KooperationDas verspricht sich der 1. FC Köln von seinem China-Engagement

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PIC FC China

FC-Präsident Werner Spinner (l.) und DFL-Chef Rauball (r.) führt eine chinesische Delegation über das Geißbockheim-Gelände.

Köln – Um die Dimensionen des neuen Fußball-Markts China auszuleuchten, hat DFB-Generalsekretär Friedrich Curtius neulich auf dem DFB-Bundestag ein beeindruckendes Zahlenspiel präsentiert: Das WM-Finale 2014, in dem die deutsche Elf Weltmeister wurde, hatte in China mehr TV-Zuschauer als Deutschland Einwohner. Und das, obwohl es in Peking drei Uhr morgens war und kein Chinese mitspielte. 2030 soll das anders sein - und wenn es nach Staatschef Xi Jinping geht, wird China dann in Peking im Finale einer Heim-WM stehen.

Das ist ein weiter Weg, vor allem sportlich. China ist 83. der Weltranglisten. Aber wenn man mit deutschen Funktionären spricht, die in der vergangenen Woche mit einer Delegation aus China um Vize-Premierministerin Liu Yandong diverse Abkommen geschlossen haben, fällt über das ehrgeizige Entwicklungshilfe-Programm der Gäste immer wieder das gleiche Wort: "Generalstabsmäßig."

Andere Vereine werden folgen

Am Samstag hatte der 1. FC Köln die Kooperation mit dem Erstligisten Liaoning FC aus Shenyang bekanntgeben. Bayer 04 Leverkusen tastet sich mit einem Programm für Jugend- und Frauenfußball in der Stadt Boatou in der Inneren Mongolei an die Sache heran. Bei Borussia Dortmund gibt es Planungen, die noch nicht abgeschlossen sind. Andere Vereine werden folgen.

Eingerahmt wird alles von einer Vereinbarung der Fußballverbände, und - im Sportbereich ungewöhnlich - einem auf fünf Jahre angelegten Kooperationsvertrag auf Regierungsebene. "Das hat es meines Erachtens in der ganzen Welt noch nicht gegeben", sagt Reinhard Rauball, Präsident der Deutschen Fußball-Liga (DFL). Deutschland exportiert das Know-how des Männer-Weltmeisters und Frauen-Olympiasiegers mit höchstem Regierungssegen wie sonst Industrieanlagen oder Rüstungsgüter.

1. FC Köln pflegt schon seit einem Jahr gute Verbindung nach China

Die Verbindung des FC nach China, sagt Geschäftsführer Alexander Wehrle, bestehe schon seit einem Jahr und sei "logisch." Seit März 2015 gehört der FC- und DFB-Vermarkter Infront, den Joseph Blatters Sohn Philippe führt und bei dem Günter Netzer auf einem Direktorenposten sitzt, mehrheitlich der chinesischen Wanda-Gruppe. So entstand der Kontakt zum Klub des ehemaligen FC-Stürmers Anthony Ujah. "Wir haben gesagt: Wir suchen uns einen Kooperationsverein, der zu uns passt und versuchen, von dort ausgehend erstmal die Menschen in der Provinz Shenyang zu begeistern und von dort aus die Schrittfolge nach China auszurollen. Die Kooperation auf Länderebene und die der Verbände hilft uns natürlich," berichtet Wehrle.

Die Bundesliga ist beliebt in China, die deutschen Klubs sehen große Umsatzpotenziale im Merchandising, Abnehmer für Bundesliga-Fernsehrechte und neue Sponsoren. "Dass China für uns ein attraktiver Markt ist, habe ich immer wieder betont. Ich verspreche mir langfristig eine nachhaltige Steigerung des Images und des Bekanntheitsgrades", sagt Bayer-04-Geschäftsführer Michael Schade. Die Leverkusener werden sich beim Aufbau eines Nachwuchsleistungszentrum in Boatou und im Frauenfußball der Stadt in der Inneren Mongolei engagieren. Die Bayer AG sei mit den Standorten Peking und Schanghai ohnehin eine der bekanntesten Auslandsmarke in China. Um Vermarktungserfolge wie mit Heung-Min Son (Südkorea) oder Chicharito (Mexiko) zu wiederholen, fehlt es aber am Wichtigsten: Einem chinesischen Spieler mit Bundesliga-Niveau. "Den gibt es im Moment noch nicht", sagt Schade.

So groß das Interesse am Markt in Fernost ist, so schwierig ist es für den Fußball, sich zu gesellschaftspolitischen Umständen in China zu positionieren, zu Menschenrechtsverletzungen, Zensur, katastrophalen Umweltschutz-Situationen wie bei Boatou, der Stadt, in der Bayer 04 wirken wird. Der dortige schwarze See aus giftiger Schlacke vom Abbau seltener Erden erinnerte einen BBC-Reporter an die "Hölle auf Erden."

Während Schade zu politischen Fragen nicht zitiert werden möchte, sagt Wehrle: "Der Fußball kann verbinden. Und für uns als FC ist klar: Wir stehen zu unserer Charta und unseren Wertvorstellungen und die werden wir mit Sicherheit in die Kooperation mit einfließen lassen. Alles andere sind gesellschaftspolitische Themen, die nicht unsere vorderste Aufgabe sind. Dafür haben wir die Politik."

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