KarnevalPrinzenproklamation - das wichtigste gesellschaftliche Ereignis des Jahres

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Wenn Träume in Erfüllung gehen: Holger Kirsch, Prinz von 2015, kurz vor seiner Proklamation im Gürzenich

Wenn Träume in Erfüllung gehen: Holger Kirsch, Prinz von 2015, kurz vor seiner Proklamation im Gürzenich

Köln – Wenn heute Abend wieder lange Schlangen von Limousinen mit Fahrern am Fackel-erleuchteten Gürzenich vorfahren und ein Portier in roter Uniform den Damen in raschelnden Abendkleidern die Tür öffnet, wenn Herren in Smoking oder Litewka noch eben eine Zigarre genießen, bevor sie durch ein Spalier bunter Karnevalisten die breite Treppe in Kölns gute Stube erklimmen, dann ist wieder „Pripro“.

Die Prinzenproklamation ist das vielleicht wichtigste gesellschaftliche Ereignis des Jahres. Hier trifft sich das Who is Who der Stadtgesellschaft, um bei der Proklamation von Prinz Stefan I., Bauer Andreas und Jungfrau Stefanie dabei zu sein, um zu sehen und gesehen zu werden.

Warum gibt es die Pripro?

Die Pripro wurde 1936 von den Nationalsozialisten erfunden, die damit den Karneval gesellschaftlich aufwerten und gleichzeitig politisch größeren Einfluss gewinnen wollten. Während die Galaveranstaltung in den 1950er Jahren maximal zwei Wochen vor den tollen Tagen stattfand, ist sie heute Anfang Januar. Das Dreigestirn bewältigt in der Session insgesamt rund 400 Auftritte.

Alles zum Thema Henriette Reker

Wo wird gefeiert?

Seit vielen Jahren im Gürzenich, der aber nach dem Krieg zerstört war. Deshalb wurden die ersten Proklamationen im Williamsbau an der Aachener Straße gefeiert. 1958 kamen gar 3000 Besucher in die damalige Halle 8 der Messe.

Eingeladen werden rund 700 Gäste plus Begleitung vom Festkomitee Kölner Karneval, dessen Vorstand die Gästeliste zusammenstellt. Ähnlich wie bei einem Benefizball können geladene Gäste ihre Karten reservieren und bezahlen pro Person vergleichsweise preiswerte 145 Euro inklusive Snack. Geladen werden wichtige Sponsoren und Freunde des Karnevals wie etwa der Große Senat, die Präsidenten der Festkomitee-Gesellschaften sowie die Spitzen von Rat und Verwaltung.

Ex-FC-Manager Andreas Rettig kam 2015 als Pirat verkleidet.

Ex-FC-Manager Andreas Rettig kam 2015 als Pirat verkleidet.

Im vorderen Drittel des Saals sitzt der kölsche Jet Set. Hier ist die Stimmung nicht immer ausufernd gut. Wenn allerdings einer der Ihren Prinz wird, wie 2009 der heutige Ehrengarde-Präsident Hans-Georg „Lupo“ Haumann, gibt es stehende Ovationen. Immer ausgelassene Stimmung herrscht dagegen im hinteren Teil des Saals, wo ein großes Kartenkontingent an die Gesellschaft geht, die das Dreigestirn stellt – in diesem Jahr die Kölner Narren-Zunft.

Wie ist der Dresscode?

Abendgarderobe. Das heißt vorzugsweise langes Kleid für die Damen, Smoking oder Litewka für die Herren. Zwei Frauen im gleichen Kleid sorgen für peinlich berührte Heiterkeit bei den Beteiligten, aber für hohe Aufmerksamkeit bei den Fotografen. Kostüm trägt man bei der Pripro nicht, wie der ehemalige FC-Manager Andreas Rettig vor zwei Jahren erfahren musste – er war als Pirat verkleidet gekommen.

Wer moderiert den Abend?

Die Moderation übernimmt traditionell der Präsident des Festkomitees, das ist derzeit Markus Ritterbach. Es wird seine letzte Pripro als Präsident sein, da er nach der Session von seinem Amt zurücktritt. Ritterbachs finale Pripro wird eine der wenigen Veranstaltungen der Session sein, bei der er nicht für seine Verdienste geehrt wird – und er wird gewohnt souverän durchs Programm führen. Das gelang nicht allen seinen Vorgängern. Legendär der Auftritt Gisbert Brovots 1991, der den farbigen Opernsänger Simon Estes, als dieser von der damaligen Ministerin Dorothee Wilms einen Orden bekam, aufforderte: „Und sie bedanken sich dann wie ein Gentleman!“

FK-Präsident Markus Ritterbach und Sänger Stefan Dahm

FK-Präsident Markus Ritterbach und Sänger Stefan Dahm

Was erwartet die Besucher in diesem Jahr?

Das Motto „Wenn mer uns Pänz sinn, sin mer vun de Söck“ wird natürlich auch bei der Pripro eine Rolle spielen. Wegen der Auftritte zahlreicher Kinder ist die eigentliche Proklamation, die Oberbürgermeisterin Henriette Reker gegen 22 Uhr zum zweiten Mal vollziehen wird, deutlich später als sonst. So sind die Lucky Kids dabei, Stefan Dahm (12) singt das Mottolied, es gibt Puppentheater mit einer kölschen Version von Pharell Williams „Happy“ – und Gentleman, ein international gefeierter Reggae-Star aus Köln, wird sein Debüt im Karneval geben. Der WDR zeichnet die Pripro auf und überträgt am Sonntag, 15. Januar, ab 20.15 Uhr drei Stunden lang.

Was gibt es zu essen und zu trinken?

Vor der Pripro, die auch für Gürzenich-Gastronom Jochen Blatzheim die letzte im Amt ist, gibt es einen „Snack“: Tranchen von der glacierten Kalbshüfte, Kalbsjus mit Portwein, Canneloni-Risotto und grüner Spargel. Im Saal herrscht Weinzwang, es gibt Kalte Ente und Käseigel, später im Foyer dann Kölsch oder Currywurst plus ein Glas Champagner.

Wie ist die Promidichte?

Eher gering. Karnevalisten und Stadtgesellschaft bleiben weitgehend unter sich.

Dürfen die Ex-Prinzen auch kommen?

Im mittleren Teil des Gürzenich gibt es eine lange Tafel der TG, der Traditionsgemeinschaft ehemaliger Dreigestirne. Hier sitzen die Ex-Tollitäten mit eigenen TG-Kappen, das Dreigestirn des Vorjahres trägt blaue Zylinder.

Wie lange geht der Abend?

Das Programm wird gegen Mitternacht vorbei sein. Dann wird im Foyer weitergefeiert. Dreigestirn, Equipe und Familien verdrücken sich traditionell zügig Richtung Hofburg, der FK-Vorstand bleibt feiernd und schließt ab.

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