Leverkusener KonzernWie Bayer 04 die miese Laune bei der Bayer AG verbessert

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Aus der Vogelperspektive: Die Konzernzentrale in Leverkusen fügt sich harmonisch in den Carl-Duisberg-Park ein.

Frühlingsgefühle lösen die Erfolge der "Werkself" auch in Bayers Konzernzentrale aus.

Der Erfolg der Truppe von Xabi Alonso tut dem gebeutelten Unternehmen gut.

Gegensätzlicher könnte es kaum sein: Während die Konzern-finanzierten Fußballer von Bayer 04 von Sieg zu Sieg eilen und ziemlich sicher das erste Mal in der Vereinsgeschichte die Deutsche Fußballmeisterschaft erringen könnten, taumelt das Unternehmen und produziert ein schlechtes Ergebnis nach dem anderen. Der Aktienkurs erreicht immer neue Tiefststände, Bayers neuer Vorstandschef Bill Anderson findet in Leverkusen eine Baustelle vor, die noch viel größer ist, als er jemals geahnt hätte. Nichts weniger als ein tiefgreifender Kulturwandel muss her. Der indes Tausende Stellen kosten und die Verwaltung an der Kaiser-Wilhelm-Allee ganz besonders tangieren wird.

Wer sich nach 160 Jahren in derart schwerem Fahrwasser befindet, kann Erfolgsmeldungen gut gebrauchen. Und die liefert die von Xabi Alonso aufgemöbelte Fußball-Truppe zuverlässig. Fast noch wichtiger: Der „Werkself“, so die Eigenbeschreibung, fliegen wegen ihres Fußballs derzeit die Herzen zu. Alonso ist ein echter Sympathieträger, eine ganz neue Erfahrung für die bisher oft geschmähten „Pillenkicker“ aus Leverkusen. Image-mäßig, so sieht es derzeit aus, ist den Leverkusenern ein Coup gelungen.

Das Gefühl ist da in Leverkusen, aber noch keine messbaren Ergebnisse

Das genießt man in dem wirtschaftlich gebeutelten Unternehmen durchaus. „Wir gehen davon aus, dass sich durch die Erfolge der Mannschaft die Bekanntheit der Marke Bayer noch weiter steigern wird“, sagt auf Anfrage ein Sprecher des Konzerns. „Allerdings liegen uns hierzu noch keine belastbaren Zahlen vor.“ In der Vergangenheit habe sich aber gezeigt, „dass sich das Engagement der Bayer AG im kulturellen, sozialen und sportlichen Bereich positiv auf das Image des Unternehmens auswirkt“.

Indes katapultiert der sportliche Höhenflug der Fußballer diesen Werbeeffekt derzeit in ganz andere Dimension. Sollte die Meisterschaft in durch den durchaus wahrscheinlichen Pokalsieg und den denkbaren Gewinn der Europa-League zu einem Double oder Triple verwandelt werden, würde das alles bisher Dagewesene in den Schatten stellen. In dieser Hinsicht gibt sich der Sprecher allerdings recht zurückhaltend: „Wir hoffen, dass sich dieser Effekt durch Titel der Bayer 04-Fußballer künftig noch verstärkt.“

Wenigstens ein später Triumph für „Mister Bayer“, Werner Wenning

Intern sei die bevorstehende Titel-Sause der Konzern-Kicker natürlich ein Thema, das von den Problemen willkommen ablenkt, heißt es. „Wir wissen, dass weltweit viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unternehmens mit großem Interesse und gedrückten Daumen die tolle Saison des Teams verfolgen. Und in Gesprächen sowie den Kommentaren in unseren internen Medien sehen wir, wie sich die Erfolge auch positiv auf die Stimmung im Unternehmen niederschlägt.“ Das kann nur gut sein.

Absolut sicher ist, dass ein Mann diese Wochen ganz besonders genießt: Werner Wenning, früher Vorstandschef und dann als Chef-Aufseher eine der treibenden Kräfte bei der Monsanto-Übernahme, die Bayer seither vor allem viele Probleme eingebracht hat. Der Opladener ist seit vielen Jahren Vorsitzender des Gesellschafterausschusses von Bayer 04 und somit der große Geldgeber der Fußballprofis. Von diesem Ehrenamt kann er, der Bayer-04-Fan mit Leib und Seele, auch mit 77 Jahren noch nicht lassen. Der sportliche Erfolg wird die bitteren wirtschaftlichen Pillen für ihn im Moment vergessen lassen. 

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