Konzert im E-Werk„The Last Shadow Puppets“ liefern fliederfarbenen Orchester-Pop

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Die „Last Shadow Puppets“ im Kölner E-Werk

  • The Last Shadow Puppets zeigen im E-Werk, wie man schwelgerische Songs präzise auf die Bühne bringt.
  • Der Sound der Band kommt immer opulent rüber – und wirkt dabei nie behäbig.
  • Dabei arbeiten die Kreativköpfe Alex Turner und Miles Kane weiter daran, ihr inszeniertes Dandytum zu perfektionieren.

Köln – Die Frisur sitzt, dachte man. Als eine gelunge Mischung aus diversen Stilen. Chris Isaak während seiner gesamten Karriere. Dave Gahan in seiner akuten Heroin-Phase, die der Depeche-Mode-Sänger ja bekanntlich und zum Glück überlebt hat. Entenschwanzfrisur, Version eitler Erpel.

Und dann das: Nach den ersten Songs dreht Alex Turner sich auf einmal um, präsentiert dem Publikum im E-Werk seinen in einem engen Höschen geparkten Schmalarsch und pult einen Kamm aus der Gesäßtasche. Woraufhin beim Kämmen das passiert, was morgens im eigenen Bad nie passiert: Jubel. Beifall. Da könnte man glatt nei-disch werden. Oder aber das Kämmen auf offener Bühne so verstehen, wie es gemeint ist: als Teil einer Inszenierung, bei der die beiden Hauptdarsteller den ganzen Abend hindurch daran arbeiten, ihr Dandytum zu perfektionieren.

Gekonnte Blaupausen

Alex Turner heißt der Mann, der sein Haar richtet, er ist immer noch der Sänger der Arctic Monkeys, und zusammen mit seinem Kumpel Miles Kanes, der mal der Sänger von The Rascals war, steht er seit 2008 für das Projekt The Last Shadow Puppets. „The Age Of Understatement“ heißt das Debüt des Duos, es hat das Pathos von Scott Walker, den Glamrock von David Bowie, dazu jede Menge Streicher und Twang-Gitarren. Und nun, acht Jahre später, im Jahr 2016? Machen die beiden Freunde mit einer vorzüglichen Begleitband inklusive vier junger Damen an Streichinstrumenten im E-Werk nach einer für das schnelllebige Popbiz nicht unerheblich langen Pause einfach da weiter, wo sie 2008 begonnen haben.

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Gerade jeweils 30 Jahre geworden sind die Herren Turner und Miles, rein biologisch sind sie also immer noch jung. Für ihre Musik als The Last Shadow Puppets bleiben sie aber das, was sie in diesem Kontext immer schon waren: in gewisser Weise alt. Turner und Kane blaupausen gekonnt die Musik, die schon im Plattenschrank ihrer Eltern parkte.

Gepflegter englischer Soundrasen

„Dracula Teeth“ und „Aviation“ sind üppig, opulent und breitwandig arrangiert und allerfeinster Orchesterpop, der nach Flieder duftet; „Bad Habits“ ist bestens in die Gegenwart übersetzter Glamrock, mit dem The Last Shadow Puppets beweisen, dass sie jederzeit bereit sind, auch mit dem Aufsitzmäher über ihren gepflegten englischen Soundrasen zu brettern – und „The Age Of Understatement“ ist, was den Songtitel angeht, wunderbar gelogen: „understatement“ ist an dem Lied vom Debütalbum gar nichts, schwelgerisch und überbordend dagegen alles.

Zwischendurch umtanzen sich Alex Turner und Miles Kane mit ihren Gitarren wie zwei Toreros, denen aus Versehen der Stier abhanden gekommen ist, und als letzte Zugabe kredenzen sie „The Meeting Place“, ohne Frage ein Song, der die Kitsch-Kurve nicht kratzt, sondern sanft sanft und ausdauernd streichelt. Danach: Abgang, Handküsse ins Publikum. Alex Turner lässt den Kamm stecken, sein Haar ist inzwischen kunstvoll verwuschelt. Bis zur Rente ist es bei den beiden Burschen noch eine Weile hin, aber die Perspektiven sind mit diesem Ansatz vielversprechend für Alex Turner und Miles Kane: In der Form kann man auf jedem Kreuzfahrtschiff dieser Welt anheuern. Und so alleinstehende wie gut betuchte Damen bestens bezirzen.

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