Pink-Panther-BandeAngeklagte mit Hubschrauber zum Kölner Landgericht gebracht

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"Pink-Panther"-Mitglieder wurden 2017 mit einem Hubschrauber zum Gericht gebracht. (Archivbild)

Köln – Dienstagmorgen, 7.30 Uhr – gähnende Leere herrscht auf dem Parkplatz der Staatsanwaltschaft, der zu dieser Uhrzeit sonst schon voll ist. Es ist ungewöhnlich ruhig, vereinzelt stehen Polizisten in der Stille, martialisch vermummt, das Visier heruntergeklappt, die Maschinenpistole im Anschlag.

Dann dröhnen Motoren, der Helikopter mit dem Hauptangeklagten naht, setzt zur Landung an. Jeder, der jetzt hier vorbeigeht, wird angehalten, muss warten. Keine zehn Minuten später hebt der Hubschrauber wieder ab, der Hauptangeklagte wird in einer gepanzerten Limousine ins Gebäude gebracht. Das Prozedere wiederholt sich noch zweimal im 20-Minuten-Takt. Zweieinhalb Stunden später beginnt im Justizgebäude an der Luxemburger Straße der Prozess.

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Die Sicherheitsvorkehrungen sind hoch. Ein schwer bewaffneter Polizist am Kölner Landgericht

Spektakuläre Raubüberfälle auf Juweliere mit hochkarätiger Beute sind ihr Markenzeichen: Die Rede ist von der Pink-Panther-Bande, einer international agierenden Gruppierung von bis zu 150 vorwiegend aus den Balkanstaaten stammenden Mitgliedern. In den vergangenen 14 Jahren sollen sie auf der ganzen Welt Schmuck im Wert von 250 Millionen Euro erbeutet haben.

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Aus Serbien, Bosnien und Mazedonien stammenden die drei Angeklagten Milan L. (38, gilt als Kopf der Bande), Danila D. (36) und Mario V. (41), die seit Dienstag am Kölner Landgericht für strengste Sicherheitsvorkehrungen sorgen.

Die Staatsanwaltschaft hält das Trio für den erfolgreichen Überfall auf einen Werttransporter in Esslingen am Neckar im Oktober 2016 für verantwortlich. Der Fahrer des Transporters wurde dabei schwerst verletzt, erlitt Schädelprellungen und einen Zungenriss, die Täter entkamen mit Schmuck im Wert von mehr als einer halben Million Euro.

Knapp einen Monat später soll das Trio erneut in Esslingen geplant haben, einen weiteren Transporter zu überfallen. Doch die Ermittler hatten die Täter bereits auf dem Schirm, konnten rechtzeitig eingreifen und sie in Haft nehmen.

Zweiter Überfall verhindert

Warum das Verfahren in Köln und nicht im baden-württembergischen Esslingen stattfindet, liegt an einem anonymen Tippgeber. Er hatte der Kölner Polizei den Hinweis gegeben, das Trio sei verantwortlich für einen Raubüberfall auf einen Nippeser Juwelier, was sich im Nachhinein als Fehlalarm erwies. Seitdem wurde die Bande überwacht, wodurch der zweite Überfall in Esslingen vereitelt werden konnte.

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Großes Polizeiaufgebot vor dem Kölner Justizzentrum an der Luxemburger Straße

Von Köln aus soll das Trio die Planung und Organisation der Überfälle durchgeführt haben. Eine Wohnung an der Venloer Straße in Ehrenfeld diente als Anlaufstelle. Dort wurde eine Vielzahl von Waffen sichergestellt, darunter voll- und halbautomatische Schusswaffen und ein Sturmgewehr, das nach Bewertung der Staatsanwaltschaft unter das Kriegswaffenkontrollgesetz fällt.

Die Täter gelten als brandgefährlich, äußerst gerissen, zu allem bereit, bestens organisiert. Vor vier Jahren gelang fünf Bandenmitgliedern – darunter Milan L. – die Flucht aus einem Gefängnis in der Schweiz. Die Männer saßen dort mehrjährige Haftstrafen wegen eines Raubüberfalls ab.

Alarmstufe rot im Gerichtssaal

Mit fast schon lässiger Entspanntheit betreten die Angeklagten – einzeln vorgeführt – den Gerichtssaal. Lächeln hier, schütteln dort den Verteidigern die Hand und halten seelenruhig das Gesicht in die Kameras der zahlreich erschienenen Fotografen. So professionell sie ihre Taten geplant haben sollen, so gelassen präsentieren sie ihre Gesichter der Öffentlichkeit.

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Mutmaßliche Schmuckräuber stehen seit Dienstag in Köln vor Gericht.

Die scheinbar an den Tag gelegte Souveränität täuscht nicht über die Gefährlichkeit der Angeklagten hinweg. So soll Milan L., angeblich Fremdenlegionär, wegen Mordes in seiner Mazedonischen Heimat gesucht werden. Anlass genug für die Kölner Behörden, Alarmstufe rot auszurufen, um Befreiungsversuche zu verhindern.

Die verschärften Sicherheitskontrollen bekommen nicht nur Prozessbeteiligte, sondern alle im und rund um das Justizzentrum zu spüren. Der Prozess hat noch nicht richtig angefangen, die Anklage ist gerade verlesen, da gibt es vom Gericht bereits einen ersten Hinweis, der aufhorchen lässt: „Für zwei Angeklagte stellt sich die Frage nach einer möglichen Sicherungsverwahrung“, sagt der Richter, der die Akten kennt.

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Im Gerichtssaal

„Die Pinkies bleiben oben im Gerichtssaal“, raunt ein Polizist über Funk seinen Kollegen vor der Tür zu, als der Richter eine kurze Verhandlungspause beschießt. Einem wie in derartigen Großverfahren üblichen Rechtsgespräch zur Sondierung der Lage will sich die Kammer anschließend nicht verschließen, zunächst allerdings will das Gericht etwas hören: „Denn wir kennen Sie ja gar nicht.“ Jetzt sollen die Angeklagten am nächsten Verhandlungstag ihr bisheriges Leben zu Protokoll geben, zu den Anklagevorwürfen wollen sie vorerst schweigen.

Urteil für 24. November erwartet

Schwer bewaffnete Beamten mit Sicherheitswesten und schussbereiter Maschinenpistole patroullieren derweil an sämtlichen Ausgängen. Mit dem massiven Sicherheitsaufgebot wird an 13 Verhandlungstagen zu rechnen sein. Am 24. November soll das Urteil gesprochen werden.

Ihren Namen erhielt die Bande übrigens in Anspielung auf die Komödie „The Pink Panther“ („Der rosarote Panther“) mit Peter Sellers aus dem Jahr 1963. Auslöser war, dass Ermittler – genau wie im Film – einen gestohlenen Diamanten entdeckt hatten, den die Diebe in einer Dose mit Gesichtscreme versteckt hatten.

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