LärmBrummen und Pfeifen quält Anwohner in Köln-Bickendorf und Dellbrück

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Dunja Zöhrlaut (v. l.), Peter und Verena Zillinger werden regelmäßig durch einen Pfeifton aus dem Schlaf gerissen.

Dunja Zöhrlaut (v. l.), Peter und Verena Zillinger werden regelmäßig durch einen Pfeifton aus dem Schlaf gerissen.

  • Immer mehr Kölner beschweren sich über nervtötende Brummtöne.
  • In der Südstadt, in Bickendorf und in Dellbrück wurden die Töne zwar gemessen, die Ursachen sind jedoch bislang ungeklärt.

Köln – Ein Langschläfer war Friedrich Kautz nie. Aber jetzt sei selbst ihm die Nachtruhe zu kurz. Es ist ein tieffrequentes Brummen, das dem 70-Jährigen in Bickendorf den Schlaf raubt. Tagsüber sei es kaum wahrnehmbar, aber nachts, wenn die Nebengeräusche der Stadt abebbten, spüre er es. „Man hat dauernd den Eindruck, es vibriert, als ob draußen ein Auto steht, dessen Motor ständig läuft.“

Als Ursache für den dauerhaft auftretenden, unterschiedlich stark ausgeprägten Ton hat Kautz Transformatoren ausgemacht, die im Nebengebäude stehen. Kautz’ Schlafzimmer grenzt direkt an den Raum mit den Geräten, die die elektrische Spannung auf Haushalts-Niveau herunterregeln. Woanders im Haus zu schlafen habe keinen Sinn: „Im Wohnzimmer brummt es auch.“

Kein Einzelfall

Von sonderbaren Geräuschen wird nicht nur Kautz heimgesucht. An der Bonner Straße und am Alteburger Wall in der Südstadt klagen ebenfalls Anwohner über ein beständiges, sonores Brummen, dessen Ursprung auch nach längerer Suche des Umweltamts ungeklärt blieb.

Friedrich Kautz am Traforaum neben seinem Gebäude

Friedrich Kautz am Traforaum neben seinem Gebäude

Peter Zillinger und seine Frau Verena aus Dellbrück werden hingegen von einem hohen und gut hörbaren Ton um den Schlaf gebracht. „In unregelmäßigen Abständen gibt es dann minutenlanges Pfeifen mit einer Frequenz von etwa 600 Hertz“, sagt der genervte Anwohner der Von-Quadt-Straße. Mal würden sie in der Nacht unsanft geweckt, mal beim Frühstück überrascht.

Auch Nachbarn wie Dunja Zöhrlaut leiden darunter: „Erst ist der Ton gleichmäßig, am Ende erhöht sich die Frequenz immer mehr.“ Die Quelle des Übels ist noch nicht lokalisiert. Zillinger tippt auf eine Heizungsanlage in der Nachbarschaft. Doch das Umweltamt konnte nichts feststellen.

Warum ein Gutachten nicht weitergeholfen hat

Die Suche nach der Herkunft der rätselhaften Töne ist so zermürbend wie das Geräusch selbst. Kautz, der seit Jahrzehnten an der Bickendorfer Rochusstraße wohnt, hat sich bei mehreren Stellen beschwert. Die Rhein-Energie als Betreiberin der Trafos neben seinem Haus beauftragte einen Gutachter, der in seinem Schlafzimmer den Schall gemessen habe. Für Kautz war das Ergebnis ernüchternd. „Alle Grenzwerte sind deutlich unterschritten“, sagt Lutz-Peter Eisenhut, Sprecher des Energie-Versorgers. Auch die im tieffrequenten Bereich. Es bestehe deshalb kein Handlungsbedarf.

„Es gibt so viele Betroffene“, sagt Wolfram Sedlak aus Köln, der vor zehn Jahren den „Verein zur Erforschung und Verhinderung des Brummtons“ gegründet hat. Menschen aus ganz Deutschland meldeten sich bei ihm mit solchen Beschwerden. Doch die Erforschung des tieffrequenten Schalls, seiner Ursachen und Auswirkungen auf die Gesundheit, sei noch nicht weit gediehen. Viele Messmethoden erfassten tiefe Frequenzen nur unzureichend.

Tieffrequenter Schall werde oft als Ohrendruck, Vibrationen und Unsicherheitsgefühl wahrgenommen, heißt es in einer Untersuchung des Robert Koch-Instituts – weniger als Töne. Deshalb könnten Messverfahren, „wie sie im Hörbereich üblich sind, nicht mehr angewendet werden“. Die Zahl der Betroffenen steige, der Leidensdruck sei häufig groß. Auslöser für das unangenehme Phänomen können laut Wolfram Sedlak auch Ventilatoren, Windkraft-Anlagen, Industriebetriebe, Biogasanlagen, Brücken und Tunnel sein, Trafos kämen eher selten infrage.

Chronischer Schlafmangel

Bei der Stadtverwaltung ist das offenbar anders. Über Trafos und ihre Geräusche gebe es immer wieder Beschwerden, sagt Wolfgang Wirkus vom Umweltamt. Meist sei das Problem einfach zu lösen, etwa bei technischen Mängeln. Im Schlafzimmer von Friedrich Kautz seien allerdings keine Grenzwerte überschritten worden. Ein schwankendes Brummen, wie es Kautz wahrnimmt, sei für Trafos zudem eher untypisch.

Vielleicht kommt das ominöse Brummen auch von weiter her. Selbst in großer Entfernung könne der Ton auftreten, so Sedlak: „Tieffrequente Schwingungen gehen über lange Distanzen und können sich in resonanzfähigen Räumen hochschaukeln“, sagt der Vereinsgründer. Jedoch leide nicht jeder Mensch darunter: „Manche nehmen den tiefen Schall mehr wahr, manche weniger.“ Das habe mit erhöhter Sensibilität zu tun, weniger mit psychischen Problemen, wie oft vermutet werde.

Friedrich Kautz hat alles ausprobiert. Aber weder Ohrenstöpsel noch Stirnbänder oder über den Kopf gestülpte Kissen hätten den Brummton vermindert. Mittlerweile leidet er unter chronischem Schlafmangel. Vier bis fünf Stunden Schlaf pro Nacht, das sei derzeit das Maximum.

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