Wanderausstellung im NS DokWas für Kulturschätze würden Sie retten?

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Das Bild zeigt das comicartige Bild einer alten Dame. Es stammt von einer Geschichte von Jaka Smerkolj Simonetti.

Eindrücke aus der multimedialen Ausstellung „Kulturretter:innen“ im NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln.

Eine Wanderausstellung im NS-DOK zeigt Menschen, die in der NS-Zeit verfolgt wurden und mit der Rettung von Kulturgütern Widerstand leisteten.

Schon wenn man in die Ausstellung hineinkommt, findet eine erste Begegnung statt. Der Blick fällt auf überlebensgroße Gesichter. An gelben Masten befestigte Segel zeigen Fotos von Menschen, die in der NS-Zeit Kulturgüter gerettet haben oder ihrer Nachfahren, die ihre Geschichten erzählen. Auf der Rückseite der Segel stehen Fragen wie: „Was würdest du retten?“ Und daran Klebezettel der Gäste mit Antworten wie: „Ich würde Menschen und deren Gedanken retten“. 

Ausstellungen über die NS-Zeit sprechen notwendigerweise über den Verlust. Die Wanderausstellung „Kulturretter:innen“ geht das Thema im Kölner NS-DOK aber mit einem positiven Spin an. Die Geschichten, die hier erzählt werden, handeln von Liedern, die gerettet wurden, von geborgenen Gegenständen und Erinnerungen. 

„Kulturretter:innen“ zeigt im NS-DOK gerettete Kulturschätze

So auch die Geschichte von Eva Weyl, die als Kind das Durchgangslager Westerbork in den Niederlanden überlebte. Auf einer Pressekonferenz erzählt sie, dass ihr dabei viel Leid erspart geblieben ist, etwa weil ihr Vater Deutsch sprach und damit für den Lagerkommandanten Albert Konrad Gemmeker nützlich war. Trotzdem habe nur ein Wunder verhindert, dass die Familie in den Zug nach Osten gesetzt wurde. „Westerbork war das Portal zum Tod“, sagt Eva Weyl, und führt aus, dass von dort aus über 100.000 Menschen in Vernichtungslager wie Auschwitz geschickt wurden.

Das Bild zeigt die Ausstellung. Violette Segeln hängen an gelben Masten und zeigen die Kulturretter. Im Vordergrund steht ein Segel mit der Aufschrift: „Was würdest du retten?“.

Eindrücke aus der multimedialen Ausstellung „Kulturretter:innen“ im NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln.

Heute trägt sie einen Ring, der sie an ihre Geschichte erinnert. Die Diamanten, die darin eingefasst sind, schützte sie unwissentlich vor dem Zugriff der Nazis. Ihre Mutter hatte sie in die Knöpfe ihres Mantels eingenäht, bevor sie in Westerbork interniert waren. Wie ihre Mutter die Knöpfe aufbewahrte, als sie aus ihrem Mantel herauswuchs, weiß sie nicht. Überhaupt erfuhr sie von der Bedeutung des Rings, den ihre Mutter ihr vermachte, erst im Alter von 60 Jahren. Auf dem Segel mit ihrem Foto steht das Zitat: „Nach dem Krieg sind wir wieder da!“

Holocaust-Überlebende Eva Weyl spricht auch bei Eröffnung der Ausstellung

Ihre Geschichte erzählt Eva Weyl in Schulen. Auch zur Eröffnung der Wanderausstellung am 25. April wird sie zugegen sein und mit Schülerinnen und Schülern ins Gespräch kommen. Das sei ihre Mission. Und da sie weiß, dass auch sie nicht ewig leben wird, appelliert sie an die, die zuhören: „Ihr sollt meine Zweitzeugen sein.“

Entsprechend dieser Mission ist auch die Ausstellung niederschwellig gestaltet. Die Farbgestaltung mit den gelb-violetten Segeln ist modern. Auf Tablets entlang der Ausstellung kann man Reels abspielen, in denen die Hosts Oleg Grygorov und Estera Stan in historische Hintergründe einführen. An einer Station kann man seine Gedanken auf ein Holzlineal schreiben und es an Schnüren an den Segeln aufhängen, wodurch mit der Zeit ein Windspiel entsteht. An einer anderen kann man mit Post-it-Notes schreiben, was Kultur für einen bedeutet oder wann man gerne mutiger gewesen wäre. Damit gibt die Ausstellung nicht nur Einblick in ein Damals, sondern ermöglicht auch eine Begegnung im Heute.

Für die Kuratorin der Ausstellung, Ljiljana Heise, steht fest: „Kultur ist kein Luxus. Sie ist das, was uns ausmacht.“ Konsequenterweise begleiten die Ausstellung auch einige Veranstaltungen. Neben der großen Eröffnung, die Kulturretter Emanuel Meshvinski vom Jewish Chamber Orchestra Hamburg musikalisch begleiten wird, gibt es am 8. Mai und am 5. Juli Filmscreenings im Filmforum im Museum Ludwig, mit anschließender Diskussionsrunde mit den Filmemacherinnen und -machern. Und am 19. Mai liest Nora Hespers anlässlich des Internationalen Museumstags im NS-DOK aus ihrem Buch: „Mein Opa, sein Widerstand gegen die Nazis und ich“.

Zur Veranstaltung

Kulturretter:innen. Die Wanderausstellung ist vom 26. April bis zum 11. August im NS-Dokumentationszentrum Köln zu sehen. Der Eintritt kostet 4,50 Euro, mit Ermäßigung 2 Euro. Die große Eröffnung findet am 25. April um 19 Uhr statt, unter Beteiligung von Eva Weyl, Oleg Grigorov, Emanuel Meshvinski und Nora Hespers. Alle Infos gibt es hier. Infos zum weiteren Programm gibt es hier.

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