Schrammas SohnRingraser müssen nicht ins Gefängnis

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Die beiden Angeklagten Mehmed K. (l.) und Bülent D. (r.) mit ihren Verteidigern im April 2002 auf der Anklagebank des Kölner Amtsgerichts.

Die beiden Angeklagten Mehmed K. (l.) und Bülent D. (r.) mit ihren Verteidigern im April 2002 auf der Anklagebank des Kölner Amtsgerichts.

Köln – Bericht vom 29.10.2002

Das Landgericht hat das Urteil gegen die so genannten Ringraser aufgehoben: Die beiden Männer erhielten Bewährungsstrafen.

Die beiden „Ringraser“ müssen nun doch nicht ins Gefängnis. Nach sieben Verhandlungstagen hat eine Berufungsstrafkammer des Landgerichts gestern das Amtsgerichts-Urteil vom April (drei Jahre Haft und fünf Jahre Führerscheinentzug) aufgehoben. Wegen fahrlässiger Tötung, fahrlässiger Körperverletzung in sechs Fällen und fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs verurteilte das Gericht Mehmed K. (25) und Bülent D. (24) zu je zwei Jahren Haft und drei Jahren Führerscheinentzug. Richter Jürgen Anspach betonte, dass man nicht mehr von „jugendlichem Fehlverhalten“ sprechen könne. Die Männer seien bei Rot „blindlings in die Kreuzung eingefahren“ und hätten dabei „alles riskiert“.

Zu Gunsten der Angeklagten wertete Anspach ihr Teilgeständnis und ihre Entschuldigung in der Berufungsverhandlung. Im März 2001 waren Mehmed K. und Bülent D. bei Rot in eine Kreuzung am Rudolfplatz eingefahren. Man könne ihnen nicht nachweisen, dass sie sich - wie viele Zeugen beobachtet haben wollen - auf ein Wettrennen verständigt haben. Dagegen spreche etwa, dass der Ring an dieser Stelle „als Strecke für eine Wettfahrt ungeeignet“ sei, da nur wenige Meter weiter die nächste Ampel stünde, sagte der Vorsitzende. Das Auto des 24-Jährigen kollidierte mit einem Skoda, der in eine Gruppe Fußgänger schleuderte. Dabei starb Stephan Schramma (31), seine Verlobte und fünf weitere Passanten wurden verletzt.

Nach Auffassung des Gerichts trägt der Skoda-Fahrer Mitschuld. Ob auch er bei Rot in die Kreuzung fuhr, lasse sich zwar nicht mehr klären, aber Gutachtern zufolge sei er 58 bis 65 Stundenkilometer schnell gewesen. Anspach: „Möglicherweise hätte der Unfall andere Folgen gehabt, wenn er 50 gefahren wäre.“ Die Strafe wurde auf Bewährung ausgesetzt, weil die Angeklagten jung seien und ihr Leben „noch aufbauen“ müssten.

Ulla Schramma, die Ehefrau des Oberbürgermeisters, schüttelte während der Urteilsbegründung den Kopf. Ihr Mann ließ sich in München per Telefon laufend unterrichten. Am Abend bedauerte er, dass die Strafe zur Bewährung ausgesetzt wurde: „Es geht nicht um Rache und auch nicht um Genugtuung. Auch ein noch so hartes Urteil hätte meiner Frau und mir unseren Sohn nicht zurückgeben können. Eine weitere Kommentierung des Richterspruchs möchte ich mir nicht anmaßen: In dubio pro iudice.“ Staatsanwalt Günter Krautkremer, der dreieinhalb Jahre Haft gefordert hatte, will möglicherweise Revision einlegen. Die Anwältin von Bülent D., Caroline Boxleitner, dagegen lobte das Gericht für seine „neutrale Bewertung“, hätte sich aber „noch mehr Konsequenz“ bis zu einem Freispruch gewünscht.

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