Bahntochter DB CargoBahn will 25 Güterbahnhöfe in NRW schließen

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In Deutschland sollen 215 Güterbahnhöfe geschlossen werden.

  • In Deutschland sollen 215 Güterbahnhöfe geschlossen werden.
  • Das geht aus einer geheimen Streichliste der Bahn-Tochter DB Cargo hervor.
  • Die Bahn will in NRW 25 Verladestellen schließen und an weiteren 26 Standorten die Bedienung einschränken.

Köln – Die Rotstiftpläne von Bahnchef Rüdiger Grube gefährden in Nordrhein-Westfalen viele Frachtbahnhöfe und Arbeitsplätze bei DB Cargo. Eine bisher vertrauliche Streichliste des Staatskonzerns sieht vor, dass 25 Güterverkehrsstellen in den DB-Regionen Köln, Hamm und Osnabrück bereits zum Jahresende komplett geschlossen werden sollen. Fünf weitere Logistikstandorte will die Deutsche Bahn nur noch bei Bedarf bedienen, an 21 weiteren soll die Bedienung teils stark eingeschränkt werden (siehe nächste Seite).

Die harten Einschnitte bei der Bahntochter DB Cargo sorgen seit Monaten für große Unruhe im bedeutendsten deutschen Staatskonzern und für Proteste bei Betriebsräten und Gewerkschaften. Europas größte Güterbahn fährt seit fünf Jahren Verluste ein. Deshalb sollen bundesweit mindestens 215 der noch 1500 Verladestationen geschlossen und wenigstens 2100 Arbeitsplätze gestrichen werden. Weitere 53 Logistikstandorte sollen nur noch bei Bedarf bedient und an 101 Bahnhöfen die Bedienung reduziert werden. Zunächst war sogar die Schließung jedes dritten Standorts geplant.   

Besonders viele ostdeutsche Bahnhöfe

Die Kürzungspläne betreffen neben NRW besonders Ostdeutschland, wie die Streichliste und weitere interne Strategiepapiere beweisen. Allein in Berlin und Brandenburg sollen insgesamt 33 Frachtbahnhöfe geschlossen werden, das wäre mehr als ein Siebtel aller Stationen, die vor dem Aus stehen. In Mecklenburg-Vorpommern sollen elf Verladestellen dichtgemacht werden, in Sachsen 18, in Sachsen-Anhalt 13 und in Thüringen fünf.

DB Cargo-Betriebsrat Thomas Pfarr hat die Kürzungspläne bereits scharf als „Irrweg“ kritisiert, da künftig noch mehr Güter klimaschädlich über die Straße rollen würden. Die DB-Spitze räumt in einem internen Strategiepapier sogar ausdrücklich ein, dass die „Verlagerung auf Lkw“ zu den „alternativen Bedienkonzepten“ gehören soll. Unter dem Dach des Staatskonzerns fährt mit der DB Schenker auch die größte Lkw-Spedition Europas.

DB Cargo relativiert

Die Deutsche Bahn betont, es seien noch keine Entscheidungen gefallen und die 215 von der Schließung bedrohten Standorte lieferten nur 0,4 Prozent des Gesamtumsatzes von DB Cargo. Die Verladestellen würden „nicht geschlossen“, sondern lediglich „nicht mehr angefahren“. Bei besserer Auftragslage könne man die Bedienung wieder aufnehmen. Ziel sei, Anfang 2017 mit der Umsetzung der Pläne zu beginnen.

Am 8. Juni berät der Aufsichtsrat erneut über die Rotstiftpläne, die zum Konzept „Zukunft Bahn“ gehören, mit dem Konzernchef Grube den Transportriesen aus den tiefroten Zahlen bringen will. Das ursprüngliche Konzept sieht sogar die Aufgabe von 18 der bundesweit 39 dezentralen Standorte von DB Schenker Rail vor und die Schließung von mehr als 400 Frachtbahnhöfen. Die Eisenbahnverkehrsgewerkschaft (EVG) hat dafür aber die Zustimmung verweigert und verlangt eine „Langfriststrategie“. Bisher sei nicht erkennbar, wie DB Cargo mehr Verkehr auf die Schiene bringen wolle, kritisierte EVG-Vorstand Martin Burkert Ende März. Die bisherigen Pläne seien „nicht zustimmungsfähig“.     

Die EVG und der Betriebsrat besetzen die Hälfte der 20 Sitze im DB-Aufsichtsrat und können so entscheidend mitbestimmen. In Arbeitnehmerkreisen wird befürchtet, dass bei DB Schenker Rail mittelfristig bis zu 5000 der noch knapp 31 000 Stellen wegfallen könnten. Auch die Verlagerung der Zentrale von Mainz nach Frankfurt wurde bereits erwogen. In der Gütersparte hat die DB bereits voriges Jahr überraschend 1,3 Milliarden Euro außerordentliche Abschreibungen vorgenommen, die lapidar mit „Neubewertungen“ begründet werden.

Nur 67 Prozent der Komplettzüge pünktlich

DB Cargo hat allein 2015 rund 183 Millionen Euro Verlust eingefahren. „Qualität, Produktivität und Markterfolg unbefriedigend - Wirtschaftlichkeit kritisch“, so fassen DB-Manager und McKinsey-Berater die kritische Situation von Europas größter Güterbahn in internen Analysen zusammen. Seit 2011 habe die vormalige DB Schenker Rail acht Prozentpunkte Marktanteil verloren, bei Transporten der Autobranche sogar elf Prozent.

An erster Stelle der Ursachen wird dabei selbstkritisch die mangelnde Qualität des eigenen Angebots genannt, also hausgemachte Fehler. So würden Zusagen an die Kunden „vielfach nicht eingehalten“, nur 67 Prozent der Komplettzüge seien pünktlich und nur 72 Prozent der Einzelwagen. Bei Autotransporten auf der Schiene liegt die Quote demnach nur bei 72 Prozent, bei der Zulieferung von Fahrzeugteilen gar bei nur 60 Prozent. Sogar zugesagte Regelzüge würden abgesagt. Auch beim Containertransport profitiere man wenig vom Wachstum im Güterverkehr, anders als konkurrierende Bahnen und Lkw-Speditionen. 

Diese DB-Verladestellen in NRW sollen schließen

Das interne Papier „Zukunft Bahn @ DB Cargo“ führt unter der Überschrift „Wirtschaftliche Optimierung Nahbereich“ folgende 26 Güterverkehrsstellen in NRW auf, an denen die Bedienung eingestellt werden soll:

Aachen Nord, Aachen Rothe Erde, Bad Driburg, Beckum, Bockum-Hövel, Bonn, Bonn-Beuel, Brügge (Westfalen), Euskirchen, Geseke, Gütersloh Ost, Harsewinkel West, Herford, Jülich, Köln Bonntor, Krummenerl (Märkischer Kreis), Lüdinghausen, Remscheid Hauptbahnhof, Remscheid-Güldenwerth, Rheydt (Güterbahnhof), Rheydt-Geneicken, Versmold, Wuppertal-Oberbarmen, Rheine, Rheine Stadtberg  

Weitere fünf Verladestellen sollen nur noch bei Bedarf bedient werden:

Ahaus (Kreis Borken), Deuten (Recklinghausen), Dülmen, Mönchengladbach-Rhd, Welsweiler (Aachen)

An 21 Standorten sollen die Bedienzeiten gekappt werden:

Derkum (Euskirchen), Detmold, Düsseldorf-Grafenbg., Ennepetal-Altenvoerde, Geseke Milke Zementwerk, Gevelsberg-Haufe, Gevelsberg-Vogelsang, Homberg (Niederrhein), Leopoldstal (Lippe), Moers, Oberhausen Hauptbahnhof, Remminghausen (Lippe), Remscheid-Bliedinghausen, Rommerskirchen, Spellen (Niederrhein), Trompet (Duisburg), Viersen, Walsum (Duisburg), Wuppertal Hauptbahnhof, Emsdetten (Steinfurt)

Thomas Wüpper, Berlin. /

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