„Bo hat beim FSV alle angezündet“Henriksen und Mainz sind heiß auf das Rettungs-Duell gegen den 1. FC Köln

Lesezeit 5 Minuten
Bereits eine Stunde vor dem Heimspiel gegen Hoffenheim (4:1) heizt der Mainzer Trainer Bo Henriksen die FSV-Fans ein.

Bereits eine Stunde vor dem Heimspiel gegen Hoffenheim (4:1) heizt der Mainzer Trainer Bo Henriksen die FSV-Fans ein.

Ex-Schalke-Star Ebbe Sand vermittelte den Kontakt zwischen Bo Henriksen und dem FSV Mainz. Der Trainer wurde um die Jahreswende auch in Köln gehandelt.

Er wird es am Sonntag (17.30 Uhr, Dazn) vor dem Heimspiel gegen den 1. FC Köln wohl wieder tun. Eine Stunde vor dem Anpfiff betritt er die Mainzer Mewa Arena, schreitet dann schnurstracks auf die Heimkurve zu und legt die Stimmungslunte. Mit Gesten peitscht er die eigene Anhängerschaft ein, emotionalisiert sie. Jedenfalls die, die schon im Stadion sind. Vom harten Kern sind das aber einige. Würde man Bo Henriksen nicht mittlerweile einigermaßen kennen, könnte man ihn für den einigermaßen durchgeknallten Animateur oder Warm-Upper einer TV-Show halten. Doch vielmehr scheint der „leicht Bekloppte“ ziemlich schlau zu sein. Denn seine Rechnung geht bisher auf. Und das nicht nur wie beim 4:1-Heimsieg gegen die TSG Hoffenheim vor zwei Wochen, als er zuletzt den Einpeitscher gegeben hatte.

Denn Bo Henriksen hat den FSV Mainz 05 wachgerüttelt. Wiederbelebt. Und die Mannschaft dem Klassenerhalt somit ein ganzes Stück nähergebracht. Der dänische Coach hat seit seiner Amtsübernahme Mitte Februar in neun Partien 15 Punkte geholt. Mit 1,67 Punkten im Schnitt hat er die beste Trainer-Bilanz im Keller. Kölns Tim Schultz kommt im Vergleich in 14 Spielen auf einen Punkteschnitt von 0,86. Henriksens Vorgänger in Mainz schafften gerade einmal zwölf Zähler aus 21 Partien. Als der Däne übernahm, schien die Rettung noch in weiter Ferne. Vor allem, weil Mainz offensiv fast nichts gelang. Nur 16 Tore standen nach 21 Spielen zu Buche. Jetzt sind es nach 30 Spieltagen 31 Treffer, in nur neun Spielen unter dem Dänen wurde die Ausbeute nahezu verdoppelt. Die Mainzer feiern ihren „Happy Bo“. Und der womöglich bald mit ihnen die Rettung. Mit einem Sieg gegen den FC hätten sie zumindest den Relegationsplatz bei acht Punkten Vorsprung auf die Kölner so gut wie sicher.

Eine neue Energiequelle„Wir haben mit Bo auch eine neue Energiequelle gefunden“, meinte Martin Schmidt, der Mainzer Sportdirektor. Stürmer Jonathan Burkhardt, der nach großen Problemen in der Hinrunde wieder gesund und fit ist und in diesem Jahr bereits sechs Tore erzielt hat, sagte zuletzt nach dem 4:1 über Hoffenheim: „Der Trainer motiviert uns überragend.“ Und der junge Mittelfeldspieler Brajan Gruda schwärmte: „Ich liebe diesen Trainer.“

Schon vor drei Jahren schaffte Mainz mit Svensson die Wunder-Rettung

Nach der Wunder-Rettung von vor drei Jahren unter Trainer Bo Svensson, der die Mannschaft nach nur sieben Vorrunden-Punkten am Ende noch mit 39 Zählern auf Platz zwölf und am Ende souverän zum Klassenerhalt geführt hatte, könnten die Mainzer mit ihrer Trainer-Wahl im Überlebenskampf erneut goldrichtig gelegen haben.

Und bei dieser spielt auch die Beziehung zwischen dem früheren Schalke-Stürmer Ebbe Sand und dem Mainzer Vorstand Sport Christian Heidel eine Rolle, der als FSV-Manager bereits 2001 Jürgen Klopp und 2009 Thomas Tuchel zum Cheftrainer befördert hatte. Der frühere dänische Top-Stürmer Sand und Heidel kennen und schätzen sich aus der gemeinsamen Zeit bei Schalke 04, der Kontakt riss auch danach nie ab.

Ex-Star und Berater Ebbe Sand: „Bo holt aus Spielern das Beste heraus“

Der 51-jährige Sand arbeitet seit einigen Jahren als lizenzierter Spielerberater für die dänische Agentur Elite Consulting. Und betreut auch den Trainer Henriksen. Der 66-fache Nationalspieler Dänemarks vermittelte den Kontakt. „Ich hatte mehrfach mit Christian über Bo gesprochen. Wir waren uns von Anfang an ziemlich sicher, dass das mit Bo und Mainz passen könnte. Eine Garantie gibt es dafür zwar nie, aber Bo hatte ja bereits beim FC Midtjylland und zuletzt beim FC Zürich bewiesen, zu was er in der Lage ist, wie er einen Verein innerhalb kürzester Zeit anzünden und eine Euphorie entfachen kann. Und das hat er jetzt auch in Mainz hinbekommen – auch wenn der Klassenerhalt natürlich noch nicht geschafft ist“, sagt Sand im Gespräch mit dieser Zeitung. Henriksen hatte mit Midtjylland den dänischen Pokal gewonnen und führte danach den Schweizer Traditionsklub Zürich, der als Meister sagenhaft abgestürzt war, vom letzten Tabellenplatz zwischenzeitlich zurück an die Tabellenspitze.

Ex-Stürmer Sand, der 282 Pflichtspiele (102 Tore) für Schalke bestritt, wehrt sich aber dagegen, Henriksen in die Schublade des Motivators zu stecken, der zwar kurzfristig Erfolg haben kann, sich dann aber auch sehr schnell verbraucht. „Wer Bo und seine Arbeitsweise genau verfolgt hat, der weiß, dass er nicht nur ein Top-Motivator ist, sondern dass bei ihm auch viel mehr dahintersteckt. Er ist auch ein akribischer Fachmann mit Stärken im taktischen Bereich. Aber Bo zeichnet natürlich auch aus, dass er genau weiß, wie er mit Menschen umgehen muss. Er ist ein Menschenfänger. So schafft er es, aus den Spielern das Beste herauszuholen.“

Henriksen war auch beim FC ein Thema, doch heiß wurde es nicht 

Dieser „Menschenfänger“ war auch um die Jahreswende beim 1. FC Köln ein Thema. Zumindest wurde sein Name nach der Trennung von Steffen Baumgart tagelang öffentlich am Geißbockheim gehandelt. Kolportiert wird, dass Henriksen auch dem FC angeboten, die Kölner allerdings der Seite des Dänen abgesagt hätten. Darauf möchte Sand nicht explizit eingehen. Aber so heiß war das Thema auch offenbar nicht, „denn andernfalls hätte ich davon gewusst“, so Sand. Dem FC Zürich lag seinerzeit auch keine Anfrage des 1. FC Köln für Henriksen vor, der sich Anfang Januar bekanntlich für Schultz entschied, der mit seiner Mannschaft Vorletzer ist.

Mainz dagegen steht erstmals seit dem zweiten Spieltag nicht auf einem der drei letzten Plätze und darf mehr denn je vom Klassenerhalt träumen. Henriksen hofft mit Blick auf das Kellerduell gegen Köln auf eine Vorentscheidung im Abstiegskampf. Zumindest zwischen seiner Mannschaft und dem FC. „Das ist ein großes, großes Spiel. Es ist das erste von vier Endspielen für uns. Wir müssen Gas geben – und sind dann hoffentlich acht Punkte vor Köln.“

Schultz und seine Mannschaft müssen am Sonntag indes dafür sorgen, dass Henriksens Mainzern die Energie ausgeht. Denn andernfalls geht beim FC im Kampf um die Rettung wohl schon das Licht aus. „Mainz spielt in den letzten Wochen echt guten Fußball“, sagt Kölns erfahrener Offensivspieler Mark Uth, „wir haben nur noch diese eine Chance.“ Sie sollten sie nutzen.

KStA abonnieren