Der Teppich ist zurückFast zu schade zum Betreten

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Illustration: Raum mit Sofa, Teppich, Vase und Gemälde

Viele Teppiche sind kleine Kunstwerke.

Teppiche, die jahrelang als altbacken verschrien waren, sind heute wieder weit verbreitet. Nicht zuletzt für wärmere Räume.

In Zeiten des Energiesparens werden auch einrichtungstechnisch neue Wege beschritten: Statt in den Wintermonaten die Heizung voll aufzudrehen, machen es sich viele besonders kuschelig mit Decken, Kissen, warmen Farben, Naturmaterialien – und Teppichen. Schon länger sind Kreationen der deutschen Teppichdesigner Jan Kath und Jürgen Dahlmanns stilprägend.

Ihre Produkte sind Kunstwerke für den Fußboden. Die Farben und Motive sind märchenhaft und traumschön, fast zu schade, um sie mit Füßen zu betreten. Dahlmanns, von Haus aus Architekt, designt und produziert unter dem Label „Rug Star“ handgeknüpfte Teppiche und vereint traditionelles Handwerk mit zeitgenössischem Design.

Wie er hat auch Jan Kath den klassischen Orientteppich auf diese Weise entstaubt. Der luxuriöse Bodenbelag hat seinen Preis. Erschwinglich sind dagegen Teppiche, die den Stil nachahmen. Die gibt es zuhauf, weshalb Teppiche, die jahrelang als altbacken verschrien waren, heute wieder weit verbreitet sind. Wie hingetupft schmücken sie ansonsten nackte Böden. Und verströmen noch dazu behaglichen Wohnkomfort, weil es zumindest dort, wo sie liegen, nicht fußkalt ist.

Tabu war bislang die sogenannte Auslegware, also Teppichboden, der die ganze Fläche eines Zimmers bedeckt. Bis in die Neunzigerjahre hinein eine Selbstverständlichkeit sowohl in Mietwohnungen als auch im Eigenheim, wich der Spannteppich schließlich Parkett, Laminat oder Fliesen. Als verstaubt, piefig, unhygienisch oder gar gesundheitsschädlich war die Auslegware fortan verschrien. Nun rollt sie Einrichtungsexperten zufolge wieder über uns herein. Denn ihr Dämmeffekt passt gut zum Zeitgeist.

Unstrittig ist, dass textiler Bodenbelag Lärm schluckt, isoliert und zudem Wärme speichert. Je nach Material wirkt sich flächendeckender Teppich auch positiv auf das Raumklima aus: Teppichböden binden Feinstaub. Nach einer Studie des Deutschen Allergie- und Asthmabundes eignet sich Teppichboden daher gut für Allergiker, vorausgesetzt, er wird regelmäßig abgesaugt. Auf Hartböden sei die Feinstaubbelastung in der Regel höher.

Gesundheitlich bedenklich können Kunstfaserteppiche aus Polyester oder Polyacryl sein. Alarmierend ist, wenn der Flor unangenehme chemische Gerüche ausdünstet. Dabei kann es sich um die Freisetzung flüchtiger organischer Verbindungen handeln, kurz: VOC. Sie stecken unter anderem in Flamm-, Flecken- und Mottenschutzmitteln und werden auch freigesetzt, wenn Teppichkleber trocknet.

Häufig PVC auf der Rückseite

Als Folge der Ausdünstungen können Reizungen der Augen und Atemwege oder Kopfschmerzen auftreten. Die Deutsche Umwelthilfe warnt außerdem vor Weichmachern und perfluorierten Chemikalien in Teppichen, die neben der Gesundheit auch die Umwelt schädigen können. Und das nicht nur bei der Herstellung. Schadstoffreiche Teppichböden sind kaum recycelbar.

Auch Teppiche mit Natur- und Tierfasern können belastende Substanzen aufweisen. So enthält der Belag auf der Rückseite häufig PVC. Unbedenklich sind laut Verbraucherschützern dagegen Naturlatex, Jute oder Polypropylen auf der Unterseite. Grundsätzlich sollte beim Kauf auf Gütesiegel wie etwa das der Gemeinschaft umweltfreundlicher Teppichboden (GUT) geachtet werden. Lösemittelarme Teppichkleber erkennt man zum Beispiel am Gütesiegel „Blauer Engel“.


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