Kampf gegen ElterntaxisSchulstraßen werden jetzt dauerhaft eingerichtet – Köln Vorreiter in Deutschland

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Kinder auf dem Weg zur Grundschule

Auf Schulstraßen – wie hier in der Lindenbornstraße – können die Kinder morgens ohne Verkehrschaos durch Elterntaxis sicher zur Schule kommen.

Einstimmig hat der Rat beschlossen, dass die Zahl der Schulstraßen in Köln deutlich ausgeweitet wird.

Für Köln ist es ein Meilenstein im Kampf gegen Elterntaxis und für mehr Schulwegsicherheit: Schulstraßen vor Grundschulen werden in Köln zur Dauereinrichtung. Der Stadtrat hat beschlossen, dass die derzeit bestehenden vier Schulstraßen vor Grundschulen, die eigentlich als Pilotprojekt bis Ostern laufen sollten, unbefristet erhalten bleiben.

Der Antrag des Ratsbündnisses, der mit Ausnahme der AfD von allen Fraktionen einstimmig beschlossen wurde, geht aber noch deutlich weiter: In Zusammenarbeit mit den Bezirksregierungen und den Schulen sollen weitere Straßen gefunden werden, die zu Schulbeginn und vor Schulende dauerhaft jeweils für eine halbe Stunde für den Autoverkehr gesperrt werden. Eltern mit Auto dürfen nicht parken. Sie können ihre Kinder in Haltebereiche bringen, die aber nicht direkt vor der Schule liegen. Anwohner, Lehrkräfte, Schulbusse und Taxen dürfen allerdings weiter passieren.

Köln will auch Straßen vor Schulen dauerhaft sperren

Außerdem sollen darüber hinaus Straßen identifiziert werden, die dauerhaft für den motorisierten Individualverkehr gesperrt und umgestaltet werden sollen. Dabei erhalten Anwohner eine Sondergenehmigung für ihr Auto. Auch Handwerker, Pflegedienste oder städtische Versorgungsfahrzeuge wie die Müllabfuhr müssen ihre Ziele weiter erreichen können.

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Damit wird Köln bundesweit Vorreiter beim Einrichten von Schulstraßen. Angesichts chaotischer und gefährlicher Situationen, die sich morgens vor fast allen Kölner Grundschulen ergeben, weil Eltern ihre Kinder mit dem Elterntaxi bis vor das Schultor fahren, sei das eine wirklich gute Nachricht, sagte die Sprecherin des Aktionsbündnisses Kidical Mass Köln, Simone Kraus. Dabei freute sie sich über die parteiübergreifende Unterstützung aus der Politik: „Es ist ein tolles Zeichen, dass Köln als erste Kommune in ganz Deutschland einen stadtweiten Beschluss getroffen hat.“ Dies sei ein Signal auch an alle anderen Kommunen in ganz Deutschland.

Dass es so weit gekommen ist, verdankt sich der engagierten Arbeit von Kidical Mass. Fraktionsübergreifend dankten die Ratspolitiker dem Bündnis, das mit Hartnäckigkeit und Expertise auf diese Dauereinrichtung hingearbeitet hat: Zunächst hatte das Aktionsbündnis Schulstraßen vor Kölner Grundschulen als Demonstrationen angemeldet. Für diese Demonstrationen wurden dann jeweils die Straßen für einen bestimmten Zeitraum gesperrt. „Damit haben wir die Schulstraße auch für die Anwohner erlebbar gemacht und sind mit ihnen ins Gespräch gekommen“, erläutert Anne Genser von Kidical Mass.

Die Kommunikation mit den Anwohnern – auch in Form von Fragebögen – war immer Teil des Konzepts, um alle mitzunehmen und einen breiten Konsens herzustellen. Auch das wurde von den Politikern als positiver Ansatz hervorgehoben. Gerade, weil es bei Verkehrsprojekten dieser Art immer Vorbehalt gibt. Später übernahm die Stadt dann das Schulstraßenkonzept und setzte es als Pilotprojekt befristet für ein Jahr vor vier Kölner Grundschulen um.

Dann aber drohte nach dem Ende der Pilotphase nach den Osterferien der Rückbau der Schulstraßen: Nach Ansicht der Kölner Straßenverkehrsbehörde gab die Straßenverkehrsordnung keine rechtliche Basis für eine dauerhafte Fortführung der Schulstraßen her. So einfach aber wollte Kidical Mass das Projekt Schulstraßen nicht beerdigen lassen. Gemeinsam mit dem Kinderhilfswerk und dem Verkehrsclub Deutschland (VCD) gab man ein Rechtsgutachten in Auftrag, um die Rechtsunsicherheit bezüglich der Schulstraßen zu beseitigen.

Jetzt müssen mit diesem politischen Rückenwind schnellstmöglich viele weitere Schulstraßen in Köln eingerichtet werden
Simone Kraus, Kölner Sprecherin von Kidical Mass

Das Gutachten ergab, dass das Straßenrecht sehr wohl Optionen bietet: zum Beispiel die Einrichtung einer sogenannte Teileinziehung – also einer Sperrung der Straße zu bestimmten Uhrzeiten. Mitte Februar schaffte dann das NRW-Verkehrsministerium – offenbar angelehnt an besagtes Rechtsgutachten – per Erlass Rechtssicherheit für die Schulstraßen. Schon damals äußerte Kraus von „Kidical Mass“ die Hoffnung, dass sich das Ratsbündnis mit diesem Erlass im Rücken für eine Weiterführung der Schulstraßen starkmache.

Der Beschluss des Rates geht nun weit darüber hinaus. „Jetzt müssen aber mit diesem politischen Rückenwind schnellstmöglich viele weitere Schulstraßen in Köln eingerichtet werden“, fordert Kraus. Denn: Das Interesse von Kölner Grundschulen und Kitas ist riesig. Rund 30 Grundschulen und Kitas haben bereits eine Schulstraßen-Aktion in Form von Demonstrationen oder Aktionen durchgeführt. Die Zahl der Interessenten liegt noch deutlich darüber. Im Mai werden auch weitere neue Schulen in Mülheim und Porz dabei sein. „Wir bekommen täglich neue Anfragen“, sagt Genser. Kidical Mass hat deshalb ein Konzept erstellt, das Eltern und Schulen sich herunterladen können, um nachzulesen, wie Schulstraßen-Aktionen niedrigschwellig und ohne großen organisatorischen Aufwand vor Ort durchgeführt werden können.

Eine Forsa-Umfrage hatte zuletzt ergeben, dass mit 23 Prozent knapp ein Viertel der Eltern ihr Kind mit dem Auto zur Schule bringen. Nach den Gründen befragt, gaben 43 Prozent dieser Eltern an, dass die Schule auf dem Weg zur Arbeit liege. Nur 19 Prozent fanden, dass der Weg zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu gefährlich ist.

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