Jan Böhmermann bei Festakt„Das Gegenteil von öffentlich-rechtlich ist Transparenz“

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Forschung macht Spaß: Jan Böhmermann beim Festakt  in Köln.  

Köln – „Die Begrenzung des öffentlich-rechtlichen Systems finde ich künstlerisch herausfordernd. Mein Job ist es, Diskurs zu befördern und Debatten anzustoßen.“ Jan Böhmermann hat eine klare Meinung zu dem, was er mit seiner Satire erreichen will, und das ist mehr, als nur ein bisschen zu provozieren, das machte er bei der Tagung zur Gründung des Grimme-Forschungskollegs an der Universität zu Köln, die am Montag im Rheinenergiestadion stattfand, deutlich. Als Satiriker müsse er an Grenzen gehen.

Man kann vermutlich in diesem Jahr keine Veranstaltung mit dem 35-Jährigen machen, bei der seine Erdogan-Satire und deren Folgen nicht das Thema sind. So sollte es in der Diskussion mit Friedrich Küppersbusch, Autor und Regisseur Daniel Harrich und der stellvertretenden Programmgeschäftsführerin von „Funk“, Sophie Burkhardt, um die Inhalte 2020 gehen, aber eigentlich ging es dann doch vor allem um die Gegenwart des Fernsehens – und des dualen Systems. Und da hat besonders Böhmermann eine klare Haltung. Er lobte zwar den Rückhalt durch das ZDF in den juristischen Auseinandersetzungen, hat aber gleichzeitig eine entschiedene Meinung zur Rolle der Öffentlich-Rechtlichen. „Die Sender sind nicht mehr der Flaschenhals.“ Man könne heute Inhalte auch ohne Sender machen. Außerdem sei das System zu sehr von den Zulieferern der Inhalte entkoppelt, die Bereitschaft, auch Scheitern zuzulassen und Neues zu wagen, nehme ab. Ein weiteres Problem: „Das Gegenteil von öffentlich-rechtlich ist Transparenz.“ An den finanziellen Mitteln könne es nicht liegen: „Bei den Öffentlich-Rechtlichen ist das Thema Geld ziemlich geil. Es ist ohne Ende da, versickert bloß irgendwo.“

19 Projekte unterstützt

Als Auftaktrunde der Tagung hatten Wissenschaftler diskutiert, ob es überhaupt noch ein duales System in Deutschland braucht. Professor Johannes Münster, Direktor des Instituts für Rundfunkrecht an der Uni Köln, zeigte sich überzeugt, dass der Markt nicht funktionieren würde, wenn er nur privatwirtschaftlich organisiert wäre. Kontrovers diskutiert wurde jedoch die Frage, wie wichtig ARD und ZDF für die umfassende Information der Bevölkerung sind und wie bedeutend Reichweite für die Erfüllung des Auftrags des öffentlich-rechtlichen Systems ist.

Das Grimme-Institut und die Uni feierten mit der Veranstaltung in der Business-Lounge des Stadions die Gründung des Forschungskollegs, das vom Land NRW unterstützt wird und deshalb durch den Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien, Franz-Josef Lersch-Mense, vertreten war.

Der Zeitpunkt der Feierstunde überraschte etwas, denn die Gründung liegt schon zwei Jahre zurück. Professor Stefan Grohé, Vorsitzender des Aufsichtsrats des Kollegs und Dekan der Philosophischen Fakultät betonte jedoch, dass in diesen zwei Jahren schon viel Arbeit geleistet worden sei. So habe man 19 Projekte unterstützt – zum Beispiel zu Computerspielen im Unterricht und zur Frage, welche Folgen die Preisgabe persönlicher Daten im digitalen Raum hat – und forsche in zahlreichen Disziplinen. Das Kolleg solle eine Plattform sein, auf der Vernetzung möglich sei: „Vielleicht gelingt es uns, gemeinsam bessere Fragen zu stellen“, so Grohé. Einig war man sich von Seiten des Instituts und der Uni in jedem Fall, dass die Herausforderungen, die die Digitalisierung mit sich bringt, nur interdisziplinär, im Austausch von Wissenschaft und Praxis zu lösen sei. „Sorgfältige wissenschaftliche Analyse ist in Zeiten digitaler Aufgeregtheit wichtiger denn je“, so Minister Lersch-Mense.

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