Nigel Farage in KölnAfD verwarnt Vorstandsmitglied

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Harmonisch geht es in den Reihen der AfD in letzter Zeit nicht gerade zu.

Harmonisch geht es in den Reihen der AfD in letzter Zeit nicht gerade zu.

Berlin – Nigel Farage will weniger Migranten, größere Gefängnisse und vor allem: keine EU. Mit seiner Forderung, Großbritannien solle sofort aus dem Bündnis austreten, ist der Anführer der United Kingdom Independence Party (Ukip) berühmt geworden. Seine Anti-Haltung ist noch extremer als die der deutschen Eurokritiker bei der Alternative für Deutschland (AfD) – weswegen Farages Auftritt bei einer Veranstaltung der AfD-Jugendgruppe im Kölner Maritim Hotel für Verstimmungen in der Partei sorgt. AfD-Vorstandsmitglied und NRW-Spitzenkandidat Marcus Pretzell wurde wegen seiner Teilnahme vom eigenen Vorstand abgemahnt.

Die Meinungsverschiedenheiten hatten sich schon auf dem Parteitag am vergangenen Wochenende gezeigt. Die „Junge Alternative“ (JA) aus NRW hatte Flyer zur Podiumsdiskussion auf allen Plätzen verteilt. „Was soll denn das?“, fragte ein AfD-Mitglied wütend. Man sei sich doch einig gewesen, sich von Rechtspopulisten fern zu halten. Ein Verdikt, das AfD-Sprecher Bernd Lucke auf dem zweitägigen Treffen immer wieder erneuert hatte. Die AfD müsse aufpassen, im Parteienspektrum nicht rechts von der CSU angesiedelt zu werden, warnte er. Den Andrang auf den Farage-Auftritt schmälerte das allerdings nicht. 

Offiziell veranstaltet wurde der Diskussionsabend zwar bloß von der AfD-Jugend – auf dem Podium neben Nigel Farage nahmen am Donnerstag jedoch auch AfD-Gründungsmitglied Martin Renner und Marcus Pretzell Platz. Der Bielefelder Rechtsanwalt Pretzell ist NRW-Spitzenkandidat auf der AfD-Liste zur Europawahl und seit dem Parteitag Teil des Bundesvorstands. Renner wie Pretzell hatten ihre Teilnahme bereits in Erfurt damit erklärt, dass man von Farage lernen wolle. Unabhängig von seiner politischen Ausrichtung sei der Brite ein brillanter Rhetoriker und erstaunlich erfolgreicher Politiker. 

„Empire mit 500 Millionen Bürgern“

Nigel Farage sprach sich in Köln wie üblich gegen die EU aus, deren Politiker ein „Empire mit 500 Millionen Bürgern“ formen wollten. Starke Nationen statt starker EU – bis hierhin hätte wohl auch Bernd Lucke noch applaudiert. Doch Farage betonte auch den Strom verarmter Immigranten, der sich unaufhaltsam seinen Weg nach Europa bahne, um von den Sozialsystemen zu profitieren. Das Verhalten der EU bewertete Farage als ebenso lächerlich wie den EU-Ratspräsidenten Herman Van Rompuy.

An der Spitze der AfD um Bernd Lucke habe vor allem der Auftritt des neuen Vorstandsmitglieds Marcus Pretzell an diesem Abend zu „Irritationen“ geführt, sagte Pressesprecher Christian Lüth. Nach einem Beschluss vom November 2013 müssten Vorstandsmitglieder die Kontaktaufnahme zu ausländischen Politikern zuerst vom Rest des Vorstands genehmigen lassen. „Das hat Herr Pretzell nicht getan.“ Dass die Diskussion mit Farage bereits angesetzt war, bevor Pretzell in den Vorstand gewählt wurde, ändere nichts an der Regel. Deswegen habe der Vorstand Pretzell nun schriftlich verwarnt.

Der Politiker aus Bielefeld zeigte „Verwunderung“ darüber, dass die Presse von der Verwarnung wisse. Mit ihm sei keinerlei Rücksprache gehalten worden. „Ich persönlich würde es vorziehen, wenn Parteiinterna auch intern blieben!“, gab er bekannt.

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