AusflugszielAuf dem Mülheimer Friedhof liegen Katholiken rechts, Protestanten links

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Der prachtvolle Torbau an der Frankfurter Straße ist der Eingang zum Mülheimer Friedhof.

Der prachtvolle Torbau an der Frankfurter Straße ist der Eingang zum Mülheimer Friedhof.

„Bedenke das Leben, nicht den Tod“ mahnt die Inschrift des dreiteiligen Wandgrabs gleich neben dem schmucken Hochkreuz. Eine Runde über den Mülheimer Friedhof kann dabei helfen. Hier fehlen die großen Monumente, die in Stein gemeißelten Erinnerungen an historische Persönlichkeiten sind überschaubar. Alles ist ein bisschen kleiner als auf den linksrheinischen zentralen Friedhöfen – ein Gräberfeld, das zum Spaziergang einlädt. Zumeist wirkt das Areal trotz seiner Weitläufigkeit wie ein überschaubarer Veedels-Friedhof. Tatsächlich ist es fast 200000 Quadratmeter groß.

Am Anfang umstritten, heute sehr beliebt: Die Bestattungsgärten werden erweitert.

Am Anfang umstritten, heute sehr beliebt: Die Bestattungsgärten werden erweitert.

200 Meter lang zieht sich die breite Allee vom prachtvollen, bewachsenen Torbau an der Frankfurter Straße bis zur Trauerhalle aus den 1960er Jahren. Gewaltige Platanen und Lebensbäume säumen den Weg. Schon vor dem Haupteingang aus dem Jahr 1903 stehen zwei Naturdenkmäler vor dem Eingangstor: Zwei Hängebuchen, auch Trauerbuchen genannt, mit dicken Stämmen und riesigen Kronen mit rund zehn Meter Durchmesser sind aufgrund ihrer Seltenheit unter Denkmalschutz gestellt worden. Damit Lastwagen drunter herfahren können, wurde eine eckige Durchfahrt hineingeschnitten.

Friedhöfe in Köln.

Friedhöfe in Köln.

Der Mülheimer Hauptfriedhof, der tatsächlich in Höhenberg liegt, sollte bei seiner Eröffnung 1904 die alten konfessionellen Begräbnisstätten bei der Pfarrkirche St. Mauritius an der Sonderburger Straße und an der Bergisch Gladbacher Straße ablösen. Beide Friedhöfe werden bis heute benutzt und sind durchaus auch einen Besuch wert. Mit dem neuen großen Gräberfeld an der Frankfurter Straße sollten die konfessionellen Grenzen tatsächlich überwunden werden. Aber auch in der stolzen, noch unabhängigen Industriestadt Mülheim am Rhein tat man sich noch schwer mit der Ökumene. Munter mischen wollte man die Toten unterschiedlicher Konfessionen damals noch nicht. Und so wurden die evangelischen Christen links des Hauptweges bestattet, die katholischen rechts. Ein Beschluss der Mülheimer Stadtverordneten verlangte es, die Königliche Regierung protestierte, aber ließ sie gewähren.

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Tipps für die Umgebung

Das nette italienische Lokal mit Biergarten „Zur Merheimer Heide“ liegt im Sportpark Höhenberg genau gegenüber des Eingangs zum Stadion von Viktoria Köln, südwestlich des Friedhofs Richtung Olpener Straße. Bis zum 18. August sind jedoch Betriebsferien. Alternativ ist das Restaurant Krone, Frankfurter Straße 304, gegenüber dem Friedhof-Haupteingang, ein Tipp.

Wer noch ein bisschen spazieren will, kann dies in der Merheimer Heide tun, die sich im Westen an das Friedhofsareal anschließt. Wenige hundert Meter südlich, jenseits der Olpener Straße, stößt man am Nohlenweg auf das zwischen 1877 und 1881 erbaute Fort X, ein Überrest des äußeren, rechtsrheinischen Festungsrings aus preußischer Zeit. (fra)

Ein paar alte, prachtvollere Gräber aus der Zeit gibt es noch, verblasste Erinnerungen an Mülheimer Industriellenfamilien. Mit dem Grabstein der Familie Leverkus verbindet sich nicht weniger als die Gründung der Nachbarstadt als Resultat der Erfolgsgeschichte einer Farbenfabrik. Auch andere Familiengrabstätten bezeugen den Wohlstand der Verewigten. Fabrikdirektor Friedrich Schleifenbaum lässt eine Frau einem Schmied einen Lorbeerkranz überreichen. Ein Granitgrab zeigt Mutter Erde, die Menschen beschützt. „Mutter Erde, zu dir kehren wir alle wieder“ steht unter dem Bronzerelief.

Gräber von Kriegsopfern.

Gräber von Kriegsopfern.

Besichtigen kann man hier auch das Ergebnis des rasanten Wandels der „rheinischen Bestattungskultur“, deren Untergang vor noch nicht allzu langer Zeit von Politikern, Denkmalschützern oder Verwaltungsbeamten heraufbeschworen wurde. Südwestlich der Trauerhalle findet man ein schönes Beispiel für die so genannten „Bestattungsgärten“, die von der Genossenschaft der Friedhofsgärtner gepflegt werden. Ein mit bergischer Grauwacke umfasstes Hochbeet nennt sich „Spuren des Lebens“, in einem „Auengarten“ mit Naturstauden lockt ein Bienenhotel des Naturschutzbundes Insekten an. Schlicht, aber würdevoll wird in einem kleinen „Ruhehain“ an Verstorbene erinnert.

Das Grab der Familie Leverkus.

Das Grab der Familie Leverkus.

Dirk Klein, Geschäftsführer der Genossenschaft, erinnert sich an manche Kontroverse, die vor einigen Jahren auszufechten war, als sein Gärtnerzusammenschluss damit begann, für diese neue Form der Bestattung und Grabgestaltung zu werben. Für diejenigen, die die klassische Sargbestattung im Familiengrab weiterhin zum Maß der Dinge machten, war es nicht einfach, die Vielfalt zu akzeptieren. Denkmalpfleger monierten zudem die Gestaltung der Gärten: In Mülheim passten geschwungene und runde Wege angeblich nicht ins alte, eckige Wegeraster.

Erinnerungen an Mülheimer Wohlstand.

Erinnerungen an Mülheimer Wohlstand.

„Jetzt fragt man uns, ob wir nicht auf weiteren Friedhöfen solche Gärten anlegen können“, sagt Klein. „Die Nachfrage ist groß.“ Zwölf solcher Grabfelder gibt es bislang, Mülheim war nach dem Melaten-Friedhof das zweite Angebot. Zur Zeit wird hier ein zweiter Bauabschnitt umgesetzt. „Immer mehr Menschen finden das Angebot einer solchen Bestattung für sich passend“, sagt der Merheimer Friedhofsgärtner Marc Zillken. „Das sind Orte zur Erinnerung und zur Trauer. Man kommt hier her, wenn man das Bedürfnis hat, nicht weil man sich zum Kümmern verpflichtet fühlt.“ Die Pflege übernimmt die Gärtner-Genossenschaft.

Infos zum Besuch

Geöffnet ist der Mülheimer Friedhof täglich von 7 bis 20 Uhr, im Winter von 8 bis 17 Uhr. Von der Bahnhaltestelle Frankfurter Straße (KVB-Linie 1) sind es knapp 700 Meter Fußweg bis zum Haupteingang. Am Parkplatz zwischen Höhenberger Ring und Frankfurter Straße gibt es einen Nebeneingang zum Friedhof. Direkt vor dem Haupteingang halten die Buslinien 151, 152 und 153. Einige Hinweise auf einzelne Gräber sowie einen Übersichtsplan findet man auf den Internetseiten der Stadt unter dem Stichwort „Friedhöfe“. (fra)

www.stadt-koeln.de

Ein Bestattungsgarten wie hier, mit Bänken zum Verweilen, macht aus dem Friedhof einen sozialen, kommunikativen Treffpunkt. Nicht nur der Zusammenschluss der Gärtner plädiert dafür, noch weiter zu gehen: Ein kleines Kaffee, ein Kiosk, vielleicht Spielfelder für Schach oder Boule wären doch bereichernd, findet Klein. Dazu wird weitere Überzeugungsarbeit nötig sein. Zur Zeit diskutiert man mit dem Denkmalschutz darüber, warum man auf denkmalgeschützten Friedhöfen keine kleinen Wasserflächen anlegen darf.

Schmuck für einen Engel.

Schmuck für einen Engel.

Etwas südlich der Bestattungsgärten findet man eine weit angelegte Gedenkstätte für Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg. Die Erinnerung an Gefallene aus dem Zweiten Weltkrieg hinter der Trauerhalle entspricht dem typischen Aussehen eines Soldatenfriedhofs. Hier sollen auch Kriegsgefangene aus der damaligen Sowjetunion bestattet worden sein.

An die breiten Hauptwege schließen sich die Wege an, die von den klassischen Gräbern gesäumt werden, die schon jetzt immer weniger in Anspruch genommen werden. Die zunehmende Beliebtheit unter anderem von Urnengräbern sorgt dafür, dass auf den Kölner Friedhöfen weniger Platz benötigt wird. Umso wichtiger wird zukünftig ihre Funktion als schattige, grüne Oase der Ruhe in der Stadt sein.

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