Test-SperrungVerkehrschaos rund um die Zülpicher Straße ist zurückgegangen

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An der Kreuzung Universitätsstraße, Zülpicher Straße bildet sich auch im Berufsverkehr kein Stau.

An der Kreuzung Universitätsstraße, Zülpicher Straße bildet sich auch im Berufsverkehr kein Stau.

Sülz – Wer als Kind im Matsch gespielt hat, kennt das Geschehen: Wenn man eine sprudelnde Wasserstraße mit Holzstämmen oder Steinen verbarrikadiert, staut sich das Wasser und sucht sich dann neue Wege, oftmals ganz andere als vermutet, bis es ein neues bequemes Bett findet, wo es am leichtesten fließen kann.

Ähnliches spielt sich derzeit an der Kreuzung Zülpicher Straße, Universitätsstraße ab. Seit dem 19. April ist die Zülpicher Straße hinter der Einfahrt zur Wilhelm-Waldeyer-Straße bis zum Alphons-Silbermann-Weg für den Pkw- und den Lkw-Verkehr gesperrt, zunächst einmal drei Monate lang.

Ziel ist es, zu prüfen, ob die Straße dauerhaft für den Autoverkehr gesperrt werden kann, ohne dass die umliegenden Hauptstraßen über Gebühr belastet werden.

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Eigentlich würden Straßensperrungen und deren mögliche Auswirkungen in einem Modellversuch getestet, sagt Angela Stolte-Neumann, Leiterin der Planungsabteilung im Amt für Straßen- und Verkehrstechnik. In diesem Fall sei es aber ausdrücklicher Wunsch der Politik gewesen, direkt vor Ort festzustellen, wie die Verkehrsströme sich entwickeln, auch weil die Gefahr, dass es zu erheblichen Behinderungen kommt, relativ gering gewesen sei.

So wurde auf den Einfallsreichtum der Verkehrsteilnehmer vertraut: Für viele Sülzer und Lindenthaler war die Zülpicher Straße bislang die direkte Verbindung in die Kölner Innenstadt. Nun müssen sich Auto- und Lastwagenfahrer andere Wege suchen – und scheinen mittlerweile Alternativen gefunden zu haben. Die Verkehrslage an der Kreuzung vor der Absperrung hat sich entspannt.

Anwohner berichten von Chaos

Einige Wochen zuvor sah es noch anders aus. Gerade im Berufsverkehr bildeten sich auf der Zülpicher Straße vor der Kreuzung immer wieder Staus, wie Anwohner berichteten – und der Verkehr nahm dann seltsame Wege. Nicht jeder Autofahrer, der aus Sülz kommend auf der Zülpicher Straße fuhr, bemerkte die Hinweisschilder für die Sperrung in Höhe der Universitätsstraße und stand mit dem Fahrzeug plötzlich vor den Absperrpfosten – mit ungläubigem Staunen im Gesicht.

Dort blieb nur noch ein Ausweg: die schmale Wilhelm-Waldeyer-Straße, in die Autos kurz vor der Absperrung abbiegen können. So quälte sich der Autoverkehr und mancher Lkw mehr oder auch minder erfolgreich durch das Sträßchen – zum Entsetzen der Anwohner: „An einem Tag musste ein Verkehrspolizist fünfmal in unsere Straße kommen. Durchfahrende Lkw hatten geparkte Autos beschädigt, und mehrmals sind Lkw in der Straße hängen geblieben“, berichtet Pia Fried, die an der Straße wohnt.

Die Wilhelm-Waldeyer-Straße.

Die Wilhelm-Waldeyer-Straße.

„Letzte Woche hat noch ein Auto mitten auf der Zülpicher Straße gewendet und wollte dann entgegen der Fahrtrichtung wieder zurück auf die Universitätsstraße abbiegen“, erzählt Fried. „Die anderen Autos waren dadurch gezwungen, rückwärts aus der Zülpicher Straße heraus zu fahren. Dadurch entstand ein totales Verkehrschaos auf der Kreuzung.“

Ähnliches hat Anwohner Jörg Löhmann beobachtet: „Ein Lkw ist bis zur Sperrung und dann kurzerhand rückwärts auf die Universitätsstraße gefahren, über Rot“, erzählt er, „sehr gefährlich.“ Den Nutzen der Sperrung sieht mancher Anwohner nicht, wie Armin Hettmer: „Klar, die Studenten können sich besser bewegen, die Radfahrer besser fahren, aber eben doch nur auf einem relativ kurzen Stück. Welchen Sinn hat das?“

Auweitung der Sperrung geplant

Bezirksbürgermeisterin Helga Blömer-Frerker versteht die Irritation. Langfristig sei aber angestrebt, die Zülpicher Straße noch ein Stück weiter, bis zum Zülpicher Platz, zu sperren. Bislang sei die Straße durch die Enge besonders für Radler gefährlich – durch den Autoverkehr. Da aber vergleichsweise wenig Autos hier unterwegs sind, biete sich eine Sperrung für Kraftfahrzeuge an. So würde auch der innerstädtische Grüngürtel geschlossen.

Viertelsbewohner Armin Hettmer (r.) und Jörg Löhmann

Viertelsbewohner Armin Hettmer (r.) und Jörg Löhmann

Diese positive Auswirkung fällt manchen Anwohnern bereits jetzt auf. „Ich war gerade an einem sonnigen Nachmittag an der Zülpicher Straße unterwegs. Es herrschte eine unglaubliche Ruhe. Familien saßen neben der Straße im Grünen und picknickten“, schildert Reinhard Zietz. „Wir haben mit dem inneren und äußeren Grüngürtel doch wirklich zwei Juwelen in Köln, mit denen wir bislang nicht richtig umgegangen sind. Durch eine solche verkehrstechnische Änderung wird das erheblich verbessert.“

Für Radfahrer sei die Straße nun erheblich attraktiver. „Wenn Köln nun noch um mehrere Hunderttausend Menschen wächst, können die ja nicht alle auch noch mit dem Auto in die Innenstadt fahren“, so Tietz. Ein Umdenken und Umsteigen auf andere Verkehrsmittel sei nötig.

Aber das Ganze hätte man besser planen können, findet Jörg Löhrmann. Vor allem aber sei die Beschilderung der Sperrung nicht ausreichend klar. Das sieht Reinhard Tietz genauso. Man hätte direkt an der Universitätsstraße an der Einfahrt in das gesperrte Stück ein Schild installieren können, das eindeutig zeigt, dass die Durchfahrt gesperrt ist, aber für Anwohner frei. „Die Beschilderung ist schlecht, da ist in der Feinabstimmung noch vieles möglich“, findet er. Dieser Ansicht ist auch Helga Blömer-Frerker: „Vielleicht kann man auch die Richtung der Einbahnstraße der Wilhelm-Waldeyer-Straße ändern“, lautet ihr Vorschlag. Alles das müsse erst geprüft werden. Im Juni wird das Amt für Straßen und Verkehrstechnik genau erforschen, welchen Weg die Verkehrsströme genommen haben. „Bislang sieht es aber nicht so aus, als ob Knotenpunkte erheblich belastet seien“, sagt Angela Stolte-Neumann.

Blömer-Frerker jedenfalls ist guter Hoffnung: „Wenn am Ende der drei Monate die Bürgerbefragung ansteht, wäre es schön, wenn die Menschen dann die Vorzüge der Sperrung sehen.“

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