Donaldisten-Treffen in KölnMarc Benecke und die Wissenschaft von Entenhausen

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Mediziner, Ex-Oberbürgermeisterkandidat und Donaldist Mark Benecke war der Stargast des Kongresses.

Mediziner, Ex-Oberbürgermeisterkandidat und Donaldist Mark Benecke war der Stargast des Kongresses.

Köln – Mit geradezu wissenschaftlicher Akribie haben sich Joachim Janz und Uwe Mindermann daran gemacht, die Entenhausener Comic-Episode rund um den Wettstreit zwischen dem Fantastilliardär Dagobert Duck und dem „Maharadscha von Zasterabad“ aufzuarbeiten. Für alle Unkundigen: Der eitle, ebenfalls schwerreiche Inder hatte Entenhausen besucht und angekündigt, den Bürgern eine prachtvolle Statue des Stadtgründers Emil Erpel zu schenken.

Der ansonsten bekanntlich sehr geizige Dagobert fühlt sich bei seiner Ehre gepackt – und beschließt, mit allen Mitteln dagegenzuhalten und seinen Rivalen zu übertrumpfen. So geschieht es dann auch: Auf jede durch den Maharadscha enthüllte Statue folgt eine größere und wertvollere im Auftrag von Dagobert. Die beiden schaukeln sich gegenseitig hoch, und schon bald ist Entenhausen von Denkmälern überschwemmt. Zum Schluss geben die beiden Streithähne gemeißelte Bildnisse von sich selbst in Auftrag, und auch diesmal hat Dagobert in Sachen Pracht die Nase vorn. Und gleichzeitig sein Ziel erreicht: Den hochmütigen Maharadscha hat die Materialschlacht letztendlich ruiniert.

Janz und Mindermann interessieren jedoch die Detail-Aspekte der Geschichte. Sie referieren etwa, in welchem Winkel die im Comic gezeigten Statuen von der Sonne beschienen werden, und schließen darauf auf deren Lage innerhalb der Stadt und deren Ausrichtung. Während ihrer Ausführungen schwappt immer wieder, wie in den Walt-Disney-Comics, ein gemurmeltes „Hört, hört, hört!“ durch das Auditorium im Filmforum des Museums Ludwig. „Es bleibt der weiteren Forschung überlassen, den genauen Standort der Statuen auszumachen“, beschließen die Forscher ihren Vortrag. Und die rund 200 Besucher quittieren ihn – ebenfalls im Donald-Duck-Comicstil – mit einem „Klatsch, klatsch, klatsch!“-Sprechchor.

Im deutschsprachigen Raum gibt es rund 1000 organisierte Donaldisten, die sich in ihrer Freizeit intensiv den Abenteuern aus Entenhausen widmen. Rund 200 von ihnen trafen sich nun im Kunstmuseum am Dom zum 39. Jahreskongress ihres Vereins D.O.N.A.L.D., der „Deutschen Organisation nichtkommerzieller Anhänger des lauteren Donaldismus“. Im Mittelpunkt stand ein mehrstündiges Kolloquium – eine Abfolge von Fachvorträgen – zu Ehren von Jürgen Wollina: Der im vergangenen November mit 68 Jahren verstorbene Donaldist ist für die Vereinsmitglieder ein Held – denn er entwarf in jahrelanger Kleinarbeit einen detaillierten Stadtplan von Entenhausen. Ein Stargast des Treffens war Mark Benecke, seines Zeichens Kriminalbiologe, NRW-Landeschef der Polit-Satiriker von „Die Partei“ und am Ende drittplatzierter Kölner Oberbürgermeister-Kandidat von 2015: Der 45-Jährige schenkte der Kölner Stadtbibliothek eine 30-bändige Gesamtausgabe aller Donald-Comics aus der Feder des legendären Disney-Zeichners Carl Barks. In der Bücherei am Neumarkt werden die Werke in den Präsenzbestand aufgenommen und im dortigen Lesesaal einsehbar sein.

„Man hat einfach eine donaldistische Ader in sich“, erläuterte Rainer Bechtel. „Ich habe meine etwa mit Anfang 30 entdeckt.“ Der 46-Jährige hatte bis zur Neuwahl auf dem Kongress das Amt der „Präsid-Ente“, des Vereinsvorsitzenden der Donaldisten, inne. Ein Duo aus Irene Roth und Jan Landmann beerbt ihn für die nächsten zwölf Monate. „Was uns verbindet ist, dass man als Kind mit den Geschichten von Donald Duck in Berührung gekommen ist.“ 1978 durch den Hamburger Klimaforscher Hans von Storch gegründet, trifft sich der Verein seitdem jährlich an wechselnden Orten; schon der Kongress 1986 hatte in Köln stattgefunden.

„Wir sehen uns nicht als Fanclub, sondern als Wissenschaftler, die sich mit dem Donald-Duck-Universum beschäftigen“, so Bechtel. „Die Leute haben sich über das reine Lesen der Comics weitergehende Gedanken gemacht, etwa warum nur die weiblichen Ducks Schuhe tragen“, gibt er schmunzelnd ein Beispiel. „Entenhausen muss irgendwo existieren, das ist sozusagen für uns Wissenschaftler das Duck-Ma.“ Eine herausragende Bedeutung für den Verein habe der im Jahr 2000 verstorbene Zeichner Carl Barks gehabt, weil er qualitativ sehr gut arbeitete. „Barks hat in zwei Jahrzehnten rund 600 Geschichten mit insgesamt etwa 6000 Seiten gezeichnet. Er hat das Entenhausen, wie wir es heute kennen, zu uns transportiert. Und Erika Fuchs übertrug all seine Arbeiten ins Deutsche. Sie hat jedoch nicht nur übersetzt, sondern den Charakteren ihre eigene Sprache gegeben und dabei hervorragendes Deutsch verwendet.“

Nach dem zehnstündigen Mammut-Kongressprogramm feierten die Donaldisten bis in die Nacht im Sion-Brauhaus weiter – bis zum Wiedersehen beim Jahrestreffen im Folgejahr, das in Hamburg stattfinden wird. „Es ist einfach ein schönes Hobby, das auch Platz lässt für Intellektuelles“, resümiert Bechtel. Seine Lieblingsfigur – Donald natürlich ausgenommen – ist übrigens Daniel Düsentrieb. „Er ist Erfinder mit genialen Einfällen und einem positiven Charakter.“

www.donald.org

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