Lärmschutz auf KonzertenIn Köln darf öfter laut gefeiert werden

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Gewünschte Kultur oder ärgerlicher Freizeitlärm: Miljö im Tanzbrunnen (Archivbild: Bause)

Gewünschte Kultur oder ärgerlicher Freizeitlärm: Miljö im Tanzbrunnen (Archivbild: Bause)

Köln – Während in eher ländlichen Regionen noch darüber gestritten wird, ob es Schützenfest und Karnevalsvereine in Zukunft schwerer haben werden, freuen sich die Verantwortlichen in Köln über Erleichterungen. Landesumweltminister Johannes Remmel hat einen neuen Erlass zum Thema „Freizeitlärm“ angekündigt. Schützenvereine und Landtagsopposition befürchten mehr Aufwand für alle, die Volksfeste, Feierlichkeiten und Kultur organisieren.

Im für Köln zuständigen Umweltamt bleibt man derweil gelassen. Statt Verschärfungen sieht man eher mehr Freiheiten.

Mehr laute Veranstaltungen

Bislang konnten zehn sogenannte „seltene Veranstaltungen“ im Jahr genehmigt werden. In Zukunft sollen es bis zu 18 Tage sein, bei denen sich die Veranstalter nicht an die sonst übliche 65-Dezibel-Grenze und die Nachruhe-Vorschrift halten müssen – und das pro sogenanntem „akustischen Quartier“. So werden die Bereiche genannt, die von den akustischen Folgen einzelner Veranstaltungen betroffen sind. So bilden Alter Markt und Heumarkt ein gemeinsames Quartier, der Roncalliplatz wird als eigenständiges Quartier gesehen. Die Karnevalstage von Weiberfastnacht bis Veilchendienstag werden von der Stadt nicht mitgezählt. Für sie gelte kein Emissionsschutzgesetz.

Alles zum Thema Jochen Ott

Zusätzlich zu den Überlegungen im NRW-Umweltministerium hat die Kölner SPD eine Initiative im Landtag für eine Gesetzesänderung angekündigt: An Freitagen und Samstagen sollen Lokale in Ausgehvierteln länger draußen servieren dürfen. Die Regelungen zur Nachtruhe von 22 bis 5 Uhr seien nicht mehr zeitgemäß, so Landtagsabgeordneter und SPD-Chef Jochen Ott. Neue gesetzliche Regelungen sollen den Städten Spielräume für die Genehmigung abendlicher Außengastronomie schaffen. Das werde zwar nicht jeden Konflikt zwischen Anwohnern und den Nutzern des öffentlichen Raums befrieden, schaffe aber mehr Klarheit.

Komplizierte Rechtslage

Tatsächlich sind die Regelungen rund um das Thema Lärm alles andere als klar: Während in Junkersdorf auf der Jahnwiese AC/DC alle Regeln brechen durfte, wird den Stars im Deutzer Tanzbrunnen um Punkt 22 Uhr der Saft abgedreht. Daran ändert Remmels Neuregelung nichts. Denn auch wenn die Stadt eine der Ausnahmegenehmigungen erteilt, können einzelne Bürger dagegen klagen. Dann muss die Stadt vor Gericht die Gründe für die Ausnahme darlegen, ihre inhaltliche Abwägung von öffentlichem Interesse und Ruhebedürfnis Einzelner nachvollziehbar machen. Im Streit um Konzerte im Tanzbrunnen ist ihr das nicht gelungen. Mehr noch: Das Oberverwaltungsgericht hat letztinstanzlich entschieden, dass hier überhaupt keine Güterabwägung erlaubt ist.

Für Konzerte im Tanzbrunnen gebe es „keinen Verhandlungsspielraum mehr“, sagt Joachim Gottlebe, der in der Verwaltung für das Thema Lärm zuständig ist. SPD-Mann Ott plädiert dafür, es auf eine neue Klage ankommen zu lassen. Im Umweltamt ist man dagegen skeptisch, ob das etwas bringt. „Das schlimmste, was uns passieren kann, sind letztinstanzliche Urteile“, so Gottlebe. Geklagt hatte ein Bewohner eines Hauses an der lauten linksrheinischen Rheinuferstraße. Der Rhein überträgt die Schallwellen von der Tanzbrunnen-Bühne.

Auch im Falle der Deutzer Kirmes gibt es kaum Spielräume, weil hier die Lärmgrenzen durch einen Bebauungsplan geregelt wurden, dessen Einhaltung jeder Anwohner einfordern darf. Eine Ausweitung des Betriebs gibt es nur, wenn sich die Kirmesbetreiber mit allen Anwohnern verständigen.

Auf solch einen Konsens zwischen Veranstalter und Anwohnern setzt auch die Stadt: Die Lärmgutachten, die von der Landesregierung nun häufiger eingefordert werden, seien in Köln längst Praxis, wenn irgendwo Konflikte drohen, sagt Umweltamtschef Rainer Liebmann. „Damit sind wir gut gefahren.“ Auf der Grundlage eines Gutachtens ließe sich fast jeder Konflikt versachlichen und befrieden. Die Kosten für ein Lärmschutzgutachten trägt der Veranstalter – für viele kleinere Veranstaltungen ist das durchaus eine nennenswerte Belastung, kostet ein solches Gutachten doch 2.000 bis 3.000 Euro.

Vielen kleineren Veranstaltungen würde ähnlich wie Kölns Gastronomen schon eine Neuregelung des Nachruhe-Gesetzes weiter helfen. Dass selbst in lauen Wochenend-Sommernächten die Tische und Bänke eines Straßenfestes um 22 Uhr abgebaut sein müssen, hat mit großstädtischem Kulturleben wenig zu tun. Die Forderung nach Änderungen wird von Kölner Politikern aller Parteien seit Jahren erhoben.

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