Detecon-Chef Arnold„Köln ist attraktiv für junge, clevere Leute“

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Arnold Detecon

Heinrich Arnold

Herr Arnold, Sie sagen, die klassische Unternehmensberatung ist tot. Damit macht man sich in der Branche sicher nicht gerade Freunde.

Nein, aber so ist es doch: Die Art des Arbeitens verändert sich fundamental. Die alte Wasserfallmethodik funktioniert nicht mehr: Früher hat man als Unternehmensberater ein grandioses Großkonzept für viel Geld entwickelt – und dann wurde es monatelang in Pflichtenhefte und Prozesshandbücher übersetzt, die das Arbeiten von teilweise mehreren Tausend Menschen definiert haben. In Zeiten der Digitalisierung ist der Beratungsbedarf aber ein ganz anderer. Wir vertreten einen Co-Innovation-Ansatz. Das agile Arbeiten macht es möglich, dass auch kleine Teams von zehn Personen in einer Woche Neues schaffen können – auf Basis von Mikro-Konzepten. Entweder kann ich in dieser Produkt- oder Wertentwicklung einen sinnvollen Beitrag leisten oder ich bin raus.

Sie sind seit Jahresbeginn Detecon-Chef. Was haben Sie sich denn persönlich vorgenommen?

Der Markt wächst derzeit mit sieben Prozent. Wir wollen schneller wachsen als der Markt, insbesondere im Bereich Digitalisierung. Ich will die Detecon so weiterentwickeln, dass sie dauerhaft im Wettbewerb einen Schritt voraus ist, insbesondere was die Innovationsfähigkeit anbelangt. Aus meiner Zeit bei einer deutsch-chinesischen Firma kenne ich die Aggressivität anderer Nationen, die führende Position „made in Germany“ abzulösen. Ein echtes Anliegen ist mir, dazu beizutragen, die deutsche Wirtschaft in die nächste Technologie-Generation zu heben. (lacht) Ja – „Deutschland retten“, Detecon in die nächste Phase bringen, ich glaube das ist es.

Deutschland retten – wie lange brauchen Sie denn dafür?

15 Jahre. Nein. Im Ernst: Der digitale Wandel ist eine tiefgreifende Veränderung, von der praktisch alle größeren Unternehmen berührt sind. Viele Firmen werden erhebliche Schwierigkeiten haben, in zehn Jahren noch in dem Umfang Geschäft zu machen wie sie es heute tun. Solche Technologiesprünge, so genannte „disruptions“, haben wir in der Wirtschaftsgeschichte öfter gehabt. Eine fundamentale Veränderung war etwa die Einführung von Mikroprozessoren in der Fertigungstechnik. Die Maschinenbauindustrie ist damals in vielen Ländern verschwunden, weil man sich gegenüber dem japanischen Wettbewerb nicht behaupten konnte. So etwas ähnliches, nur viel breiter angelegt, lässt die Digitalisierung vermuten. Für Unternehmensberater ergeben sich natürlich großartige Chancen. Man braucht gute Leute, und um die konkurrieren alle: unsere Auftraggeber, aber auch wir.

Haben Sie Probleme, gute Leute nach Köln zu holen?

Nein. Für mich ist Köln die freundlichste und offenste Stadt in Deutschland. Das ist für junge clevere Leute ein attraktiver Standort.

Was sind denn die größten Veränderungen, die auf Firmen zukommen?

Die größte Gefahr für Produktionsunternehmen ist, den direkten Kundenkontakt zu verlieren, wenn sich eine Internetplattform dazwischenschiebt. Die Produkte gibt es natürlich weiter, aber die Gewinnspannen gehen woanders hin. Viele Tätigkeiten werden entweder automatisiert oder verlagert. Die, die es schaffen den Kundenkontakt auszubauen und die Kundenbeziehung zu verbessern, werden die Gewinner sein.

Sie sagen, Köln zieht clevere Leute an. Die Landesregierung plant ja hier auch ein „Rheinland-Valley“. Trotzdem zieht es viele nach Berlin.

Konkurrenz belebt das Geschäft. Entscheidend ist, dass man sich nicht abkoppelt, nur weil man selbst der Hotspot sein will. Sollen die Leute doch dem Ruf Berlins folgen – und dann um einige Erfahrungen reicher wiederkommen. Wenn eine Region weiterkommen will, tut sie gut daran, sich an Regionen anzudocken, die eine hohe Dynamik haben. Ins Silicon Valley kann man natürlich gehen. Das ist aber weit weg und extrem teuer. Sich an Berlin koppeln mit seiner internationalen Strahlkraft als Hauptstadt – das ist klug.

Besprechungsraum Bierstube bei Detecon in der Sternengasse.

Besprechungsraum Bierstube bei Detecon in der Sternengasse.

Detecon will auch in Kürze in Berlin einen neuen Standort eröffnen. Was planen sie genau dort?

„Cyber Security“ wird einer der Schwerpunkte in unserem Berliner Standort sein. Sicherheit ist derzeit ein Riesenthema und absolut geschäftsrelevant. Unternehmen freuen sich, dass sie vom Tablet aus die Produktion überwachen können. Aber da sind sie natürlich komplett angreifbar für Leute, die Böses im Schilde führen.

Der Standort Köln ist durch das neue Büro aber nicht in Gefahr?

Nein! In der Detecon schlägt ein Kölner Herz! Außerdem wollen wir ja wachsen – an etablierten Standorten, aber auch durch Neueröffnungen. Insgesamt wollen wir bis 2020 jedes Jahr um 100 Kollegen wachsen.

Zur Person

Heinrich Arnold (46) ist seit Februar Chef von Detecon International, der Unternehmensberatung der Telekom mit Sitz in Köln. Zuvor leitete er die Telekom Innovation Laboratories in Deutschland, Israel und dem Silicon Valley. Arnold hat Technische Physik studiert und Abschlüsse in Stanford, München und am MIT in Cambridge, Massachusetts erworben.

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