KapitalschnittLeverkusener Pharma-AG Biofrontera ist wieder handlungsfähig

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Blick in den Tagungsraum „Zuckerpass“ in der Bay-Arena, im Vordergrund eine Tafel mit der Aufschrift Biofrontera

Einen Kapitalschnitt mussten die Aktionäre von Biofrontera im Hotel an der Bay-Arena absegnen.

Die Schwesterfirma in den USA wird dieses Jahr nicht viel bestellen. Das Manforter Mutterschiff braucht deshalb Geld zur Überbrückung.

Der Tagungsraum in der Bay-Arena heißt zwar „Zuckerpass“. Ob die Beschlüsse, die Biofronteras Führung den Aktionären am Donnerstag abverlangte, die kleine Pharma-AG wieder in eine aussichtsreiche Position bringen, muss sich noch zeigen. Aber ohne den Kapitalschnitt im Verhältnis 21:1 wird es absehbar eng für das Manforter Unternehmen. Von der rauschenden Pokalnacht am Vorabend war auf dem Rasen nichts mehr zu sehen, als sich eher wenige, nämlich drei Dutzend Anteilseigner kurz vor 11 Uhr zusammenfanden, um auf den großen Macher bei Biofrontera zu warten. Wilhelm Zours, Vorsitzender des Aufsichtsrats und größter Aktionär, betrat um Punkt 11 Uhr und eine Minute nach der Alleinvorständin Pilar de la Huerta den Saal.

Weil die Spanierin nicht genug Deutsch kann und auf die sonst übliche Simultan-Übersetzung diesmal verzichtet wurde, umriss Biofronteras Kontaktfrau für Investoren, Anke zur Mühlen, im Namen der Vorständin die Lage. Sie sei insoweit prekär, als das Unternehmen absehbar nicht ohne frisches Geld vom Kapitalmarkt durch das Jahr kommen werde. Der Umsatz mit der Hautkrebs-Salbe Ameluz werde in den nächsten Monaten „entscheidend“ zurückgehen. Der Grund: Die US-amerikanische Schwesterfirma sitze auf hohen Ameluz-Beständen, werde also deutlich weniger bestellen als üblich, was die Lizenzabgaben zusammenschmelzen lässt, die sonst nach Leverkusen fließen. Für einen kleinen Hersteller mit nur einem Produkt ist so etwas von existenzieller Bedeutung. 2024 sei „ein sehr herausforderndes Jahr“, so zur Mühlen.  

Aus 63 werden drei Millionen Euro Grundkapital

Es soll mit einem „Neustart“ gemeistert werden. Der kann nach Auffassung von Vorstand und Aufsichtsrat nur mit einem Kapitalschnitt gelingen: Es sinkt von gut 63 auf etwas über drei Millionen Euro. Für die Aktionäre heißt das: Für 21 Aktien bekommen sie nur noch eine. Deren Wert indes steigt von etwas über 30 Cent auf rund sechs Euro „theoretisch“, diesen Hinweis aus dem Vorstand gab es auch.

Das Wichtigste an dieser einschneidenden Aktion ist, dass Biofrontera dann wieder neue Aktien ausgeben kann. Dieser Weg war versperrt, seit der Kurs unter einen Euro und damit den Nennwert einer Aktie gesunken ist. In dieser Sackgasse befinde sich Biofrontera seit vorigen Juni, so zur Mühlen. Die eigentlich geplante Ausgabe von sieben Millionen neuer Aktien wurde im Juli abgeblasen.

Sie vernichten die Werte der Investoren.
Oliver Vollbrecht, Aktionärsschützer

Für Aktionärsvertreter Oliver Vollbrecht von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz ist der Kapitalschnitt indes nicht zwingend, zumindest nicht „in dieser Drastik“, sagt er. Das müssten Vorstand und Aufsichtsrat schon besser begründen. Was ziemlich einfach wäre, wenn man einfach den tatsächlich für April angekündigten Geschäftsbericht über das Jahr 2023 vorlege und ihn um den sonst üblichen Ausblick auf das laufende Jahr ergänze. Dann hätte man sich auch die erneute außerordentliche Hauptversammlung sparen können. Die, das erfuhren die Aktionäre auf Nachfrage, immerhin rund 65.000 Euro kostet. „Sie vernichten die Werte der Investoren“, lautete das Urteil des Aktionärsvertreters, der diesmal rund 348.000 Anteile vertrat. Deshalb werde er dem Kapitalschnitt auch nicht zustimmen. 

1,8 Millionen Euro werden schnell gebraucht

Zu den Zahlen ließ Vorständin Pilar de la Huerta erklären, dass Biofrontera voriges Jahr keinen Verlust erwirtschaftet habe und das laufende Jahr zumindest hinsichtlich des Ergebnisses vor Steuern und Abschreibungen über dem Strich abschneiden werde. Aber: Man brauche absehbar rund 1,8 Millionen Euro, um durch 2024 zu kommen. Die außerordentliche Hauptversammlung begründete Aufsichtsrat Wilhelm Zours mit der Zeitnot: Biofrontera müsse jetzt in die Lage versetzt werden, sich frisches Geld zu beschaffen. 

Den meisten Anwesenden reichten die Argumente nicht: Sehr viele Nein-Stimmen wanderten bei der Abstimmung in die gläserne Urne. Insgesamt blieben die Kritiker aber in der Minderheit: Der Kapitalschnitt wurde zu mehr als 98 Prozent angenommen. Biofrontera kann also einen Neustart versuchen.

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