KapitalschnittSo will sich die Leverkusener Pharmafirma Biofrontera aus der Finanzklemme befreien

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Ein Biofrontera-Wimpel steht vor dem Agamsaal im Forum.

Die vorige Hauptversammlung von Biofrontera im Forum verlief ruhig. Das könnte sich beim nächsten Mal ändern: Aufsichtsrat und Vorstand planen einen Kapitalschnitt.

Das Grundkapital der Aktiengesellschaft soll radikal von gut 63 auf drei Millionen Euro verringert werden. 

Die Geschäfte laufen immer besser bei Biofrontera. Aber frisches Geld braucht die Manforter Pharmafirma immer wieder, um die Durchdringung des Arzneimittelmarkts mit ihrer Hautkrebssalbe Ameluz weltweit voranzutreiben. Dafür sind keine Mittel da, im Gegenteil: In den vergangenen Jahren sind Verluste aufgelaufen, und auch für dieses Jahr erwarten Vorstand und Aufsichtsrat keinen echten Gewinn. Dazu kommt: Die Aktie der kleinen AG hat einen üblen Abwärtstrend hinter sich, notiert seit Jahresbeginn konstant deutlich unter 40 Cent. Das kann nicht so bleiben, wenn Biofrontera durch die Ausgabe neuer Anteilsscheine weiteres Geld am Kapitalmarkt einsammeln will.

Einen Ausweg sieht der Aufsichtsrat um den größten Anteilseigner Wilhelm Zours in einem Kapitalschnitt. Die Aktien sollen im Verhältnis von 21 zu eins zusammengelegt werden. Damit würde das Grundkapital von Biofrontera ganz erheblich zusammenschmelzen: von gut 63,3 Millionen auf nur noch gut drei Millionen Euro. 

Das Ziel: Ein Aktienkurs jenseits von einem Euro

Die Effekte aus dem Schnitt stellen Aufsichtsrat und Vorstand ausschließlich positiv dar: „Die Kapitalherabsetzung dient dem Ausgleich von aufgelaufenen und auch im laufenden Geschäftsjahr 2024 erwarteten Verlusten.“ Fast noch wichtiger. Es würde erreicht, dass der Aktienkurs „wieder deutlich über einen Euro steigt und dadurch notwendige Kapitalmaßnahmen auch künftig umgesetzt werden können“, heißt es am Hemmelrather Weg. Das geht derzeit nicht, weil Unter-pari-Emissionen verboten sind: Aktien dürfen nicht unter dem Nennwert von einem Euro ausgegeben werden. 

Der Schnitt soll nur das derzeit vorhandene Grundkapital schmälern. Das ist wichtig, denn auf einer der Hauptversammlungen haben die Aktionäre eine Erhöhung um 12,7 Millionen Euro genehmigt. In diesem Umfang könnten also neue Aktien ausgegeben und Biofronteras Konten aufgefüllt werden. Das ist auch der Plan der Führung: „Vorstand und Aufsichtsrat erwägen, relativ bald nach Wirksamwerden der Kapitalherabsetzung eine Kapitalerhöhung unter teilweiser Ausnutzung des genehmigten Kapitals durchzuführen“, heißt es in der Zentrale in der früheren Wuppermann-Verwaltung.

Die nächste außerordentliche Hauptversammlung

Dem Kapitalschnitt müssen die Aktionäre natürlich zustimmen. Für Donnerstag, 4. April, ist daher mal wieder eine außerordentliche Hauptversammlung anberaumt, diesmal im Lindner-Hotel an der Bay-Arena. Gut möglich, dass es dort hoch hergeht.

Einen weiteren Krisenherd wollen Vorstand und Aufsichtsrat ebenfalls löschen. Das Verhältnis zum inzwischen unabhängigen US-Schwesterunternehmen Biofrontera Inc. soll auf eine neue Basis gestellt werden: Die teure Forschung und die Entwicklung sollen in den USA konzentriert werden. Also dorthin, wo seit ein paar Jahren Biofronteras Gründer Hermann Lübbert das Sagen hat. Die neue Aufgabenverteilung werde sich „signifikant auf die Struktur von Umsatz und Kosten auswirken, die beide reduziert werden“, heißt es vom AG-Vorstand, der zudem eine neue Prognose für das laufende Geschäftsjahr vorlegen will.   

Neue Formulierung für das Hautkrebsmittel Ameluz

Unterdessen gibt es beim Produkt Ameluz Fortschritte: Nach der amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) hat auch die Europäische Arzneimittel-Aufsicht EMA eine neue Formulierung des Gels gegen oberflächlichen Hautkrebs genehmigt. Das Präparat kommt jetzt ohne Propylenglykol aus – dies verringere das Risiko von Verunreinigungen oder allergischen Reaktionen, heißt es am Hemmelrather Weg. In den USA, wo die veränderte Formulierung schon im September genehmigt wurde, soll Ameluz bereits jetzt ohne Propylenglykol auskommen; in Europa werde die Umstellung in der zweiten Jahreshälfte erfolgen, kündigt das Unternehmen an. Vorständin Pilar de la Huerta bezeichnet die positiven Entscheidungen beider Behörden als „weiteren Meilenstein bei der Optimierung unseres Produkts und der Gewährleistung der Produktsicherheit“.

Vorteile soll auch eine weitere Genehmigung bringen. Die britische Medicines and Healthcare Products Regulatory Agency (MHRA) hat die Zulassung von Ameluz auf die Anwendung mit künstlichem Tageslicht erweitert. Das war nötig, weil die EMA nach dem Brexit nicht mehr für das Vereinigte Königreich zuständig ist. Stattdessen obliegt es nun der MHRA, eigenständig darüber zu entscheiden, wie Arzneimittel auf dem britischen Markt vermarktet werden dürfen. Zunächst gelte die Genehmigung ausschließlich für Großbritannien, werde jedoch in naher Zukunft auf das gesamte Vereinigte Königreich ausgeweitet, berichtet Biofrontera.

In Manfort erhofft man sich dadurch einen Absatzschub, weil die Tageslicht- gegenüber der ursprünglichen Rotlichttherapie diverse Vorteile bietet. Vorständin de la Huerta sieht sich durch die MHRA-Genehmigung in ihrem Plan bestärkt, den Vertrieb in Großbritannien auszuweiten. Dort gibt es neuerdings eine eigene Marketing-Gesellschaft.

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