Kölsch schlägt Alt

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Die ewige Fehde - dabei steht der Sieger doch eh schon fest

Die ewige Fehde - dabei steht der Sieger doch eh schon fest

Donnerstagnachmittag auf der Schildergasse. Durch das übliche Gewusel vernimmt man plötzlich Schreie und Rufe, als ein junger Mann - bis auf die Boxershorts unbekleidet - in der Menge auftaucht. Er trägt ein Pappschild auf den Schultern, auf dem vorne „Ich bin Düsseldorfer“ draufsteht. Als er sich umdreht, sieht man ein weiteres Pappschild auf dem Rücken, mit dem Schriftzug „und trinke gerne Alt“. Ich frage eine Frau mit bunter Lockenperücke, was das denn alles zu bedeuten hätte. „Wir sind von der Spoho (Sporthochschule) und machen eine Stadtrallye. Dieser Arme musste als Aufgabe die Schildergasse mit diesem Schild runterlaufen, und er ist tatsächlich ein echter Düsseldorfer!“

Verwundert widme ich mich wieder meinen Einkäufen. Warum um alles in der Welt wird das als Stadtrallye-Aufgabe gewählt? Das geht auch wirklich nur in Köln. Muss man sich dafür schämen, dass man gerne Alt trinkt? Und warum geben Köln und Düsseldorf diese lächerliche Stadtrivalität nicht auf? Gerade in den jüngeren Generationen ist es besonders beliebt, diese Fehde aufrechtzuerhalten. Doch wissen die meisten überhaupt, was wirklich hinter diesem Konflikt steckt?

Es gibt verschiedene Gründe für diese Rivalität, doch genau begründet ist sie nicht. Historisch gesehen hat sie tatsächlich mit der berühmten Schlacht von Worringen im Juni 1288 angefangen, die das Ende des limburgischen Erbfolgekriegs markierte. In diesem Krieg hatte sich Herzog Johann I. von Brabant mit Walram von Jülich, Graf Adolf V. von Berg und anderen gegen Köln, Geldern, Luxemburg und Nassau verbündet.

Die Grafschaft Berg (Namensgeber für das „Bergische Land“) reichte damals rechtsrheinisch von der Ruhr bis zur Sieg. In diesem Territorium lag ein Dorf, das an der Dussel gelegen war: das heutige Düsseldorf. Der Krieg kulminierte in der entscheidenden Schlacht von Worringen, die die Kölner verloren.

Das Dorf an der Dussel

Diese Tatsache an sich ist aber noch nicht der Grund für die Rivalität. Entscheidend war nämlich, dass die überaus netten Einwohner des Dorfes an der Dussel den hungrigen Soldaten, die zur Schlacht in ihrem Dorf vorbeizogen, Nahrung und Unterschlupf gewährten. Der stolze Graf von Berg verlieh daraufhin diesem Dorf die Stadtrechte. Eine Sensation, denn die netten Einwohner an der Dussel waren gerade mal zu 300 Mann. Geradezu eine Beleidigung des Grafen gegenüber den Kölnern.

Der jüngste dramatische Rückschlag für Köln kam nach dem Zweiten Weltkrieg, als Düsseldorf statt Köln Landeshauptstadt wurde - und das, obwohl Köln immer die ältere und größere Stadt war.

Geschichtlich belegt sind also die Kölner immer die Beleidigten. Trotzdem pflegen beide Städte den Kult des gegenseitigen Aufstachelns - mit so viel Vergnügen, dass es sogar Internetforen gibt, die sich nur damit beschäftigen, welche nun die bessere Stadt ist.

Es geht längst nicht mehr um geschichtliche Feindschaft, sondern um Alt gegen Kölsch, Dreigestirn gegen Prinzenpaar, Helau gegen Alaaf, Platt gegen Kölsch, Landeshauptstadt gegen Medienmetropole. Auf beiden Seiten wird die Rivalität als etwas gesehen, was eben dazugehört. Diese Tradition wird immer weitergetragen, und hat schon fast bundesweite Ausmaße, wenn man bedenkt, dass sogar die Süddeutsche Zeitung 2001 ein Magazin herausgab, dass sich nur mit „Köln oder Düsseldorf?“ beschäftigte. Auch die „Welt am Sonntag“ widmete sich voriges Jahr diesem Thema, zu dem zwei Redakteure, einer aus Köln und der andere ein Düsseldorfer, sich verausgabten.

Klangliche Ausdünstungen

Jeder Kölner wird allerdings schockiert sein, wenn er liest, was der Düsseldorfer für eine Meinung von unserer schönen Rheinmetropole hat. „Klangliche Ausdünstungen wie die der Höhner, BAP oder der Bläck Fööss sind keine Seltenheit, die in Köln nicht nur zur Karnevalszeit serviert werden, sondern das ganze Jahr jeck machen. Nun ist der Karneval an sich schon eine Strafe, bei der man sich fragt, was die Kölner wohl verbrochen haben mögen, dass der liebe Gott ihnen im Gegenzug solch eine Plage angedeihen lassen musste. Wer je in den Kölner Karnevalstrubel gerät, merkt schnell, dass die Genfer Konvention doch zu kurz greift“, schreibt der Feind.

Snobs und Schnösel

Wir Kölner scheinen da fast harmlos, wenn wir sagen, dass die Düsseldorfer reiche, snobistische dumme Schnösel sind, die an ihrem versifften Rheinwasser in ihrem Medienhafen ihr furchtbares Gebräu trinken. Es scheint, als seien die Differenzen zwischen den beiden Rheinstädten mittlerweile unüberbrückbar, und so wird die Rivalität noch lange andauern, worüber beide Städte sicherlich ganz froh sind. Denn was macht mehr Spaß, als sich über den jeweils anderen lustig zu machen? Im Grunde wollen wir dieses Spielchen also gar nicht aufgeben, so lächerlich es auch ist. Wobei es doch eigentlich völlig überflüssig ist: Wir sind uns schließlich einig, dass Köln sowieso um Längen besser ist.

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