Investoren im Großraum LeipzigSpur des Manchester-Attentats führt nach Deutschland

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Im Zentrum von Manchester laufen nach dem Anschlag Polizisten und Sicherheitspersonal durch die Straßen.

Köln – Der letzte Song der US-Pop-Sängerin Ariana Grande war gerade verklungen, als in der Arena in Manchester gegen 22.30 Uhr am Abend des 22. Mai ein Inferno ausbrach. Es war der Moment, in dem der 22-jährige Libyer Salman Abedi einen mit Nägeln gefüllten Sprengsatz in seinem Rucksack zündete. Die  Explosionsgeräusche drangen vom Foyer in die Konzerthalle, Splitter rasten umher, Tausende Zuschauer gerieten in Panik, ziellos irrten sie umher, um sich vor dem Bombenanschlag in Sicherheit zu bringen.

Mit Abedi starben 22 Menschen, darunter viele Jugendliche und Kinder, 116 Besucher wurden verletzt. Es war der schlimmste Terrorakt in Großbritannien seit den U-Bahn-Attentaten 2005 in London.  Bereits kurz nach der Attacke sprachen die englischen Sicherheitsbehörden von einem Netzwerk, das den Bombenleger unterstützt haben muss – logistische Helfer wie den inzwischen in Libyen inhaftierten jüngeren Bruder Hashem Abedi (20).

Der Brite mit libyschen Wurzeln beschaffte den Sprengstoff TATP  (in der Szene „Mutter des Satans“ genannt), zudem sammelte er Geld für das Attentat und für dessen logistische Vorbereitung und Ausstattung wie Hotelzimmer und Mietautos. Der Bruder sagte laut libyscher Polizei aus, dass er ebenso wie der Attentäter der Terror-Miliz „Islamischer Staat“ (IS) angehöre und sich während der Vorbereitungen zu dem Anschlag in Großbritannien aufgehalten habe.

Investoren deuten auf Terrornetzwerk hin

Mit Hashem Abedi führt nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ eine Spur des Manchester-Attentats nach Deutschland. Ermittlungen der Special Branch,  von Scotland Yard, des britischen Geheimdienstes MI5 und deutscher Behörden ergaben: Co-Attentäter Hashem Abedi hielt sich mindestens zweimal im Großraum Leipzig sowie in Weißenfels/Sachsen-Anhalt auf. So erwischte ihn die Bundespolizei am 17. Dezember 2016 ohne Fahrkarte im Zug von Weißenfels nach Leipzig. Dabei wies er sich gegenüber den Beamten mit seinem britischen Führerschein aus.

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Die Reisen, vermuten hiesige Staatsschützer, könnten auf einen libyschen Zirkel zur Terrorfinanzierung in Deutschland hindeuten. In Weißenfels mit seinen 40000 Einwohnern hat sich eine große libysche Gemeinde mit mehr als 500 Menschen angesiedelt. Vor Ort soll Hashem Abedi nach Erkenntnissen britischer Ermittler drei vermögende, libysche Immobilien-Kaufleute kontaktiert haben, die unter anderem Dutzende Wohnungen in dem  Barockstädtchen ankauften.

Alle drei Investoren – so informierten britische Geheimdienstbehörden kurz nach dem Bombenanschlag ihre deutschen Kollegen – seien als Geldwäscher eingestuft. Die Staatsanwaltschaft Halle durchsuchte nach Informationen dieser Zeitung vergangenen Juli die Geschäftsräume eines der drei Unternehmer in Weißenfels und Leipzig. Es geht dabei um  Steuerhinterziehung und illegale Beschäftigung von Arbeitskräften. Der zweite Investor ist in der Vergangenheit schon einmal in Dubai verhaftet worden, weil er vom Embargo betroffene Elektronik nach Libyen geschmuggelt haben soll.

Mordkomplott gegen UN-Libyengesandten

Der dritte Kontaktmann Abedis war angeblich ein libyscher Kaufmann, der heute in Leipzig lebt. Er unterhält nach Kenntnis der Behörden Beziehungen zur radikalen libyschen Miliz „Geheimarmee Benghazi“ – ein Sammelbecken von Islamisten und Anhängern des getöteten libyschen Diktators Muammar al Gaddafi. Auf Anfrage bestreitet der Geschäftsmann jegliche Verbindung. Auf seinem Facebook-Account bejubelt er allerdings offen auch islamistische Märtyrer – also Fanatiker wie den Co-Attentäter Hashem Abedi.

Der 20-Jährige, der gerne auch schon einmal mit einem Maschinengewehr für Fotos posierte, sitzt derzeit in Libyen im Gefängnis. Die örtlichen Behörden legen ihm ein Mordkomplott gegen den deutschen UN-Libyengesandten Martin Kobler zur Last. Das Attentat konnte Anfang des Jahres vereitelt werden. Offenbar wollte die islamistische Terrorzelle auch Peter Millet, den  britischen Botschafter  in Libyen, liquidieren. Nach monatelangen Observationen wurden Abedi und seine Komplizen verhaftet.

Nach seiner Festnahme gab der Islamist ferner zu, in die Anschlagspläne seines Bruders eingeweiht gewesen zu sein. In zwei Monaten soll der Terrorverdächtige in London wegen Mordes angeklagt werden. Derzeit rangeln die Diplomaten aus Libyen und dem Vereinigten Königreich noch um die Frage, wo dem Bruder des Manchester-Bombers der Prozess gemacht wird: in Tripolis oder in London.

Der Anschlag

Am 22. Mai 2017 gab die Sängerin Ariana Grande ein Konzert in der Manchester Arena vor etwa 20000 meist jugendlichen Besuchern. Gegen 22:30 Uhr  kam es mit Ende des Konzerts im Foyer der Arena zu einer Explosion. 23 Menschen, darunter auch der Attentäter, wurden getötet. 116 Verletzte wurden in Krankenhäuser gebracht. Unter den Todesopfern waren auch Kinder, zwölf der Verletzten waren jünger als 16 Jahre. Das jüngste bei dem Anschlag getötete Kind war acht Jahre alt.

Salman Abedi, ein polizeibekannter 22-Jähriger, soll eine in einem Rucksack versteckte Sprengladung, die mit zahlreichen Metallteilen wie Muttern und Schrauben gespickt war, zur Detonation gebracht haben. Er war 1994 in Manchester als Sohn einer libyschen Familie geboren worden. Die Familie war 1991 aus Libyen geflüchtet, weil der Vater eine islamistische Revolte gegen Machthaber Gaddafi unterstützt hatte. (red)

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