Raser von der Aachener StraßeStaatsanwalt hält Entschuldigung für unaufrichtig

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Der Angeklagte Arman J. mit seinem Verteidiger Dominic Marraffa

Der Angeklagte Arman J. mit seinem Verteidiger Dominic Marraffa

Köln – Besonders rücksichtslos, pflichtwidrig, ja gemeingefährlich – so charakterisierte Staatsanwalt Arne von Boetticher am Freitag das Fahrverhalten, das Arman J. (27) am 10. Juli 2015 in der Innenstadt an den Tag gelegt habe. Es kostete Gianluca D., der  auf dem Fahrrad an der Kreuzung Aachener Straße/Innere Kanalstraße an einer Ampel auf Grün wartete, das Leben. Der 26-Jährige wurde von dem mit etwa 100 Stundenkilometern  heranschießenden BMW, an dessen Steuer Arman J. saß, fortgerissen. Drei Tage später starb er im Krankenhaus. 

Der Angeklagte habe sich der fahrlässigen Tötung und der vorsätzlichen Gefährdung im Straßenverkehr schuldig gemacht, auch wenn kein Raser-Wettbewerb nachweisbar sei, sagte von Boetticher vor der 13. Großen Strafkammer des Landgerichts. „Es ist ein Glück und ein Zufall, dass nicht weitere Menschen verletzt oder getötet wurden.“ Auch zum Zweck der „Generalprävention“, zur allgemeinen Abschreckung, forderte er dreieinhalb Jahre Haft; sollte die Strafe geringer ausfallen, dürfe sie keinesfalls zur Bewährung ausgesetzt werden. Eine Verurteilung bedeute  nicht, dass Arman J. sein Studium aufgeben müsse, – wahrscheinlich werde er in den offenen Vollzug kommen: „Ihnen wird nichts verbaut.“

„Kein Augenblickversagen“

Der Angeklagte, mit dem Leih- BMW nahe dem Barbarossaplatz gestartet, sei bis zum Unfallort immer wieder viel zu schnell gefahren, daher sei nicht von einem „Augenblicksversagen“ zu sprechen. Arman J., sein Beifahrer und die beiden Freunde, die in einem begleitenden Mini Cooper saßen, hätten im Prozess die „Schutzbehauptung“ vorgebracht, das stark überhöhte Tempo nicht „wahrgenommen“ zu haben. Deshalb könne von einem „vollumfänglichen Geständnis“ keine Rede sei. Auch nicht von einem „aufrichtigen Unrechtsbewusstsein“, weil der 27-Jährige versucht habe, der Fahrerin eine Mitschuld zu geben, mit deren Auto er kurz vor dem Unfall zusammengestoßen war. Seine Entschuldigung bei den Angehörigen des Opfers sei eher „formaler“ Natur gewesen als  „authentisch, sagte von Boetticher. Der Anwalt, der Gianluca D.s Eltern vertritt, schloss sich dem Strafantrag an, zu dem der Entzug der Fahrerlaubnis für fünf Jahre gehört.

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Verteidiger Dominic Marraffa plädierte auf eine Bewährungsstrafe , deren Höhe er ins Ermessen des Gerichts stellte. Geständnis und Entschuldigung seines Mandanten seien von echter Reue getragen; er übernehme die volle Verantwortung dafür, „dass ein toller Mensch sinnlos ums Leben gekommen ist“. Diese Schuld werde  Arman J., der in Psychotherapie ist, lebenslang begleiten. Doch es gehe nicht an, ihn auf diesen einen „schweren Fehler“ zu reduzieren und alles andere in einem 27-jährigen Leben auszublenden. Obwohl Arman J.  nicht den typischen Raser verkörpere, sei er in der Öffentlichkeit, die ähnliche Fälle aufgeputscht hätten, so apostrophiert worden. 

Marraffa warnte davor, an seinem Mandanten mit einer besonders hohen Strafe „ein Exempel statuieren“ zu wollen; ohnehin seien „harte Strafen nicht das beste Mittel, sondern präventive Maßnahmen“. Seim Mandant hätte „Angst und Sorge“ gehabt, unter dem Druck der Öffentlichkeit kein faires Verfahren zu bekommen; er. Maraffa, habe ihn mit seinem Vertrauen in den Rechtsstaat beruhigt. Das Urteil soll am Montagnachmittag verkündet werden.

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