Ehrenrührige Aussagen?Geschasster Anwalt ist zurück im Drach-Komplex und schießt scharf gegen den Richter

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Der Kölner Rechtsanwalt Wolfgang Heer vertritt den mutmaßlichen Komplizen von Thomas Drach.

Der Kölner Rechtsanwalt Wolfgang Heer vertritt den mutmaßlichen Komplizen von Thomas Drach.

Er ist wieder da und gleich wird der Ton rauer. Wolfgang Heer attackierte den Richter im Prozess gegen den mutmaßlichen Komplizen von Thomas Drach.  

Im Ableger des bereits abgeschlossenen Strafprozesses gegen Thomas Drach fliegen vor dem Landgericht wieder die Fetzen. Der Grund: Nach seinem Rauswurf aus dem Verfahren ist der Kölner Rechtsanwalt Wolfgang Heer nach Weisung des Oberlandesgerichts wieder zurück. Der Vorsitzende Richter hatte Heer als Pflichtverteidiger abgesetzt und auch als Wahlverteidiger nicht anerkannt.

Köln: Eugen W. verlangte nach Anwalt Wolfgang Heer

Richter Jörg Bern hatte Heer als Wahlverteidiger im abgetrennten Verfahren gegen den mutmaßlichen Drach-Komplizen Eugen W. nicht zugelassen, nachdem Heer keine Vollmacht vorgelegt und sich W. nicht entsprechend erklärt hatte. Zuletzt hatte der Niederländer jedoch nur unter Protest an der Hauptverhandlung teilgenommen und nach Anwalt Heer verlangt.

Der mutmaßliche Drach-Komplize Eugen W. wurde zuvor an den Rollstuhl gefesselt in den Gerichtssaal gebracht.

Der mutmaßliche Drach-Komplize Eugen W. wurde zuvor an den Rollstuhl gefesselt in den Gerichtssaal gebracht.

Dem Oberlandesgericht genügten die aktuellen Äußerungen des Angeklagten, um Heer wieder als Wahlverteidiger zuzulassen und hob damit einen Beschluss des Landgerichts auf. Am Dienstag ließ sich Eugen W. daher ohne Murren von den Wachtmeistern vom Zellentrakt in den Gerichtssaal vorführen – nachdem er sich zuvor geweigert hatte und an den Rollstuhl gefesselt gebracht wurde.

Kölner Staatsanwältin spricht von ehrenrührigen Aussagen

Er sei rechtsfehlerhaft nicht als Wahlverteidiger anerkannt worden, sagte Heer und schoss danach scharf gegen den Richter: „Er wollte mich als Verteidiger loswerden und schreckte vor vorsätzlichen Rechtsbrüchen nicht zurück.“ Der Richter sei laut Heer so offensichtlich befangen, dass das Verfahren ausgesetzt und neu begonnen werden müsse, am besten vor einem anderen Gericht in NRW.

Der Richter entgegnete, dass Heer wider besseren Wissens falsche Behauptungen aufstelle. Zum Vorwurf der vorsätzlichen Willkür sagte Bern zu Heer: „Dem war nicht so und das wissen Sie auch.“ Staatsanwältin Sabrina Heimers sprach im Saal davon, dass Heers Aussagen ehrenrührig gewesen sein können – und brachte damit eine mögliche Verleumdung oder üble Nachrede ins Spiel.

Köln: Vorsitzender Richter wechselt in den Zivilbereich

Heer beantragte, dass bei einer Nichtaussetzung des Verfahrens zumindest die Prozessteile wiederholt werden müssten, die er durch seine zwangsweise Abwesenheit seit November verpasst habe. Gutachter und Zeugen müssten dann neu vernommen werden. Darüber beraten die Richter und Schöffen nun. Ein angedachter schneller Abschluss des Verfahrens ist nun erstmal nicht möglich.

Der Prozess um Raubüberfälle auf Geldboten, für die Thomas Drach bereits 15 Jahre Haft und Sicherungsverwahrung erhalten hatte, ist der letzte Strafprozess für den Vorsitzenden Richter. Bern wechselt nach zwei Jahrzehnten in den Zivilbereich. Zukünftig hat er es etwa mit Schadenersatz im Bereich Staatshaftung oder Streitigkeiten bei Neubauten zutun. Ob womöglich die Querelen im Drach-Verfahren den Ausschlag für die berufliche Neuorientierung gaben, ist nicht bekannt.

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