Kommentar zu HeiligabendDer Kölner Dom – Ein Symbol, das die Stadt nötig hat

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Kölner Dom Luftbild

Der Kölner Dom (Symbolbild).

Köln – An diesem Samstagabend ist es wieder so weit: Der unverwechselbare Klang der Petersglocke, des „Dicken Pitter“, sorgt traditionell eine knappe Stunde vor der Mitternachtsmesse an Heiligabend dafür, dass die Menschen auf der Domplatte stehenbleiben und ganz einfach zuhören – keinem Straßenmusiker, keiner Panflöten-Kapelle, sondern: einer Kirchenglocke. Wenn der Dom das Herz dieser Stadt ist, dann ist die Petersglocke eine ihrer eindrücklichsten Stimmen. Auch wenn sie nur selten zu hören ist.

Die Glocke hoch oben im Südturm des Domes ist eben mehr als nur erste Glocke des Geläuts. So wie die ganze Kathedrale mehr ist als nur architektonisches Meisterwerk, weltbekannte Sehenswürdigkeit oder unverwechselbarer Bestandteil der Kölner Silhouette. Der Dom ist das zentrale Symbol, hinter dem sich fast alle Kölner vereinen. Und zwar ganz egal, an wen oder an was sie glauben.

Kein gutes Jahr für Dom und Stadt

Doch für den Dom wie für die Stadt war es kein gutes Jahr. Die Silvesternacht 2015 begann mit einem gezielten Beschuss der Kathedrale mit Raketen und Böllern, dem sich kein Polizist, keine Ordnungskraft entgegenstellte, obwohl im Innern Gottesdienst gefeiert wurde. Und das war ja nur der Auftakt zu deutlich Schlimmerem. Was sich in den Stunden danach zwischen Dom und Bahnhof abspielte, hat viele der Betroffenen traumatisiert. Und es hat das Bild Kölns weltweit in kürzester Zeit nachhaltig beschädigt.

Das alles passierte zu Füßen des Domes. Der sich gerade deswegen auch in den folgenden Wochen als Symbol angeboten hätte, um sich den Folgen jener Nacht entgegenzustellen. Aber jene, die das hätten tun können, blieben stumm. Ein kraftvolles Zeichen aus der Stadtspitze, eine Mut machende Rede, ein Appell zum Zusammenstehen und Zusammenhalten – wie oft hat Köln eindrucksvoll demonstriert, dass es genau das kann. Doch diesmal: Schweigen.

Woelki setzte kraftvolles Zeichen

Die Polizei dagegen machte ihr eklatantes Versagen an Silvester nach dem nötigen Führungswechsel durch Stärke und Präsenz wieder wett. Auch das Bild von Kardinal Woelki hinter dem hölzernen Flüchtlingsboot aus dem Mittelmeer, das ihm am Fronleichnamstag als Altar auf dem Roncalliplatz diente, war ein kraftvolles Zeichen – weil es eben für eine Haltung stand.

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Kardinal Woelki ließ zum Pontifikalamt an Fronleichnam ein Flüchtlingsboot als Altar aufbauen

Nun wäre zumindest der Jahrestag des verstörenden Ereignisses ein Anlass gewesen, um das verheerende Bild, das Köln in diesem Jahr geboten hat, wieder zurechtzurücken. Doch statt die Planung für den Jahreswechsel 2016 zur deutlichen Chefsache zu erklären, wurde eine Akte angelegt und auf eine lange, mühsame Reise durch die Stadtverwaltung geschickt.

Das erwartbare Ergebnis: Weder ein eindrucksvolles Konzert oder ein ähnliches Groß-Event – das sei ja in der Kürze der Zeit gar nicht möglich gewesen, klagte die Oberbürgermeisterin. Was sie dabei verschwieg: Ausgewiesene Experten für Stars und Konzerte, etwa den Chef der Lanxess-Arena, hatte man nicht einmal angesprochen. Nun singt eben ein Kinderchor und jeder darf einstimmen.

Eindrucksvolles Lichtspiel am Dom

Und der Dom? Der ist wieder einmal Kulisse, darf als Projektionsfläche dienen für ein sicherlich eindrucksvolles Lichtspiel. Doch damit hat es sich – auf die Idee, dass man einem solchen Abend auch Bedeutung geben könnte, indem man ihn IM Dom beginnen lässt, also dort, wo selbst Karnevalisten und FC-Fans im Gottesdienst regelmäßig für eine gute Zukunft beten, kam keiner der Verantwortlichen bei der Stadt.

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Stadtdechanten Monsignore Robert Kleine und Pfarrer Markus Herzberg hielten die ökumenische Messe im Kölner Dom.

Immerhin wird es friedlich bleiben rund um die Kathedrale, schon angesichts des Großaufgebots der Sicherheitskräfte. Der Dom wird auch das überstehen, und er wird bleiben, was er ist: Ein Symbol des Friedens für diese Stadt, für das Land und für die Welt. Ein solches Symbol werden wir auch im kommenden Jahr, das steht zu befürchten, wieder bitter nötig haben.

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