Zweifache Offenbarung

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Unweit der Olympiastadt Salt Lake City praktizieren mormonische Splittergruppen bis heute Polygamie.

Bereits vor 100 Jahren haben sich die Mormonen von der Polygamie losgesagt und schließen heute jeden aus, der sie praktiziert. Männer wie Tom Green, der im vergangenen Jahr wegen Vielweiberei rechtskräftig verurteilt wurde, sind die Ausnahme. Tatsache indes ist, dass unweit der Olympiastadt bis heute Frauen in „Mehrfachehen“ leben. Nach unterschiedlichen Schätzungen leben zwischen 40 000 und 100 000 Menschen im amerikanischen Westen in solchen Ehen, die meisten davon im Staat Utah.

Joseph Smith, der nach einer göttlichen Offenbarung 1830 die „Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage“ gründete, predigte die Vielehe als Erfüllung eines gottgefälligen Lebens und gab selbst Zeugnis von dem eigentümlichen Dogma: Er heiratete 30 Frauen.

Heftiger Protest

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde der Protest gegen die Vielweiberei immer heftiger, und mehr als 1000 Männer landeten im Gefängnis. Als die amerikanische Bundesregierung 1890 den Mormonen mit Sanktionen drohte, hatte der amtierende Prophet, Wilford Woodruff, eine göttliche Offenbarung, die ihm auftrug, die Vielweiberei endgültig zu verbieten. „Die Polygamie kam zu uns durch eine Offenbarung, und sie verschwand durch eine Offenbarung“, sagt der heutige „Prophet“, Gordon Hinckley. Mit fundamentalistischen Splittergruppen will die offizielle Kirche nichts mehr zu tun haben. Der Staat Utah, von Mormonen regiert, unternahm aber bis in die jüngste Vergangenheit wenig, um das Polygamieverbot durchzusetzen. In manchen Gemeinden werden sogar minderjährige Mädchen gegen ihren Willen verheiratet. Zugleich melden sich aber auch Frauen zu Wort, die sich zur Mehrfachehe bekennen. (gü)

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