Corona-Impfungen in Köln„Bei den Kinderärzten laufen die Telefone heiß”

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Kinderarzt

„Ich habe Mitleid mit den Kinderärzten“, sagt Oliver Funken, Vorsitzender des Hausärzteverbands Nordrhein.

Köln – Mit Spannung blicken die Kinderärzte auf den kommenden Montag. Dann wird die Priorisierung für die Covid-Impfungen aufgehoben und auch Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren können gegen das Virus geimpft werden. „Die Nachfrage ist enorm“, sagte der Sülzer Kinderarzt Guido Kuhmann. „Jeden Tag rufen bei uns Patienten an, aber auch Menschen, die bislang noch nicht bei uns waren. Die telefonieren offenbar alle Kinderärzte ab, um etwas zu bekommen.“ Anfragen kämen sogar aus der ganzen Region, etwa aus Gummersbach.

„Seit Freitag bekomme ich laufend Mails von Eltern, die ihre Kinder impfen lassen wollen. Zum Teil von Eltern, deren Namen ich noch nie gehört habe“, sagt auch Kinderarzt Anselm Bönte aus Weiden. „Manche Mütter rufen auch an und sind sauer, wenn ich sage: Ich impfe nur meine Patienten und derzeit hauptsächlich Kinder mit Grunderkrankungen.“ Zusätzlich zu den Zweitimpfdosen erhalte er wöchentlich 18 Dosen für Erstimpfungen. „Und meine Liste mit noch ungeimpften Kindern umfasst etwa 60 bis 70.“ Bönte plädiert für eine klare Reihenfolge: Erst kämen die Kranken dran, dann erst die Patienten, die geimpft werden wollten, weil eine Urlaubsreise im Sommer anstünde oder ein Auslandspraktikum. „Es ist doch klar, das ich die gewünschten Impfungen durchführe, nachdem die Jugendlichen dran waren, die Diabetes haben, schwer behindert sind oder schon mehrfach eine Lungenentzündung hatten.“

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Generell ist Bönte dafür, dass auch Jugendliche ab zwölf Jahren sich impfen lassen können. „Ich erwarte nicht, dass spezielle altersabhängige Nebenwirkungen in dieser Altersgruppe auftreten werden. Aber ich rate dennoch dazu, bei gesunden Kindern vielleicht erstmal abzuwarten.“ Im Herbst sei die Datenlage vielleicht besser, dann könnten man die Jugendlichen immer noch impfen lassen. Das individuelle Risiko einer schweren coronabedingten Erkrankung sei bei Jugendlichen nicht so hoch. Ein bisschen mehr Geduld beim Impfen hätte auch den Vorteil, dass man nach dem Schulstart beobachten könne, ob die Inzidenzen bei den Zwölf- bis 18-Jährigen stiegen.

„Wir führen Wartelisten”

„Wir führen bereits Wartelisten, auf denen etwa 100 Patienten stehen“, sagte Kinderarzt Max Braun aus der Innenstadt. Allerdings seien auf der Liste auch Eltern, die er als Privatarzt ab Montag gleich mitimpfen dürfe. Die meisten Patienten, mit denen er spreche, seien dafür, ihre Kinder zu immunisieren, obwohl die Datenlage von Nutzen und Risiko der Corona-Impfung bei Kindern und Jugendlichen noch nicht groß sei. Einerseits könnten Kinder und Jugendliche auch ernsthaft an Corona erkranken, andererseits könnte es bei der Impfung zu Nebenwirkungen kommen. „Generell bin ich für das Impfen. Aber wir gehen mit den Eltern ins Gespräch und verstehen, wenn sie Bedenken haben.“

Emotionale Diskussion

„Bei den Kinderärzten laufen die Telefone heiß“, sagt Oliver Funken, Vorsitzender des Hausärzteverbands Nordrhein. „Jeder will seine Kinder derzeit impfen lassen.“ Die Priorisierung falle, der Urlaub steht vor der Tür. „Ich habe Mitleid mit den Kinderärzten.“ Dabei werde die Diskussion derzeit sehr emotional geführt. Weil die Möglichkeit, dass Kinder auf einer Intensivstation landen, sehr gering sei, solle man besser den noch knappen Impfstoff an Erwachsene verimpfen, sagt Funken. „Ich glaube ohnehin, dass 30 bis 40 Prozent der Kinder und Jugendlichen bereits immunisiert sind.“ Vermutlich hätten sich viele bereits infiziert, ohne es zu merken – und wären somit geschützt.

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