Fast 100 MessersticheFamilienvater tötet Kölner Geliebten – Staatsanwalt fordert lange Haftstrafe

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Der Angeklagte mit seinem Verteidiger Mario Geuenich beim Prozessauftakt im Landgericht Köln.

Der Angeklagte mit seinem Verteidiger Mario Geuenich beim Prozessauftakt im Landgericht Köln.

Der Staatsanwalt sprach von einer toxischen Beziehung und der Drohung eines Outings.

Für die Tötung seines Kölner Geliebten soll ein Familienvater aus dem Raum Hannover nach dem Willen der Staatsanwaltschaft für zehn Jahre ins Gefängnis. Oberstaatsanwalt Bastian Blaut hob in seinem Plädoyer die Brutalität des Geschehens im Königsforst hervor. Mit fast 100 Messerstichen hatte der Angeklagte auf sein Opfer eingewirkt – weil der ihn bei dessen Familie outen wollte. Ein Mordmerkmal sah der Ankläger allerdings nicht zweifelsfrei bewiesen und blieb daher bei Totschlag.

Köln: Liebhaber drohte Familienvater mit Outing

Im Sommer 2021 hatten sich die aus dem Irak stammenden Geflüchteten über eine Internet-Plattform kennengelernt und zu einem ersten Treffen verabredet, bei dem es gleich zum Sex gekommen war. „Es war der Beginn einer unheilvollen Beziehung“, sagte der Ankläger. Zunächst war das spätere Opfer davon ausgegangen, dass er sich mit einem Alleinstehenden treffe – bis er durch Internetrecherchen herausgefunden habe, dass der Mann verheiratet war und Kinder hat.

Die Beziehung sei in der Folgezeit toxisch geworden, Liebesschwüre und Beleidigungen hätten sich abgewechselt. Irgendwann habe das Opfer damit gedroht, den Geliebten bei dessen Familie zu outen. Wie, wurde nicht bekannt, möglich sei die Offenbarung von kompromittierenden Fotos. Der beschuldigte Busfahrer habe sich laut Oberstaatsanwalt Blaut in einem existenzbedrohenden Dilemma befunden. Auch, weil ihm seine Religion als Jeside homosexuelle Aktivitäten verbiete.

Kölner Königsforst: Fast 100 Mal zugestochen

Im vergangenen November habe der Angeklagte dann nur noch den Ausweg gesehen, seinen Liebhaber zu töten. „Kein Mensch wird zulassen, dass seine Familie zerstört wird“, hatte der 33-Jährige bei einem vorigen Prozesstag geäußert. Und deshalb sei er mit einem Messer in der Tasche zu dem späteren Opfer gefahren. Wie schon häufiger habe man sich dann zu einem gemeinsamen Spaziergang in den Königsforst bei Rath/Heumar aufgemacht. Hier sei der Plan umgesetzt worden.

Einen heimtückischen Mord nahm der Staatsanwalt aber nicht an, da im Prozess nicht aufgeklärt werden konnte, was in den Momenten vor der Messerattacke geschehen sei. Möglicherweise habe es ein Streitgeschehen gegeben und das Opfer sei somit nicht mehr arg- und wehrlos gewesen. Laut Gerichtsmedizin hatte der Angeklagte sogar 96 Mal, noch öfter als zunächst angenommen, auf seinen Geliebten eingestochen. Dann habe er dessen Wertsachen verschwinden lassen und sei geflüchtet.

Köln: Verteidiger fordert mildere Strafe für den Angeklagten

Nach der Tat hatte der Angeklagte noch belanglose WhatsApp-Nachrichten an die Nummer seines Opfers verschickt, womöglich um später von einer Täterschaft abzulenken. Erst drei Wochen später wurde die dann gefrorene Leiche von einem Spaziergänger gefunden. Tiere hatten den Körper angefressen, er musste in der Gerichtsmedizin auftauen. Erst danach konnte die Kleidung entfernt und eine Obduktion durchgeführt werden. Das ganze Ausmaß der Bluttat wurde so offenbart.

Verteidiger Mario Geuenich sprach in seinem Plädoyer von einer immer größer werdenden Betroffenheit des Angeklagten, der am Donnerstag einen Heulkrampf erlitten hatte. „Mein Mandant ist nicht mit dem Plan nach Köln gefahren, ihn zu töten“, sagte Geuenich und sprach von einer Affekttat und einem „Overkill“. Durch die Provokationen des Opfers sei das Fass irgendwann übergelaufen. Der Verteidiger sprach sich für eine Haftstrafe von höchstens fünf Jahren aus. Das Urteil soll in der kommenden Woche fallen.

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