchtlingsunterkunft geworfen haben.

Schwere Verletzungen

Die Kinder erlitten teils schwere Verletzungen durch den Sturz aus dem ersten Stock. Sein Motiv laut Anklage: Er habe wollte seine Ehefrau bestrafen, weil sie nicht mehr seinem Rollenbild folgen wollte.

Die 31-Jährige selbst zeichnete nun ein genaueres Bild der Hintergründe: Als sie ihren Mann 2007 geheiratet habe, hätten das die Familien für sie entschieden, erzählte die junge Frau. Sie selbst habe ihren Ehemann vor der Hochzeit gar nicht gekannt. „Im ersten Jahr lief noch alles gut“, erzählte sie, „doch dann wurde er schlecht.“

Nach der Geburt der ersten Tochter soll er immer häufiger gewalttätig geworden sein. Vielleicht, weil er die Kinder nach Aussage der Ehefrau nicht geliebt habe. Er habe nie mit ihnen spielen wollen, ihnen keine Liebe gezeigt.

Schilderung der Nachbarin

Ein Ehepaar, das ebenfalls in der Flüchtlingswohnung lebte, schilderte die Situation ähnlich. Zwar habe sie nie gesehen, dass der Vater seine Kinder geschlagen habe, aber er habe ihr einmal erzählt, seine Kinder liebten ihn nicht, erinnerte sich die Zeugin. Die 27-Jährige sagte, sie habe immer wieder mitbekommen, wie die beiden sich gestritten hätten. Schließlich habe sie mit ansehen müssen, wie der Angeklagte seine älteste Tochter aus dem Küchenfenster geworfen habe.

Ein Streit soll bereits im Januar eskaliert sein: Seine Ehefrau habe für ihn etwas anderes kochen sollen als für seine Kinder. Als die 31-Jährige daraufhin beim Vorbereiten in der Küche eine Sprachnachricht an ihre Schwester versandt habe, soll der Angeklagte geglaubt haben, sie habe aufgehört zu sprechen, weil er den Raum betreten habe.

Mann angezeigt

Daraufhin habe er ihr mit dem Kochtopf ins Gesicht geschlagen. „Da hat es mir gereicht“, berichtete die Syrerin. Sie zeigte ihren Mann an, der zehn Tage später jedoch in die gemeinsame Wohnung zurückkehrte.

Schließlich soll er seiner Frau gedroht haben, die Kinder aus dem Fenster zu werfen, wenn sie ihn noch einmal anzeige. Am 1. Februar eskalierte der nächste Streit: Als sie sich mit Kopfschmerzen ins Bett gelegt habe, soll er die Drohung wahr gemacht und nacheinander die drei Kinder aus dem Fenster geworfen haben. Durch die Rufe ihrer Kinder und der Nachbarin aufgeschreckt, lief die Frau auf die Straße vor dem Haus: „Meine Tochter sah schrecklich aus“, erinnerte sich die Mutter weinend an den Moment, in dem sie ihre Kinder fand.

An Autounfall gedacht

Doch bis ihr Mann festgenommen wurde, glaubte sie nicht, dass er der Täter sei. „Ich dachte es wäre ein Autounfall passiert, der meine Kinder verletzt hat“, erzählte sie. Deshalb habe sie ihre jüngste Tochter auch noch dem Vater auf den Arm gegeben, „weil sie solche Angst gehabt hat“. Der Angeklagte habe die Szene unberührt beobachtet. Bei der Schilderung vor Gericht brach er immer wieder schluchzend in Tränen aus und lag minutenlang mit dem Kopf auf dem Tisch.

Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt, dann soll sich der Angeklagte, der während der Vernehmung seiner Ehefrau den Saal verlassen musste, zu den Vorwürfen äußern.

Aktenzeichen: 28 KLs 7/16

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