„Ein gutes Zeichen“Polizei bittet nach 16 Jahren bei Eltern von Madeleine McCann um Entschuldigung

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Maddie McCanns Eltern Archiv

Die Eltern von Maddie, Kate und Gerry McCann, zeigen 2012 bei einem Suchaufruf ein Bild, auf dem Madeleine McCann digital gealtert wurde. (Archivbild)

Darauf mussten Kate und Gerry McCann 16 lange Jahre warten. Portugiesische Ermittler sollen die Eltern der vermissten „Maddie“ aufgesucht haben.

Die bis heute verschwundene Madeleine „Maddie“ McCann ist einer der bekanntesten Vermisstenfälle der Welt. Seit 16 Jahren warten die Eltern auf eine Antwort, was mit ihrer Tochter geschehen ist. Wie erst jetzt bekannt wurde, soll es Anfang des Jahres zu einem besonderen Treffen gekommen sein. Wie die BBC berichtet, soll eine Delegation hochrangiger portugiesischer Beamter Anfang des Jahres von Lissabon nach London gereist sein, um bei den Eltern von „Maddie“ um Entschuldigung zu bitten.

Verschwundene „Maddie“: Polizei reist für Entschuldigung nach London

In dem BBC-Bericht heißt es, dass sich die Polizei bei Gerry McCann, dem Vater von Madeleine, für die Art und Weise, wie die Ermittler den Fall untersucht und die Familie behandelt haben, entschuldigt habe. Die Familie McCann hat diese Entschuldigung bisher nicht öffentlich kommentiert.

Kate und Gerry McCann wurden im September 2007, vier Monate nach Madeleines Verschwinden, von den portugiesischen Behörden als „arguidos“ (Verdächtige) bezeichnet. Sie standen fortan im Mittelpunkt der Ermittlungen und wurden lange Zeit verdächtigt, in das Verschwinden ihrer Tochter verwickelt zu sein. So spekulierten die Ermittler, die McCanns könnten das Verschwinden nur vorgetäuscht und „Maddies“ Leiche versteckt haben. 

Kate und Gerry McCann wurden zu Beginn der Ermittlungen als Verdächtige unter Druck gesetzt

Der Verdächtigenstatus wurde dem Ehepaar 2008 wieder aberkannt, dennoch blieben sie für viele Portugiesen die Hauptverdächtigen. Hinzu kam, dass der leitende Ermittler Goncalo Amaral, der später von den Ermittlungen abgezogen wurde, ein Buch schrieb, in dem er die McCanns beschuldigte, in das Verschwinden ihrer Tochter verwickelt zu sein. Das Buch erschien 2009 in Deutschland unter dem Titel „Maddie – Die Wahrheit über die Lüge“. Amarals Motiv sei laut der BBC die Verteidigung seines beruflichen Ansehens gewesen.

Gerry McCann hält ein Exemplar des Buches „Madeleine“, während Kate McCann am 19. Oktober 2011 im Wellington Hotel in Madrid, Spanien, der Vorstellung ihres Buches zuhört.

Kate und Gerry McCann im Oktober 2011 bei der Vorstellung des Buches„Madeleine“.

Auch die McCanns versuchten, gegen alle Widrigkeiten ihren Ruf wiederherzustellen. 2011 verarbeitete Kate McCann ihr Schicksal in dem Buch „Madeleine“. Später verklagten die McCanns den ehemaligen Ermittler wegen Verleumdung aufgrund der in seinem Buch erhobenen Vorwürfe, scheiterten jedoch in letzter Instanz vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte im September 2022. Eine weitere Belastung für die McCanns waren heftige Online-Kampagnen, in denen sie beschuldigt wurden, den Tod ihrer Tochter verursacht und vertuscht zu haben.

Vermisstenfall „Maddie“: Portugiesische Polizei gibt Fehler zu

Die portugiesische Polizei soll nun zugegeben haben, dass ihre anfänglichen Ermittlungen zum Verschwinden von Madeleine nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden seien. Man habe damals vermissten Kindern nicht genug Bedeutung beigemessen und die Situation der Eltern als Ausländer in einer Umgebung, die sie nicht verstanden, nicht berücksichtigt.

Kate und Gerry McCann, deren Tochter Madeleine vor zehn Jahren aus einer Ferienwohnung in Portugal verschwand, während eines Interviews mit Fiona Bruce von der BBC in Prestwold Hall am 28. April 2017 in Loughborough, England.

Kate und Gerry McCann, deren Tochter Madeleine vor zehn Jahren aus einer Ferienwohnung in Portugal verschwand, während eines Interviews mit der BBC. (Archivbild)

Die Ermittler sagten der BBC auch, dass sie die McCanns über ihre laufenden Ermittlungen informiert hätten. Die Beamten unterstützen die deutschen Behörden, die seit Juni 2020 davon ausgehen, dass der 46-jährige deutsche Staatsbürger Christian B. Madeleine McCann getötet hat.

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig erhob Anklage gegen B. wegen fünf weiterer Sexualdelikte – dreifacher Vergewaltigung und zweifachen Kindesmissbrauchs. Das Landgericht Braunschweig erließ daraufhin einen Haftbefehl, während B. eine andere Freiheitsstrafe verbüßte, hob diesen jedoch 2023 wegen Unzuständigkeit des Gerichts wieder auf.

Aktuelle Entwicklungen im Vermisstenfall „Maddie“

Dennoch gab es in diesem Jahr spektakuläre Entwicklungen im Fall „Maddie“: Im Mai 2023 führten Ermittler eine dreitägige Spurensuche in der Nähe des portugiesischen Arade-Stausees durch, den B. in der Vergangenheit als sein „kleines Paradies“ bezeichnet hatte. Bei der Suche wurden Proben entnommen, die in Deutschland untersucht werden sollten. Ende Juni 2023 gab der Hauptbelastungszeuge Helge B., der Scotland Yard auf B. aufmerksam gemacht hatte, erstmals ein öffentliches Interview.

Der deutsche Staatsanwalt im Fall, Hans Christian Wolters, begrüßte unterdessen die portugiesische Entschuldigung. „Das ist ein gutes Zeichen“, sagte er laut BBC und fügte hinzu: „Es zeigt, dass es in Portugal eine Entwicklung im Fall McCann gibt“. Wolters und sein Team hoffe, die fünfjährigen Ermittlungen gegen B. im nächsten Jahr abschließen zu können. Bis heute ist Christian B. im Zusammenhang mit dem Verschwinden von Madeleine McCann nicht angeklagt worden und hat öffentlich bestritten, an ihrem Verschwinden beteiligt gewesen zu sein.

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