Veranstaltung im NS-DokHistoriker kritisieren Umgang der Verwaltung mit Kölner Stadtgeschichte

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Besucher der Veranstaltung „Fokus Vergangenheit: Gemeinsam Stadtgeschichte machen“ im NS-Dokumentationszentrum Köln.

Besucher der Veranstaltung „Fokus Vergangenheit: Gemeinsam Stadtgeschichte machen“ im NS-Dokumentationszentrum Köln.

Bei der Veranstaltung „Fokus Vergangenheit: Gemeinsam Stadtgeschichte machen“ forderten Historiker eine zentrale Anlaufstelle der Verwaltung.

Sie initiieren Denkmäler und Stolpersteine, erhalten Technik aus der Kölner Vergangenheit oder erforschen die Geschichte ganzer Stadtteile. Dennoch hatten viele ehrenamtliche Historiker, ob Einzelkämpfer oder organisiert in Vereinen, bisher das Gefühl, die Stadt interessiere sich viel zu wenig für ihre Arbeit.

Schon 2019 hatte sich eine Interessengemeinschaft „Köln-Geschichte“ zusammengefunden, in der die freie Szene den laxen Umgang der Verwaltung mit der Stadtgeschichte anprangerte. Es fehlten unter anderem Ausstellungsflächen und Lagerräume für Sammlungen. In Köln gelte die Kunst als Kultur, nicht aber die Stadtgeschichte, so die Kritik.

Frau im schwarzen Kleid, die vor einem Plakat mit der Aufschrift „NS-Dok“ in ein Mikro spricht.

Samantha Bornheim vom „Referat für Geschichtsinitiativen“ stellte sich auf der Veranstaltung im NS-Dokumentationszentrum den Historikern vor.

Zuletzt jedoch gab es Grund zur Hoffnung. Die Stadt hatte im September 2023 ein „Referat für Geschichtsinitiativen“ als Pilotprojekt ins Leben gerufen, besetzt mit der Historikerin Samantha Bornheim. Sie versucht seitdem herauszufinden, was passieren muss, damit die Stadtgeschichte und ihre Vermittler besser zur Geltung kommen. Allerdings läuft das Projekt bereits im Februar aus.

Der Bedarf nach mehr Sichtbarkeit eint alle.
Samantha Bornheim, Historikerin

Bei einer Veranstaltung im NS-Dokumentationszentrum unter dem Titel „Fokus Vergangenheit: Gemeinsam Stadtgeschichte machen“ stellte sich Bornheim jetzt den Initiativen persönlich vor. Dass rund 120 Geschichtsforscher kamen, wertete die 32-Jährige als klares Signal. Der Wunsch nach Austausch sei groß. Die Szene sei zwar sehr vielfältig, doch „der Bedarf nach mehr Sichtbarkeit eint alle“.

Köln: Geschichtswissenschaftler fordern städtische Anlaufstelle

Aus vielen Einzelgesprächen habe sie zuletzt herausgehört, dass ein dauerhaft installiertes Referat für Geschichtsinitiativen ein sinnvolles Instrument der Vernetzung wäre. Eine zentrale Anlaufstelle könnte etwa Akteure auf der Suche nach Kooperationspartnern, Ausstellungsräumen oder Fortbildungen unterstützen und regelmäßige Treffen organisieren. „Jeder möchte diese Stelle, viele sehnen sich nach Entlastung“, so Samantha Bornheim. Auch ein Konzept für eine Online-Plattform zum gegenseitigen Austausch sei geschrieben worden.

Ohne den Support der Stadt sind wir aufgeschmissen.
Horst Nordmann, Zweirad-Historiker

Viele Teilnehmer des Treffens sehen das Pilotprojekt der Stadt positiv. „Köln braucht sowas“, so Claus M. Sierp, der historische Medientechnik bewahrt. Bisher habe sich niemand für die Szene zuständig gefühlt: „Das ist ein Schatz, der nicht geborgen wird.“ Joachim Brokmeier, der die Riehler Stadtteilgeschichte erforscht, wünscht sich zum Beispiel fachliche Beratung im Umgang mit Archiven und Archivmaterial. Damit Dokumente nach dem Tod eines Sammlers für die Nachwelt erhalten bleiben, sei zudem ein zentraler Aufbewahrungsort sinnvoll. „Ohne den Support der Stadt sind wir aufgeschmissen“, stellte auch Zweirad-Historiker Horst Nordmann fest.

Noch ist ein unbegrenztes „Referat für Geschichtsinitiativen“ keine beschlossene Sache. Die Aufbruchstimmung könnte ebenso gut wieder in Resignation umschlagen, befürchten etliche Geschichtsforscher. Für Samantha Bornheim könnte aber die ganze Stadt von einer solchen Anlaufstelle profitieren: „Es braucht die Auseinandersetzung mit Geschichte und die Sichtbarkeit von Geschichte.“ Dazu seien nicht nur die Profis nötig, sondern auch die Ehrenamtlichen.

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