Wolfferts-Chef„Wirtschaft braucht Zuwanderung“

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Mitarbeiter der Kölner Firma Apleona Wolfferts

Mitarbeiter der Kölner Firma Apleona Wolfferts

Der Chef des Kölner Gebäudetechnik-Unternehmens Apleona Wolfferts über die enorme Bedeutung von Mitarbeitern mit Migrationshintergrund und die energetische Gebäudesanierung. 

Herr Kever, wie stehen Sie zur aktuellen Migrationsdebatte, auch mit Blick auf den Fachkräftemangel?

Horst Kever:  Es geht nicht darum, nur Leute mit Migrationshintergrund zu akzeptieren, sondern sie aktiv in unsere Teams zu holen. Das tun wir auch, und das hat für uns aufgrund der aktuellen Diskussion einen besonderen Geschmack. Wir sind schon eh und je so aufgestellt, dass wir Kolleginnen und Kollegen aus aller Herren Ländern bei uns begrüßen und willkommen heißen. Wenn man sich die Fantasien von einigen Leuten ansieht, die in der Presse umgehen, dann bin ich alarmiert. Wenn das Realität würde: Unsere Belegschaft würde sich halbieren! Das ist nicht nur unmenschlich, sondern betriebs- und volkswirtschaftlich ziemlich unintelligent. Wir als Unternehmen sind Verfechter der Demokratie, und damit auch der Vielfalt. Es geht um den Team-Gedanken und darum, Menschen mit unterschiedlichem Background an Bord zu holen, kulturell, organisatorisch und technisch.

Was bedeutet das genau?

Bei uns heißt es natürlich auch, dass ein Mann seine Arbeitsaufträge von einer Frau bekommen kann. Das ist in unserer Gesellschaft normal und es erscheint vielleicht unnötig, dies hier zu erwähnen. Allerdings ist es unsere Erfahrung, dass dies doch nicht immer selbstverständlich ist und wir gut damit fahren, bei der Fachkräfterekrutierung aus dem Aus- und Inland darauf zu achten, dass dieser „kulturelle Fit“ gegeben ist. Das ist nur ein Beispiel. So ist Integration und Eingliederung eine herausfordernde Aufgabe für beide Seiten, für den neuen Kollegen oder die Kollegin, aber auch für das Unternehmen. Ich denke diese, ich gebe zu, etwas vereinfachte Darstellung, lässt sich gut auf die aktuelle gesellschaftliche Diskussion übertragen. Meine Maßgabe – tolerant und offen für Vielfalt, und unsere freiheitlich-demokratischen Werte gelten für alle.


Horst Kever ist Vorsitzender der Geschäftsführung Apleona Wolfferts GmbH. Das Kölner Unternehmen verfügt über langjährige Erfahrung in der Entwicklung und Umsetzung technischer Gebäudeausrüstung. Im Jahr 2024 feiert Wolfferts, wie die Firma umgangssprachlich genannt wird, ihren 125. Geburtstag. Das Unternehmen mit Sitz in Porz hat mehr als 1000 Mitarbeiter, darunter 280 Ingenieure und Techniker.


Sie sind seit vielen Jahren Manager und Ingenieur im Bereich der Energie- und Gebäudetechnik. Wann kam es, dass die heute in aller Munde befindliche Energieeffizienz bei Immobilien überhaupt eine Rolle spielte?

Nun, Energieeffizienz spielt schon lange eine Rolle. Nur die aktuelle Nachrichtenlage sorgt für mehr Öffentlichkeitswirksamkeit. Ja, die Energieeffizienz war für mich einer der Gründe, warum ich mich schon im Ingenieurstudium auf die Energie- und Gebäudetechnik fokussiert habe. Damals kam das Kyoto-Protokoll heraus, mit dem 21-Prozent-Ziel an CO2 Einsparungen. Das war schon damals ein Thema, in dem ich sehr viel Zukunft gesehen habe.

Ich studierte Maschinenbau mit einem Schwerpunkt Energie- und Kraftwerkstechnik. Mir war aber klar, ein Großteil der Energie in Deutschland geht in die deutschen Gebäude, groß wie klein, und damit war die Gebäudetechnik mein fachliches Zielgebiet. Es gab schon damals viele Energiespar-Konzepte. Aber dadurch, dass die Energiepreise noch recht niedrig waren, konnte man die Kunden meist nur begeistern, wenn das Return on Investment, die Rentabilität, recht kurzfristig erreicht wurde. Das hat uns natürlich besonders herausgefordert, Themen mit höchster Effizienz voranzutreiben. Heute geht man glücklicherweise breiter an die Fragestellungen heran, was nicht zuletzt an den neuen Regulierungen, insbesondere der Taxonomie liegt.

Horst Kever, Chef von Apleona Wolfferts

Horst Kever, Chef von Apleona Wolfferts

Welche Bedeutung hat aus Ihrer Sicht die Taxonomie?

Diese neuen gesetzlichen Regelungen sollen die Dekarbonisierung fördern und regulieren, und diese beeinflussen natürlich auch die Investitionsentscheidungen in der Welt und damit auch unserer Kunden. Für uns als Gebäudedienstleister bedeutet dies insbesondere die Dekarbonisierung der Gebäude und Liegenschaften.

Was heißt das konkret?

Also eine Emissionsreduzierung, insofern gibt es einen Druckpunkt für die Eigentümer der Gebäude. Erstmals sogar sehr deutlich. Hier muss etwas getan werden. Deshalb stehen Investitionsentscheidungen in Energieeffizienz und energetischer Sanierung mehr im Vordergrund. Bei Wolfferts stehen jeden Tag mehr als 1100 Menschen morgens auf und arbeiten an der Energiewende. Mit jeder optimierten Lüftungsanlage, mit jeder optimierten Pumpe, jeder Heiz- und Kältezentrale, die wir für unsere Kunden realisieren. Egal ob das ein Krankenhaus ist oder ein Verwaltungsgebäude, ein Produktionsgebäude oder ein auch ein Wohnhaus. Mit der optimalen Planung und Auslegung dieser Systeme arbeiten wir aktiv an der Energiewende mit.

Was ist das Ziel?

Dabei steht zunächst im Fokus, so wenig Energie wie möglich zu verbrauchen und dann eben auch die richtige Energieversogung zu wählen. Das erfordert eine gute Ingenieurarbeit für Dimensionierung, Hydraulik, und Verteilung sowie Erneuerbare Energien, aber auch eine optimierte Automation unter Einbindung von prognostizierten Wetterdaten und Nutzungsprofilen durch KI.

Die Technologien sind im Prinzip schon alle da
Horst Kever, Apleona Wolfferts

In welcher Technik steckt das meiste Potenzial? Habeck propagiert viel, was ist der Gamechanger?

Die Technologien sind im Prinzip schon alle da. Es geht darum, diese für den jeweiligen Anwendungsfall richtig auszulegen und zu kombinieren. Systeme, die etwa mit niedrigen Temperaturen im Heizfall auskommen, sogenannte Low-Ex-Systeme. Hört sich toll an, aber wenn Sie eine Flächenheizung oder eine Fußbodenheizung haben, erfüllt diese schon prinzipiell den Zweck, und die in den Medien oft besprochene Wärmepumpe würde gut funktionieren. Allerdings hat nicht jedes Gebäude eine solche Flächenheizung, insbesondere in den Büro- und Wirtschaftsbauten. Also arbeiten wir dann gezielt Konzepte aus, um die notwendigen Systemtemperaturen auch dort herabsetzen zu können.

Von welchen Temperaturen sprechen wir konkret?

Wenn man früher an einem Haus vielleicht 60 Grad im Heizungsvorlauf brauchte, sind es heute vielleicht nur noch 35 Grad. Niedrige Temperaturen gleich weniger Energiebereitstellung und Verbrauch.

Wie stehen Sie zur Wärmepumpe?

Die Wärmepumpe wird so oft besungen, und ist ein extrem wichtiges Element, aber nicht die alleinige und entscheidende Idee. Wenn morgen in jedem Gebäude eine Wärmepumpe installiert wäre, dann kämen viel höhere Stromlasten in den Netzen zusammen. Das bedeutet zum einen, dass die Energiewende auch in der Netzversorgung und Lastverteilung stattfinden muss, aber auch, dass man über Nahwärme- und Quartiersnetze, grüne Fernwärme und auch Hybridsysteme mit Gas nachdenken muss.

Wann ist die Wärmepumpe das geeignete Mittel?

Grundsätzlich kann man sich merken, je niedriger die notwendigen Vorlauftemperaturen in einem Heizungssystem sind, desto effizienter kann eine Wärmepumpe arbeiten. Vice versa, je höher, desto schlechter. Daumenformel: Aus einem Teil Strom machen Sie in einer gut konzipierten Anlage circa drei bis vier Teile Wärme im Jahresmittel mit Trink-Warmwassererzeugung. In einer schlecht konzipierten Anlage gilt eher das Verhältnis eins zu zwei. Das ist dann ein einfaches Rechenexempel für den Geldbeutel.

Was ist, wenn mein Haus für die Wärmepumpe unattraktiv ist?

Dann kann man überlegen, wie man es attraktiv macht. Also man könnte schauen, ob der Einsatz von Flächenheizungen möglich ist. Außerdem gibt es von vielen Herstellern mittlerweile Heizkörper mit kleinen, leise laufenden Ventilatoren, die für eine Luftdurchströmung sorgen und damit die erforderliche Vorlauftemperatur herabgesetzt werden kann. Aber ich will da keine Pauschallösungen propagieren, es kommt immer auf eine gute fachliche Betrachtung an, ohne das Thema für die Kunden kompliziert zu machen. Eine gute Lösung gibt es immer.

Öl-Heizungsverbot, war das richtig?

Muss es immer ein Verbot sein, fraglich, weg vom Heizöl ist meiner Meinung nach richtig.

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