Tapetenfabrik lädt zur Besichtigung

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Markante Köpfe: Künstler Holger Schmidt zwischen seinen Werken. Sein Atelier ist neu in Beuel.

Markante Köpfe: Künstler Holger Schmidt zwischen seinen Werken. Sein Atelier ist neu in Beuel.

Bonn - Noch riecht es nach frischer Farbe und der Besucher muss aufpassen, dass er nicht über ausgelegte Plastikplanen stolpert. Die Dämmplatten für die Probenräume lehnen schon im Flur. Dort diskutieren drei gut gelaunte Musiker über die Farbe des neuen Teppichs.

Die drei Geschäftsführer einigen sich auf einen hellen Grünton. Am Samstag, 15. September, soll zu den Fabriktagen der Tapetenfabrik alles fertig sein. In der Tapetenfabrik, die die Familie Quadt 1985 ersteigert hat, sind inzwischen rund 70 Unternehmen und Ateliers zuhause.

Das alte Fabrikgebäude ist zu einem lebendigen Kulturzentrum geworden. Die drei Musiker sind neue Mieter in der Fabrik mit ihrer Musikschule „Die Popfarm NRW - Die Profischule für Rock und Pop für Einsteiger und Fortgeschrittene“. Gründer und Geschäftsführer Thomas Väth liegt besonders das gemeinsame Musizieren seiner künftigen Schüler am Herzen.

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Gemeinschaftserlebnis

„Wir möchten, dass die Schüler möglichst früh in einer Band spielen, die wiederum auch von einem unserer Musiklehrer betreut wird“, erklärte Väth das Konzept.

„Rock- und Popmusik sind immer ein Gemeinschaftserlebnis. Wir wollen vor allem den Spaß an der gemeinsamen Musik vermitteln - egal ob das jetzt Reggae, Rock oder Funk ist“, sagte Mit-Geschäftsführerin Anke Beuth, die als Sängerin schon mit Musikern wie Guildo Horn und BAP zusammen gearbeitet hat.

In der Popfarm sollen aber nicht nur Instrumente erlernt werden. „Wir verfolgen ein ganzheitliches Konzept und sehen uns als Musikverein des 21. Jahrhunderts, in dem auch die Computertechnik nicht vernachlässigt werden darf“, erklärte Mit-Geschäftsführer Michael Kernbach, der Produzent von Luci van Org.

Daher soll es ab März 2008 neben Kompositions-Workshops auch Kurse zu Produktionstechniken, Tontechnik und Bandmarketing geben. Aber auch musikalische Früherziehung für Kinder ab vier Jahren steht auf dem Stundenplan der Popfarm. In den Herbstferien bietet die Popfarm verschiedene Workshops an: Darunter auch: „Popfarm sucht den Superstar“. In diesem Workshop simulieren die Musiker ein Casting, wie es von verschiedenen Fernsehsendern angeboten wird. „Wir werden Tipps zur Gesangstechnik vermitteln und zeigen, was in einem Casting auf die Teilnehmer zu kommen kann“, erklärte Thomas Väth.

Im neuen, lichtdurchfluteten Atelier des Bildhauers Holger Schmidt steht alles schon am rechten Fleck. Und was nicht am rechten Fleck steht, kann mit Hilfe von Rollwagen leicht ins beste Licht gerückt werden. Im Schaufenster begrüßen grimmig dreinblickende Bronze-Köpfe den Besucher und vermitteln eine direkte Komik. Sie haben eine gewisse Ähnlichkeit mit den Karikaturen Loriots. Schmidts Skulpturen leben von der genauen Beobachtung der Bandbreite menschlicher Gesten, in denen jeder Betrachter etwas ihm sehr Vertrautes wiederentdecken kann.

Die meisten seiner Figuren sind frei erfunden. Zwischen den manchmal trotzig, manchmal hochnäsig oder einfach gelangweilt dreinschauenden Skulpturen, die echte Typen sind, stehen weiße filigrane Plastiken von zarten Frauengestalten. Über dem vielfältigen Figurenensemble thront eine Büste von SPD-Politiker Egon Bahr.

Besonders stolz ist Holger Schmidt auf die Büste von Alt-Bundespräsident Johannes Rau, deren Original das Bundespräsidialamt in Berlin schmückt. „Gerne würde ich auch mal eine Büste von Heiner Geisler fertigen. Sein markantes Gesicht reizt mich künstlerisch sehr“, verriet Schmidt. Neben seinem künstlerischen Schaffen beherrscht Schmidt auch das traditionelle Kunsthandwerk des Bildhauers, zu dem auch das Fertigen von Totenmasken gehört. „Viele Menschen können nicht verstehen, dass ich diese Arbeit mache. Heutzutage versuchen die Menschen den Tod aus der Gesellschaft zu verbannen“, sagte Schmidt. Für Schmidt ist das Abnehmen einer Totenmaske ein sakraler Moment, der jedoch nichts mit Religion zu tun hat. „Es ist eine ganz ruhige Atmosphäre“, beschreibt er seine Arbeit.

Angehörige legen sich die Totenmasken auf den Schreibtisch oder auf ein kleines Podest in ihrer Wohnung. „Dieses Fassbare der Totenmaske lässt den Tod für viele Menschen erst zu etwas Begreifbarem werden. Die Maske kann einen wichtigen Beitrag zur Trauerarbeit leisten, gerade wenn es sich um einen plötzlichen Tod handelt“, erklärte Schmidt. (hfa)

Die Taptenfabrik öffnet am Wochenende 15. / 16. September ihre Tore jeweils ab 14 Uhr. In der Auguststraße 2-36 gibt es Tanzaufführungen und Konzerte. Ateliers sind geöffnet.

 www.tapetenfabrik.de

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