Fläche vor dem Kölner HauptbahnhofZentraler Platz ohne richtigen Namen

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Für Kölner eher Durchgangsort, für Besucher oft erster Eindruck von Köln – der Bahnhofsvorplatz.

Für Kölner eher Durchgangsort, für Besucher oft erster Eindruck von Köln – der Bahnhofsvorplatz.

Innenstadt – Die Bedeutung eines Platzes hängt zu einem guten Teil von seiner Gestaltung, vor allem aber von seiner Lage innerhalb der jeweiligen Stadt ab. Die Fläche zwischen Hauptbahnhof und Dom ist ohne Zweifel eine Toplage – umso erstaunlicher, dass ausgerechnet der zentral in der Innenstadt gelegene Platz, eingerahmt von der Bahnhofsfassade, dem Deichmannhaus und der Domtreppe, seit 1880 denselben, schlichten und funktionalen Namen trägt: Bahnhofsvorplatz.

Kein historisch bedeutsames Ereignis, keine befreundete Stadt und keine Person, die entscheidend zur Entwicklung Kölns beigetragen hat, konnte bislang daran rütteln. Dabei wäre der Gedanke, den Bahnhofsvorplatz umzubenennen, nach den massenhaften sexuellen Übergriffe in der Silvesternacht, die den Platz weltweit in ein unrühmliches Licht gerückt haben, durchaus naheliegend.

Der Blick in andere Städte zeigt zudem, dass es sich nicht um eine Ausnahme handeln würde. So wurde zum Beispiel der Vorplatz des Hamburger Hauptbahnhofs nach der aus der Hansestadt stammenden Volksschauspielerin Heidi Kabel benannt. In Düsseldorf betreten die Reisenden beim Verlassen des Hauptbahnhofs den Konrad-Adenauer-Platz. In Berlin gelangen sie im Süden auf den Washingtonplatz und im Norden auf den Europaplatz.

Kein Mangel an Vorschlägen

Das Festhalten am althergebrachten Namen liegt in Köln allerdings nicht in einem Mangel an Vorschlägen begründet. Eine Umbenennung des Platzes, der zuletzt im Jahr 2005 umgestaltet und um die Freitreppe des Architekten Christian Schaller zur Domplatte hin ergänzt wurde, steht regelmäßig im Raum. „Wir werden fast jedes Jahr damit konfrontiert“, sagt Andreas Hupke, Bezirksbürgermeister der Innenstadt. Die Vorschläge werden vor allem von Bürgern und Institutionen eingereicht.

So sollte der Bahnhofsvorplatz etwa zum Willy-Millowitsch-Platz werden. Nachdem sich der Vorschlag nicht durchsetzen konnte, steht der 1999 gestorbene Volksschauspieler mittlerweile Pate für eine deutlich kleinere Fläche an der Ecke Ehrenstraße und Apostelnstraße. Nach dem Weltjugendtag im Jahr 2005 entbrannte eine Diskussion darüber, ob „Weltjugendtagsplatz“ ein angemessener Name sein könnte. Der damalige Oberbürgermeister Fritz Schramma konnte sich zwar für die Idee begeistern, eine politische Mehrheit im Stadtrat kam aber nicht zustande.

Ein weiterer gescheiterter Vorschlag bezog sich auf die im Deichmannhaus geborene Juristin Freya von Moltke, die sich aktiv am Widerstand gegen den Nationalsozialismus beteiligte. Selbst der erste römische Kaiser Augustus war bereits im Gespräch – ebenfalls vergeblich.

Erben stellen sich quer

Ein entscheidender Grund, warum der Bahnhofsvorplatz bislang keinen neuen Namen erhielt, ist die Rücksichtnahme auf die Anlieger. „Die Erbengemeinschaft, der das Deichmannhaus gehört, hat bislang immer alle Hebel in Bewegung gesetzt, um eine Umbenennung mit Verweis auf die historische Tradition zu verhindern“, sagt Hupke. Das habe die zuständige Bezirksvertretung Innenstadt respektiert, obwohl sich die Politik in dieser Frage grundsätzlich gegen den Willen der Anwohner durchsetzen könnte.

Deichmannhaus wäre betroffen

Das Deichmannhaus, in dem sich unter anderem Firmen wie der Personaldienstleister Randstad, der Verlag Kiepenheuer & Witsch und das Brauhaus Gaffel am Dom befinden, trägt die Adresse Bahnhofsvorplatz 1. Die Beratungsstelle des Sozialdiensts Katholischer Männer ist am Bahnhofsvorplatz 2 erreichbar, wäre also von einer Benennung ebenfalls betroffen. Der Hauptbahnhof und die Geschäfte im Inneren können hingegen nur unter der Adresse Trankgasse 11 angeschrieben werden.

Für die Neu- und Umbenennung einer Straße oder eines Platzes gibt es strenge Regeln. Eine Person, die auf diese Weise geehrt wird, muss zum Beispiel mindestens seit zwei Jahren tot sein und sich auf Stadt-, Landes- oder Bundesebene besondere Verdienste erworben haben. Zu einer Umbenennung soll es nur in „besonderen Ausnahmefällen“ kommen. Die Anwohner müssen auf jeden Fall befragt werden und es sollen für sie keine unzumutbaren Kosten entstehen – wie es bei einem größeren Unternehmen hohe Druckkosten etwa für neue Schilder, Briefpapier und Visitenkarten wären.

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