Ruhe genießenSechs stille Orte in und um Köln

Lesezeit 5 Minuten
Der Japanische Garten in Leverkusen.

Der Japanische Garten in Leverkusen.

Kreuzgang der Abtei Brauweiler

Helles Licht in tiefster Dunkelheit

Die Abtei Brauweiler gilt als eine der schönsten Klosteranlagen im Rheinland.

Die Abtei Brauweiler gilt als eine der schönsten Klosteranlagen im Rheinland.

„Die Abtei Brauweiler und vor allem ihr Kreuzgang aus dem späten 12. Jahrhundert ist für mich der Mittelpunkt meiner Heimat. Fast 1000 Jahre haben hier Mönche gebetet, Bettler gearbeitet. Hier wurden Menschen von den Nazis gefoltert, Zwangsarbeiter eingesperrt, Kranke eingeschlossen. Mitten im Kreuzgang steht eine Madonnenstatue, die Madonna mit den zwei Gesichtern. Sie war früher das Erkennungszeichen für die Geknechteten und Verfolgten.

Heute ist die ehemalige Benediktiner-Abtei ein europäisches Kulturzentrum. Sie zeigt mir, dass in der tiefsten Dunkelheit ein helles Licht erstrahlen kann. Weihnachten ist nicht nur ein Fest des Friedens, sondern auch Fest der Hoffnung für alle Menschen guten Willens.“

Alles zum Thema Henriette Reker

Jürgen Rüttgers war von 2005 bis 2010 Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen.

Kolumba-Museum

Wo die Lärmglocken ausgesperrt sind

Bereits im Jahre 1853 als Diözesanmuseum gegründet, ist das Kolumba Museum heute das Kunstmuseum des Erzbistums Köln.

Bereits im Jahre 1853 als Diözesanmuseum gegründet, ist das Kolumba Museum heute das Kunstmuseum des Erzbistums Köln.

„Für Kölner und ihre Seele ist das Areal um Alt St. Kolumba, eine der frühesten Pfarrkirchen der Stadt, heiliger Boden. Peter Zumthor hat dem Ensemble mit seinem Museumsneubau nicht nur etwas Eigenes hinzugefügt, sondern auch zusätzlich Würde verliehen. Er lässt Gottfried Böhms Kapellengehäuse um die Figur der „Muttergottes in den Trümmern“ wie ein Tabernakel wirken. Der Bildsprache des hohen, lichtdurchlässigen Raums mit seinen schlanken Säulen über den Ruinen, die bis in die frühchristliche Epoche führen, kann man sich kaum entziehen. Die Atmosphäre der Erhabenheit und Stille schließt den rein archäologischen Rundgang zwar nicht aus, macht ihn aber im Grunde unmöglich. Das städtische Treiben und die Lärmglocke der Nord-Süd-Fahrt sind nicht einfach ausgesperrt, sondern werden durch die Gebäudemembran gleichsam gefiltert. Wie im ganzen Kolumba-Museum kann der Besucher hier einen eigenen Kontakt mit Kunst aufnehmen. Für die Kölner, die mit wertiger zeitgenössischer Architektur nicht gerade verwöhnt sind, ist Zumthors Bau eine Kostbarkeit und ein einmaliges Geschenk.“

Prälat Josef Sauerborn ist Domkapitular und Künstlerseelsorger des Erzbistums Köln

Agger-Staustufen bei Engelskirchen

Von der Heilkraft der Natur

Die Agger-Staustufen im Naturschutzgebiet bei Engelskirchen sind über den Ortsteil Steeg zu erreichen.

Die Agger-Staustufen im Naturschutzgebiet bei Engelskirchen sind über den Ortsteil Steeg zu erreichen.

„Der Aufenthalt in der Natur schult unsere Sinne und lässt unser Unterbewusstsein reagieren. Ein kurzer Aufenthalt genügt, um den Blutdruck zu senken, den Puls zu normalisieren, die Muskeln zu entspannen. Naturerlebnisse erzeugen nicht nur positive Gefühle, sie haben auch eine heilende Wirkung. Grün tut gut – das ist wissenschaftlich erwiesen. Einer amerikanischen Studie zufolge wird die Heilung nicht unwesentlich von Krankenzimmerfenstern beschleunigt, die ins Grüne hinausweisen. Außerdem sind Naturerfahrungen Grundlagen für die innere Balance und das Sich-Wahrnehmen. In der Natur kann man in die Stille kommen, was wichtig ist, um mental gesund zu bleiben. Schließlich halten wir uns zu 95 Prozent in selbst erschaffenen Kunstwelten auf, in Büros, Kantinen, Einkaufszentren. Und haben verlernt rauszugehen, Teil der Natur zu sein – und Kontemplation zu üben. In unserem Park Römerkessel können Besucher all das trainieren. Sieben Gärten stehen für unsere Bedürfnisse – nach Schutz und Geborgenheit, Entspannung und Einkehr, Kraft und Energie, Bewegung und Sport, Fantasie und Kreativität, Stille und Ruhe.“

Anita Otten ist Entspannungscoach im Landschaftstherapeutischen Park Römerkessel in Bad Bertrich (Eifel).

Agrippabad bei Nacht

Poesie des Wassers

Kämmergasse 1, 50676 Köln, geöffnet Mo-Fr 6.30-22.30 Uhr, Sa/So 9-21 Uhr.

Kämmergasse 1, 50676 Köln, geöffnet Mo-Fr 6.30-22.30 Uhr, Sa/So 9-21 Uhr.

„Wasser ist das Element der Verwandlung – es ist nie gleich. Erhabene und Stille, Schönheit und Gefährlichkeit sind seine wechselnden Gesichter. Es ist das Element des Lebens und es kann todbringend sein. Sein Gedächtnis reicht weiter zurück als wir selbst. Wasser ist das Element der Poesie. Selbst der prosaischste Alltagsmensch erlebt einen poetischen Moment, wenn er am Wasser spazieren geht. Es weitet die Landschaft, öffnet den Himmel und bahnt den Weg in die Ferne. Seine Bewegung ist gleichzeitig Verwandlung und Wiederholung, Verweilen und Vergehen. Wir leben in einer auf Zukunft und Gegenwart fixierten Zeit. Das Wasser aber kommt aus der Vergangenheit und spiegelt uns nicht nur als das, was wir sind oder sein könnten. Es ist auch ein Speicher des Gewesenen und bewegt die Erinnerung. Die Stille des Wassers ist eine lebendige, vielstimmige. Sie schließt alles mit ein – Leichtigkeit und Tiefe, Hell und Dunkel, Verspieltheit und Schweigen.“

Wasser ist John von Düffels Lebensthema. Der Autor (u.a. „Vom Wasser“, „Schwimmen“) ist Dramaturg am Deutschen Theater Berlin.

Gebetsraum am Flughafen Köln/Bonn

Ort der Einkehr

Auch am Flughafen gibt es eine Ruhezone, in der Besucher entspannen, beten oder sich besinnen können.

Auch am Flughafen gibt es eine Ruhezone, in der Besucher entspannen, beten oder sich besinnen können.

„Der interkonfessionelle Gebetsraum gibt Menschen verschiedenster Glaubensrichtungen die Möglichkeit, ihr Recht auf Religionsfreiheit auch im geschäftigen Trubel eines Flughafens ungestört auszuüben– weshalb bei der Ausstattung auf religiöse Symbolik verzichtet wurde. Auch diejenigen, die nur innehalten wollen, finden hier Ruhe und Besinnung. Die Umsetzung und Gestaltung des Raumes ist in enger Zusammenarbeit mit dem Kölner Rat der Religionen entstanden. Unterschiedlich hohe Baumstämme dienen als Sitzgelegenheiten und die Anzeige der vier Himmelsrichtungen an einer Säule bietet Orientierung.“

Henriette Reker ist Dezernentin für Soziales, Integration, Umwelt (Stadt Köln)

Japanischer Garten Leverkusen

Oase der Stille

Im japanischen Garten in Leverkusen kann man Ruhe und Gelassenheit finden.

Im japanischen Garten in Leverkusen kann man Ruhe und Gelassenheit finden.

„Der ideale Garten ist ein glücksbringender Ort der Kraft und der Selbstfindung, sagen die Japaner, besser: besagt Feng Shui, die asiatischen Philosophie von Bauen und Wohnen. Unser Garten ist zwar kein rein japanischer, sondern ein Mix aus japanischer Gartenkunst und europäischer Gartenkultur. Aber er folgt wichtigen Gestaltungsideen der asiatischen Gärten. Er ist ein Ort der Stille und Meditation, in dem alle Sinne beruhigt werden sollen. Zum Beispiel durch Reduzierung der visuellen Reize. Es gibt weniger bunte Pflanzen, nur farbige Akzente durch Kirsch- oder Lotusblüten, dafür viele beruhigende Grüntöne. Einen Ausgleich von Ruhe und Bewegung schaffen die schmalen Wege, die sich von den Zugängen zum Teehaus hin wie ein alter Fluss durch den Garten schlängeln; stets geschwungen, nie geradlinig, auch das beruhigt. Wasser ist ein weiteres elementares Gestaltungselement, das die zentrale Garten-Insel von allen Seiten umfließt, Geborgenheit schafft. Besucher können sie nur über Brücken erreichen – auch an anderen Stellen können sie übers Wasser schreiten. Das hat eine starke visuelle Wirkung. Und eine psychologische: Ich trete von der weltlichen Realität auf die andere, meditative Seite, in einen anderen Raum. Und der ist extravagant anders als seine Umgebung. Hier können Besucher wie Mitarbeiter von dem einen auf den anderen Moment die Geschäftigkeit des Bayer-Chemieparks abstreifen – und in eine Atmosphäre der Abgeschiedenheit von der Welt eintreten.“

Michael Frinke ist Landschaftsarchitekt bei „Currenta“, dem Servicebetreiber des Japanischen Gartens in Leverkusen

KStA abonnieren